Es scheint alles ruhig und nahezu friedlich im Lager zu sein. Menschen helfen einander, bauen Jurten, machen Feuerstellen und scheinen glückselig diesen Dingen nachzugehen, es wird langsam Abend, Vögel zwitschern in den Bäumen und in der Ferne hört man den See, wenn man denn nur hinhört. Alles ist so.. idyllisch. Ein Zustand, der Feyra nicht unbedingt behagt. Sie mag es nicht ruhig, sie mag es nicht idyllisch. Aber wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wusste sie nichtmal, was sie wirklich mögen sollte. Sie wusste nur bisher immer recht gut, was andere mochten. Das nutzte sie aus, um sich ihren Lebensunterhalt in Form von Gold, guter Reputation und dadurch noch ein bisschen mehr Gold zu verdienen. Was sie war? Für die Menschen, die sie sahen, eine äußerst musikalische Person, Spielerin, Schaustellerin, Sängerin. Wenn man sie selbst fragte, würde man eben jenes hören. Doch wenn sie sich selbst fragte, so war sie... ja, was eigentlich? Eine Diebin? Spionin?
Irgendsoetwas wohl. Sie hatte genug durchgemacht, um nicht mehr zu wissen, was sie eigentlich war. Aber ihr war es recht so. Soviel Zeit zum Grübeln blieb ohnehin nicht, während sie, gehüllt in ihren schlichten, grünen Mantel und ihrem Rucksack auf dem Rücken, das lager durchstriff.
Nach einiger Zeit -das Lagerfeuer brannte, die Menschen ruhten sich aus, aßen, tranken und redeten munter drauflos- greift sie zu ihrer kleinen Geige. Es ist ein wirklich schönes Instrument, wenn man sich auskannte und solcherlei Dinge wertschätzte. Jedoch befindet sie sich nicht am warmen Schein des Feuers, um für die Leute dort zu spielen, sondern lehnt an einen mächtigen Baum, einige Schritt von Gerede und Gelage entfernt. Sie nimmt das Instrument in die Linke, fixiert es zwischen Kinn und Schulter, ergreift den Bogen und beginnt zu spielen. Leise. Es war nur eine einfache Melodie, die ihr durch den Kopf ging, die sie spielte. Nichts imposantes, nicht das, was sie spielen würde, um Geld zu verdienen. Sie meinte, den See in der Ferne zu erkennen, doch ihre Augen täuschten sie mit Sicherheit, sodass sie jene schloss, ihre Ohren nur auf die warmen Klänge der Geige fixiert. Ruhig glitt der Bogen über die vier aufgespannten Saiten, hin und her. Ebenso leise wie sie spielte, summte sie dazu. Lehnend, am Stamm tat sie das, was ihr Leben war. Spielen. Ein Konzert, nur für sich selbst, für ein paar Minuten. Der Tag war nicht anstrengend gewesen, doch bisher hatte sie nicht die Ruhe gefunden, zu spielen. Ihr Fuß war wie ein kleines Metronom - es gab den Takt für sie. Auf und nieder ging der Fuß, streichelte mehr den Boden, als er stampfte. Es war eine sehnsüchtige Melodie, ein Text wurde gesungen, ein Abbild ihrer Gedanken gerade.
"Nimm mich mit, auf jene Reise,
Nimm mich mit, oh ferner Wind,
Flüster mir ins Ohr ganz leise,
Was dein umtostes Herz umgibt.."
Ein paar weitere Strophen folgten noch... sie singt leise von Fernweh, von Meeren und vom Sternenhimmel. Dabei war sie so versunken in sich selbst, dass sie wohl nicht anderes mitbekam. Ob nun Menschen kamen und ihr zusahen, oder ob sich jemand anschlich, oder ob sich gar Vögel auf ihre Schulter setzten, wie man es manchmal auf verträumt-malerischen Bildern sah oder dergleichen - sie ist weg. Weg, an dem Ort, den sie sich so sang, wie sie ihn vor sich sah. Sie hat noch kein Interesse, schlafen zu gehen, noch hat sie großes Interesse, mit jemand anderem zu reden. Sollte jemand Konversation starten, würde sie nicken, ein leises 'Hallo' sagen, noch ein 'Ich muss weiter', und dann würde sie gehen. Ein nettes, schönes Gespräch eben. Doch im Moment sang sie. So, dass es möglichst niemand hören sollte. Nur für sich, am Abend, an dem sie rasteten, auf dem Weg nach Tristram.