Tyrome beobachtet die Reaktionen seiner Gefährten auf die Worte, die er selbst verloren hat. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, denn seit langer Zeit hat er keine eigenen Gedanken, persönliche Gedanken, mit anderen Menschen geteilt. Es geht meist um die Notwendigkeiten der Situation, wenn er mit anderen Menschen spricht, nie um seine Person. Und selbst wenn er streitet, dann ist es in den letzten Jahren nie um seine Person gegangen. Mit Waffen hat er für Khanduras und Westmarch gestritten, mit Worten hat er für seinen Glauben oder für die Vernunft in der jeweiligen Situation gestritten, aber niemals hat er ausschließlich für sich um seinerselbst Willen gestritten. Jetzt streitet er zwar nicht für sich, aber er offenbart ein Stück von sich, ein höchst ungewöhnlicher Akt für den alten Kämpen. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Menschen, mit denen er in den Krieg gezogen ist, entweder gestorben sind nach mehreren Zügen oder langsam an Krankheiten vergangen sind, oder weil am Ende dieser Kämpfe so verbittert gewesen sind, dass sie das Schwert solange an den Nagel gehängt haben, bis der Sold und ihr eigener finanzieller Ruin sie wieder in die Schlacht geführt hat, wenn auch meist in anderen Einheiten, als der, in welcher Tyrome Rhistle gerade diente. Und wenn Streit im Königreich es erforderte, und sein König rief, hatte Tyrome auch gegen Männer gekämpft, mit welchen er nicht einmal ein Jahr zuvor am selben Lagerfeuer gesessen und getrunken hatte. Loyalität erfordert die merkwürdigsten Dinge von einem Menschen, vor allem aber, ist Loyalität immer eine Frage der Perspektive. Man kann nicht jedem Menschen gegenüber loyal sein, nur einer Sache, oder einem Menschen oder einer Institution. Tyrome hat immer gebetet, dass sein Glaube ihn nicht in eine solche Situation bringen würde, in der er sich in seinen Loyalitäten für eine Prioritätenreihenfolge entscheiden muss. Trotz der verfahrenden Situation um König Leoric ist es glücklicherweise nur kurzfristig dazu gekommen, dass Tyrome auf der falschen Seite gestanden hat. Und dieses Offenbaren bedeutet für Tyrome, dass er auch seine Loyalität den Gefährten gegenüber für heilig erklärt und er weiß, dass nur wenige Situationen dies ändern könnte: wenn ein Gefährte ihn absichtlich angreift oder verrät und wenn er sich zwischen seinem Glauben und seinen Gefährten entscheiden müsste. Das wäre keine Frage für Tyrome, denn er kennt seine Gefährten zu wenig, um auch überhaupt über Zweifel an seinem Glauben nachzudenken.
Er blickt Besnell an, als dieser ihn tatsächlich um Entschuldigung bittet. Tyrome ist zunächst skeptisch und fragt sich, ob es Haarspalterei Besnells sein könnte, schließlich kann man nur um Entschuldigung bitten, aber niemals sich selbst entschuldigen, wenn man tatsächlich eine Schuld getragen hat. Es wäre eine Herrschaft der Willkür, wenn ein jeder selbst über seine Schuld entscheiden könnte und sich so jederzeit selbst entschuldigte. Aber Tyrome glaubt, nach einem Blick in Besnells Augen, dass diese Entschuldigung weder Farce noch Haarspalterei ist und nickt. "Ich stimme euch zu, Respekt ist notwendig. Und ich nehme eure Bitte der Entschuldigung an und bitte somit ebenfalls darum, zu harsche Worte zu verzeihen."
Tyrome hat nicht vor, mit Meister Tariel auch nur eine Art Freundschaft zu begründen, aber er weiß zu schätzen, wenn ihm jemand mit einer ehrlichen Meinung begegnet. Damit kann der ehemalige Ritter besser leben, als mit einem stets freundlichen Mann, der hinter seinem Lächeln eine Klinge verbirgt. Aber so scheint glücklicherweise keiner seiner Gefährten zu sein, nur Delara hat er sowohl in der Freude als auch im Ärger für eine falsche Schlange gehalten. Und aus diesem Grund stimmt Tyrome auch vorbehaltslos zu. Auch wenn er nur harsche Worte zu verzeihen bittet, macht er doch deutlich, dass der Inhalt noch immer gilt. Nur als Besnell flüstert, dass Tyrome der Beste unter ihnen sei, verzieht er kurz die Mundwinkel; nach unten. Tyrome teilt diese Meinung bei weitem nicht und blickt deswegen nur kurz zu Sezair, den er für den Besten unter ihnen hält. Kommentieren will er diese Aussage nicht, nickt Besnell jedoch dankbar zu. Auch wenn Tyrome diese Worte nicht teilt, weiß er solche Worte zu schätzen. Jedwede Anerkennung, egal ob wahrhaftig ausgesprochen oder mit Hintergedanken, besitzt die Kraft, die Seele eines Mannes ein wenig zu erhellen.
Jedoch mag der ältere Mann sich nicht nur über Wolfhards Tee unterhalten, diese Art von Altweibergeschwätz fällt Tyrome schwerer als die Kunde von Blut und Verderben in die Lande zu bringen, sich über ausgerissene Gliedmaßen und zerdrückte Gesichter zu unterhalten. Es ist Tyrome manchmal selbst unheimlich, aber es fiele ihm leichter einem Wolf zuzuschauen, der einen jungen Mann zerreißt, denn über die Farbpracht einer Tulpenwiese zu schwärmen. Tyrome ist kein Freund von Schwärmereien. Lieber nimmt er sich noch ein Stück von dem Dinkelbrot und belegt es mit noch mehr honigbestrichenen Schinken, doch dabei fängt er an zu sprechen.
"Neugierde ist normalerweise nicht meine Art, aber ich frage mich doch, was ihr jetzt plant. Ich habe euch gesagt, was ich aufgrund meines ritterlichen Eides zu tun verpflichtet bin und dies ist somit auch das, was ich zu erreichen habe in nächster Zeit, so es mir möglich ist. Doch wie sieht es mit euch aus? Es erscheint mir eher ein Zufall, dass ihr in Tristam seid, denn planvolle und höchste Absicht."
Tyrome weiß nichts über seine Gefährten, außer die Dinge, welche er in den Katakomben selbst erlebt und gesehen hat. Dass er mit einer persönlichen Note das Eis für sich gebrochen hat, ist für den Landadeligen Beweis genug, dass er ein gewisses Vertrauen entwickelt hat und weiterentwickeln will. Jetzt muss er nur noch erfahren, wer die anderen eigentlich sind.