Gnax sieht dem Barden voller Unschuld in die Augen, bevor er sich murmelnd von der Leiter entfernt und den beiden Recken Platz macht. Senesta lässt er stehen und warten, bis sie hintereinander die Metallsprossen herabgestiegen sind. Der grobschlächtige Gudbrash tut sich dabei deutlich schwerer als sein Partner. Er ist einen absackenden Halt gewohnt.
Der Gnom beobachtet kritisch seinen Abstieg, bevor er sich der Maga zuwendet und ihr mit einem Wink bedeutet, ihm zu folgen. Vor der letzten Tür vor dem Maschinenraum bleibt er stehen und deutet leicht schwankend auf das Rad. Anscheinend hat der Alkohol inzwischen stark genug angeschlagen, um ihn körperliche Anstrengung vermeiden zu lassen. Stattdessen schielt er zu seinem Homunkulus hinüber, der gerade seltsam grünlichen, durchsichtigen Schleim aus selbst der kleinsten Fuge entfernt.
„Hier hinein!“, sagt er überflüssigerweise. Sein Atem riecht nach Anis, als käme er geradewegs von einem der novopolischen Marktstände. Die dortigen Händler wissen, dass sie die Scholare am besten mit Süßigkeiten und billigem Schreibbedarf locken können.
Sobald Senesta eintritt, verschwindet Gnax wieder nach vorn, um das Vorankommen der beiden Freiwilligen festzustellen. Damit bleibt ihr ein bisschen Privatsphäre, was auf dem zur Verfügung stehenden Raum ein kleiner Luxus ist. Nicht einmal auf der „Santy Ano“ war es so eng, wenn auch weitaus weniger komfortabel.
Hinter dem Schott verbirgt sich kein dekadentes Einsprengsel im Stil des Salons, sondern im Gegenteil nüchterne Funktionalität. Eine runde Öffnung im Boden führt, wie ein kurzer Blick bestätigt, geradewegs in einen Tank, der alle Ausscheidungen auffängt. Sofort muss sie würgen, als der geballte Gestank von vielen Wochen Seefahrt ihre Nasenlöcher bestürmt. Als reiche das nicht, hat sie kaum Platz, sich zu bewegen, geschweige denn eine bequeme Position einzunehmen. Eine Sitzgelegenheit gibt es nicht.
Immerhin muss sie nicht ihre Hände benutzen, um Rückstände zu entfernen. Dazu dient haufenweise bekritzeltes Papier, das achtlos auf dem Boden verstreut liegt. Die Schriftzeichen sind ihr unbekannt. In ihrer Form erinnern sie entfernt an das Elfische, lassen aber längst nicht den gleichen kalligraphischen Anspruch erkennen, zumal der Handschrift bestenfalls schwer zu folgen ist. So etwas wie Absätze oder Zeilenumbrüche sucht frau vergeblich.
Schnellstmöglich verrichtet sie ihr Geschäft, um dem Raum zu entkommen. Draußen ist die Luft wesentlich besser, die optischen Eindrücke opulenter. Auf dem Abort gab es nichts Magisches.
Gnax ist in den Salon verschwunden. Obwohl sie keine einzelnen Worte herausfiltern kann, spricht er eindeutig eine drakonische Zauberformel mäßiger Komplexität. Mit ihrer neuen, noch immer ungewohnten Sicht kann sie farblose, waberne Energietentakel in den Boden fließen sehen. Der gesamte Salon funkelt golden, als läge ein feiner Goldstaub in der Luft. Ähnlich strahlte der Gnom, als sie ihn vor dem lodernden Ofen sah.
Beim Annähern spürt sie, dass etwas nicht stimmt. Sie hört das Problem, bevor sie es sieht: Gnax lallt. Die Silben werden nicht korrekt ausgesprochen und bußen somit an Kraft ein, wenn sie sie nicht sofort verlieren. Schon flackern die Tentakeln, verkürzen sich und verlieren an fester Substanz. Kupfer mischt sich in die goldene Aurora.
Sie muss eingreifen!
Andererseits...er sagte, sie solle das Schiff steuern, sprich in Position halten. Noch hält der Zauber, aber wird er das ohne ihre Hilfe lang genug gewährleisten können?
Ein paar Schritt unter ihnen merken Ork und Mensch nichts davon. Sie müssen sich bücken, um sich nicht den Kopf an der niedrigen Decke zu stoßen. Grunzend zwängt sich Gudbrash an Davis vorbei, um den zweiten Schacht zu erreichen. Dem Barden bleibt nur der Weg nach vorn.
Innerhalb des kreisrunden Schachts muss er kriechen. Besonders schnell kommt er nicht vorwärts. Es ist warm, finster und stickig. Bereits nach einigen Schritt ist er schweißgebadet.
Ein paar Schritt voraus kann er etwas Flüssiges sehen, wahrscheinlich die Säure, die ihn innerhalb weniger Sekunden, vielleicht Minuten, auflösen würde. Wenige Sekunden später riecht er sie direkt vor sich. Jetzt gilt es, abgestimmt mit dem Ork ins Dunkel zu stoßen.
Wie nicht anders zu erwarten hat er kaum Möglichkeit, Schwung zu nehmen. Seine Stöße werden nicht eben kräftig sein
[1].