Alle Würde, alle Haltung verschwindet aus der knienden Pose des Ritters. Er fiel in sich zusammen, wie eine stolze Rose nach Starkregen.
"Das darf nicht wahr sein...", säuselt der Ritter und schüttelt den Kopf und setzt sich auf den Hintern, lässt den Hammerkopf in den Dreck ragen und hält den Griff locker fest.
"Ich kann mir vorstellen, warum." Der Ritter bleibt in angeschlagener Pose sitzen, der Schild poltert neben ihm zu Boden und beginnt die Handschuhe aufzuknoten und zieht sie aus und wirft sie neben den Schild aufeinander.
"Irren, was heißt schon irren, wenn die Führung des Reiches irre wird." Tyrome beginnt seine Hände zu massieren, die Haut auf den Knöcheln ist blutverkrustet, als ist er vor einiger Zeit in einer Schlägerei mit bloßen Fäusten gewesen.
"Der Erzbischof Lazarus ein wahnsinniger, dem König wurde Wahnsinn nachgesagt. Man hat mich behandelt, wie ein Geächteter. Der König hat mich nicht empfangen, der Erzbischof hat versucht, mich töten zu lassen und ihr habt mich einfach abgewiesen, als ich mit euch sprechen wollte."Tyrome steht langsam auf und massiert sich inzwischen die Handgelenke. Es fällt auf, dass ihm der Zeigefinger und der Mittelfinger der linken Hand fehlt. Es mag einiges in seinem Kopf vorgehen, aber sein Blick ist immer noch hart und ungebrochen. Innerlich ist Tyrome einfach nur noch wütend. Alles wofür er seit zwanzig Jahren gearbeitet hat, ist in wenigen Momenten, in nicht einmal einer Woche, nachhaltig vernichtet worden.
Der Ritter spuckt auf dem Boden.
"Alles, wofür ich die vielen Jahre gearbeitet habe, ist zerfallen. Man hat mir nicht einmal die wirkliche Chance gegeben, dagegen etwas zu tun." Des Ritters Stimme nicht zum ersten Mal einen dunklen, zornigen Unterton an, welcher hinter der ruhigen Fassade, die er schnell wieder angenommen hat, emporkrabbelt.
"Es gibt kein Heil hier, aber für mich gibt es auch außerhalb dieser Mauern kein Heil mehr." Tyrome nimmt seine Handschuhe auf und zieht sie wieder an, gerade beim linken Handschuh braucht er wegen der fehlenden zwei Finger etwas länger.
"Ein zerbrochner Spiegel. Du bist ein zerbrochner Spiegel dieses Lehenswesens, Tyrome. Dein Leben ist ein zerbrochener Spiegel. Deine Loyalität ist ein zerbrochener Spiegel. Geh mit Anstand.", schießen die Gedanken durch den Kopf des verzweifelten und doch ungewöhnlich ruhigen Ritter. Dieser bewahrte noch diesem kurzen Moment der Schlaffheit wieder starre Haltung, vor allem sein Gesicht ist in Granit gemeißelt. Es mag wie Souveränität wirken und ist in Wahrheit doch eher Katatonie, doch so langsam bildet sich in dem Landadeligen eine Vorstellung dessen, was er zu tun hat. So langsam kehrt seine Abgeklärtheit zurück, diese ist jedoch wie auf Watte gebettet durch das Erlebte. Wie soll sich auch ein Mann verhalten, dessen Welt zusammengebrochen ist.
"Gleichwohl eure Worte mir zu verstehen geben, dass es auch für Prinz Albrecht keine Rettung mehr gibt, befehle ich euch, den Weg freizumachen." Die Stimme Tyromes nimmt eine ungeheure Strenge an.
"Ihr seid jetzt tot, guter Lachdanan. Ich diene keinem Toten. Ich bin ein freier Mann, kein Ritter mehr, da mein Herr erschlagen liegt." Tyrome hebt seinen Schild auf und bindet ihn am linken Handgelenk fest. Er ist wieder zum Kampf gegen die Horden bereit, nein, erst jetzt ist er wirklich für den Kampf bereit.
"Ich verurteile euch nicht, General. Ich werde weiter in das Gewölbe ziehen. Mein Schwur ist verwirkt in Sachen des Königreiches. Ich werde gehen und Lazarus, der fortan nicht mehr mein Erzbischof ist, erschlagen. Ich werde die Verderbtheit aus diesem Ort treiben oder ich werde, wie es sich für einen stolzen Ritter gehört, durch sie vergehen. Also nennt mir den Grund eures Fluches oder weint um euer Heil bis in alle Ewigkeit, General. Und dann geht mir aus dem Weg." Tyrome hebt sein Schwert und seinen Schild. Entschlossenheit umhüllt ihn wie ein schützender Schild.
"Was für eine Scheiße...", geht es dem ehemaligen Ritter Khanduras durch den Kopf,
"alles umsonst. Weshalb hassen die Götter mich? Warum verdammen sie mich?"Tyrome fängt an einen Gebetsreim zu zitieren, seine Stimme ist noch immer dunkel.
"Vater, wenn du willst, erspare mir diesen Leidenskelch. Aber dein Wille soll geschehen, nicht meiner![1]"