Ja, ich war ebenfalls etwas enttäuscht, als ich den Nachfolger las. Viel Neues steht da wirklich nicht drin, doch diese Stelle fiel mir auf und blieb mir auch in Erinnerung.
Ja, eines der wenigen Highlights seiner Gedanken. Aber wie gesagt, das Zitat entspringt dem Vorgänger. Er steht dort auch auf dem Rückdeckel.
Hier das betreffende Zitat, welches mir sehr starke Magenschmerzen bereitet. Als Vorbemerkung sei gesagt, dass ich Résistance im Kern und ihre Erfolge nicht kleinreden möchte und auch ihr Ansinnen nicht schlecht machen möchte. Ganz im Gegenteil, aber ich möchte, dass auch solche Widerstandsbewegungen in einem kritischen Licht betrachtet werden.
"Die Résistance war historisch einmalig, nicht wiederholbar: ein besetztes Land, Menschen, die sich gegen Unerträgliches auflehnten.
Und heute? Unerträgliches auch jetzt, und wir sollten es halten wie damals, als wir die deutsche Besetzung, Auschwitz, den Nationalsozialismus, den Antisemitismus nicht hinnehmen wollten - mit der Vision, unser Land werde, sobald es befreit wäre, die Werte aus dem Programm des Nationalen Widerstandsrates für die Zukunft festschreiben."
Mein Problem liegt in der dauernden Verherrlichung der Résistance in beiden Schriften. Auch wenn ich sie als Widerstand, der sich nicht nur um die eigene Befreiung gekümmert hat, anerkennen will, lädt er diesen Widerstand mit emotionalen Begriffen mythisch auf und erwähnt auch mit keinem Wort die negativen Begleiterscheinungen, welche auch die Résistance zu verarbeiten hatte. Der harsche Umgang mit Kollaborateuren und weitere eigene Gewalttaten über Gebühr bspw. Ebenso wird sich darüber ausgeschwiegen - was bei dem Anliegen, welches Hessel vertritt, merkwürdig ist, will er doch Pro-EU und Pro-UNo argumentieren - dass die Résistance keine rein französische Bewegung war, zumal sie mit dem Vichy-Regime Feinde im eigenen Land hatte und gleichzeitig auch eine ganze Reihe Deutscher und Angehörige anderer Nationalitäten mitgewirkt haben. Die Résistance ist ohne Frage zu ehren, aber nicht vorbehaltslos und schon gar nicht ist sie die Quellen aller guten Entscheidungen und Dinge, welche in den letzten 66 Jahren passiert sind. Hessel tut bisweilen so, als wäre seine Résistance die einzige Speerspitze gegen den Sittenverfall unserer Gesellschaft gewesen und jetzt, da ihre Mitglieder aussterben, müsse er geistigen Nachwuchs rekrutieren. Als habe es keine anderen Projekte gegeben und daraus konstituiert sich häufig sein Aufruf. Das ist auf der einen Seite methodisch faszinierend, weil sehr viele auf seiner Welle schwimmen - man achte nur auf die ganzen halbkritischen und kritischen Schriften, welche nun im Ullstein-Verlag in Layout von Hessels Schriften erscheinen - aber auch inhaltlich einfach frustierend, weil sie allgemeine Beobachtungen aneinanderreihen, die für einen kritischen Menschen weder neu, noch verwunderlich sind und kaum Anregungen bieten, gepaart mit dieser weitaus übertriebenen Verehrung. Mich erfüllt es mit einem gewissen Ärger, obwohl ich es zu schätzen weiß, dass er dadurch bei manchen Menschen diese Themen wieder aufgerüttelt hat.
Zusatz: Keine Sorge List, ich beurteile dich nicht anhand der von dir zitierten Werke und ich identifiziere dich nicht mit diesen Werken. Du bist der Letzte hier, von dem ich glauben könnte, dass er der Sklave einer einzigen, weltlichen Schrift sein könnte.
Ich arbeite ähnlich. Manchmal ist das natürlich auch zu hinterfragen, besonders wenn man Zitate aus ihrem Zusammenhang reißt, aber wenn es passt, passt es.