In dem eng gesteckten Zeitraum von zehn Minuten findet Gortak leider keine geeignete Beute, ebenso wenig wie sein chitingepanzerter Kumpan
[1]. Immerhin hat er Zeit, innerlich zur Ruhe zu kommen.
Die nächtliche Kühle hat etwas beruhigendes. In der Weite der Steppe umherzustreifen, umspielt vom warmen Wüstenwind, lässt ihn klarer denken. Sie bietet genug Raum, um durch nichts abzulenken. Es ist still und friedlich.
Vurna kann sich derweil erholen, nachdem sie so brutal aus ihrer Gestalt gezwungen wurde. Offenbar haben sie die letzten Tage stärker beansprucht, als sie bisher glaubte. Erst vor kurzem stellte sie fest, ihre Alternativform viel länger als gewohnt aufrechterhalten zu können und nun dieses Desaster direkt vor den Augen eines Zweibeiners.
Außerhalb des Seidenwalds scheint die Welt karg und unfurchtbar zu sein, eine wüste Einöde, in der sie sich alles andere als geborgen fühlt. Es mangelt an den dunklen Unterschlupfen, die ihre Art bevorzugt, ebenso wie an Frischfleisch, das sie genüsslich aufsaugen könnte.
Immerhin geht es ihr wieder besser, als der Mischling zurückkehrt. Das raschelnde Gras verrät sein Nahen bereits auf mehrere Zehnschritt Entfernung.
Sein Begleiter ist weiterhin wachsam und krabbelt in einem Viertelkreis um sie herum, um notfalls in ihren Rücken fallen zu können. Sein leises Rasseln ist Warnung genug, auch ohne den gekrümmten Dorn, den er unablässig hin- und herpendeln lässt.
Der Zweibeiner ist wesentlich freundlicher. Er bereitet irgendeine Kräutermischung vor, wie es auch ihre Meisterin getan hätte. Seinen Bewegungen zufolge ist es nicht das erste Mal, dass er so etwas tut; dennoch wirkt er unsicher, wenn sie seine seltsame Mimik richtig deutet. Ohne externe Kauwerkzeuge und mit bloß vier Gliedern ist das schwer zu beurteilen. Kein Wunder, dass er so viel plappern muss, um sich verständlich zu machen.
In der Tat weiß Gortak nicht, ob seine Bemühung fruchten werden. Bisher hat er bloß Tiere, Xarg und das ein oder andere Stammesmitglied versorgt. Meist handelte es sich um kleinere Verletzungen oder Schlangenbisse.
Ihr Vertrauen scheint er jedenfalls zu genießen. Kein Einspruch erklingt, als er das Gemisch auf ihre Haut aufzutragen beginnt. Es fühlt sich an, als streiche er über geschmirgelte Knochen. Da er weder Muskeln noch Verspannungen ertastet, beschmiert er kurzerhand nur ihr buckliges Mittelsegment.
Aus der Nähe erinnert nichts mehr an die schöne Frau von eben. Im Gegenteil ist die Kreatur, die er so selbstlos versorgt, geradezu abstoßend hässlich. An ihrer Gestalt ist das einzig halbwegs an einen Menschen oder Ork erinnernde das Paar armgleicher Glieder, das knapp hinter ihrem Kopf entspringt.
Wüsste er es nicht besser, könnte man sie glatt für ein Scheusal halten.
Vurna ihrerseits kann auch nicht viel Attraktives an dem Halbork feststellen. Immerhin lindert seine Bemühung den Schmerz. Sie fühlt sich beinahe sofort erfrischt.