Insbesondere jetzt fällt es Ling auf, wie militärisch stramm Sidkar steht. Ab und zu wurden Kriegsveteranen in das Kloster, in dem Ling erzogen wurde, aufgenommen. Er wusste, dass Soldaten ihr militärisches Verhalten nie ganz ablegten, schwer mit Nähe zurecht kamen und ganz besonders im militärischen Gehabe Halt suchten, wenn sie in eine neue Situation gebracht wurden, deren Muster sie nie erlernt hatten und sich deshalb darin unwohl fühlten oder wenn sie über etwas anderes hinwegtäuschen wollten. Die erste Zeit war ihnen immer am schwersten.
"Ich stimme nicht mit Euch überein, Sidkar. Ihr habt offensichtlich eine militärische Ausbildung genoßen, darum werdet ihr vielleicht 'Die Seuche des Krieges' von Meister Wu-Tsung kennen: 'Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen'.", sagt Ling entschieden.
Ling hält für einen Moment inne und die Erkenntnis trifft ihn, dass er für einen Moment unachtsam war und Sidkar es geschafft hatte ihn zu reizen. Ling seufzt hörbar und fügt dann im ruhigeren Ton fort: "Entschuldigt, Sidkar. Es war nicht meine Absicht, Euch vorzuführen. Ich ärgere und ängstige mich, wenn ihr die Gruppe zersetzt, denn ich glaube, dass unser Unterfang im hohen Mass von Zusammenhalt der Gruppe abhängt. Es ist meine tief liegende Überzeugung, dass jeder Mensch, unabhängig wer sein Vater
[1] war, von anderen aus ganzen Herzen lieben und wertschätzen möchte und dass jede menschliche Windung, die Wirkungen von Handlungen und Gedanken, in jeder Hinsicht, auf das Sein der Welt zurückwirkt und insbesonder auf den Handelnden selbst. Selbst wenn ihr meine Ansicht nicht teilen mögt, so werdet ihr bestimmt in den Worten Meister Wu-Tsungs die Notwendigkeit erkennen, dass eine Armee in jedem Rang von gleichem Geist beseelt sein soll, um möglichst wenige Verluste zu erleiden."
Ling wird bewusst, dass dies kaum der richtige Zeitpunkt ist, da Salericsensei gerade erlaubt, Fragen über die Expedition zu stellen. Während Sidkar nicht sich selbst, d.h. die Gruppe, zu kennen scheint, kennt Ling nicht den Feind. Deshalb sagt er versöhnlich: "Sidkar, ich schätze Euch nun umso mehr und ich würde mich gerne später mit Euch unterhalten, denn ich glaube, dass wir beide davon profitieren können.".
Ling schwenkt den Blick zu Salericsensei. "Entschuldigt bitte Sensei. Wir verlieren Worte, wo es wichtiger wäre, mit jedem Wissen in die Expedition zu starten, die ihr uns geben mögt. Ich für meinen Teil möchte gerne wissen, wie weit es bis zu der Stätte ist und über welches Land wir dabei reisen können. Auch ob ihr uns vor gewissen Dingen insbesondere warnen könnt, denn ich für meinen Teil bin noch nie im Dschungel gereist."