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Autor Thema: Das liederliche Spiel  (Gelesen 88305 mal)

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Sūn Ai

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Das liederliche Spiel
« Antwort #240 am: 13.05.2011, 22:36:25 »
Sūn Ai schmunzelte leicht, als Danshi ihre Worte wiederholte. Allerdings verschwand es wieder genauso schnell. "Ich habe nicht mit ihm gesprochen und kenne ihn auch nicht gut, so weiß ich nicht, ob er uns helfen will. Allerdings war dies auch nicht meine Frage." Sie machte eine kurze Pause. "Vielleicht habt ihr euch damit abgefunden hier Gefangen zu sein. Vielleicht seht ihr keine Gefahr oder ihr habt keine Angst vor dem Tod. Vielleicht habt ihr eurer Meinung schon genügend erreicht in eurem Leben oder ihr denkt, ihr könnt da draußen nichts mehr tun." Ihr Lächeln kam wieder, um ihre Worte netter und freundlicher klingen zu lassen. Sie hoffte Danshi gut genug zu kennen, dass dieser sich nicht angegriffen fühlt durch ihre Worte. "Ich für meinen Teil bin angeklagt wegen2 Verbrechen, die ich nicht begangen habe, Stecke in einem Gefängnis und werde vielleicht sterben in ein paar Tagen, wenn wir nicht fliehen oder den Mörder finden." Sie machte noch einmal eine kleine Pause.
"Für mich ist das keine einfache Situation, sondern es belastet mich und ich suche nach einem Weg, damit ich überlebe."

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #241 am: 14.05.2011, 09:43:51 »
"Ihr habt recht, Sūnsan, ich glaube nicht, dem Tod entrinnen zu können und habe daher beschlossen, an diesem Spiel nicht teilzunehmen." Die Stimme Danshi war sanft, als er ihr antwortete. "Was Ihr sagt, kann ich nachvollziehen. Es hätte mich sehr gewundert, wenn Ihr tatsächlich nicht daran interessiert wärt, Euer Leben zu retten. Meine Frage lautete, warum Ihr anscheinend keinen Versuch dazu macht. Weder versucht Ihr einen wahren Mörder unter uns ausfindig zu machen, noch stellt Ihr den Besuchern viele Fragen, noch versucht Ihr zu fliehen." Er unterbrach sich, weil er mühsam husten musste.

Als er auf seine Hand blickte, war der darin befindliche Schleim blutig rot. Schnell vergrub er die Hand in einer der Taschen seines Gewandes. Er war sich nicht sicher, ob sie wissen sollten, wie schlecht es um ihn stand. "Ihr habt Verantwortung, wisst Ihr? Auch Euch selbst gegenüber. Ihr dürft jetzt nicht träge sein oder Euch entmutigen lassen. Tatsächlich habt Ihr noch sehr viele Möglichkeiten.", versuchte er die junge Frau aufzumuntern.
« Letzte Änderung: 14.05.2011, 15:08:36 von Xū Dǎnshí »

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #242 am: 14.05.2011, 15:38:19 »
04.01.1042 - Tag des Takin - Später Vormittag

Unvermittelt klopfte es kurz an der Tür und zwei Papiere wurden unter der Tür durchgeschoben. Eine bekannte Stimme säuselte. "Mit freundlichen Grüßen von Guìzishǒu." Die Stimme gehörte Zhu Ru und so schnell und unvermittelt wie er zur Tür gekommen war, entschwand er auch wieder. Es waren zwei Papiere, die in kruder und doch gut lesbarer Handschrift beschrieben war. Es wurde mit einer Art schwarzer Tinte geschrieben, dass Papier war alt und verwittert, wurde aber vor nicht allzu langer Zeit beschrieben. Scheinbar nutzte Boss altes Papier, welches nicht mehr benötigt wurde, für solche Anweisungen. Dass jedoch solche Anweisungen schriftlich weitergegeben wurden, musste bedeuten, dass eine Lesefähigkeit Voraussetzung für die Teilnahme an der kaiserlichen Wache war und noch seltener war es, dass man einen schreibenden Goblinioden traf.

"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #243 am: 15.05.2011, 13:15:23 »
Misstrauisch betrachtete Hong die beiden Papiere. Geschriebene Dinge. Wieder etwas unbekanntes. Die zwei Mitgefangenen, denen er das Lesen zumutete offenbarten gefährliche Kräfte, gegenüber denen man sich ebenfalls kein Blindes vertrauen haben kann. Besonders ärgerte Hong gerade, dass Xū Dǎnshí, zu dem er ein wenig Vertrauen gefunden hatte, ein falsches Gesicht zeigte. Natürlicherweise konnte man seine Gestalt nur ändern, wenn man das Wesen begriffen hatte. Sein eigenes Wesen vergrössern konnte, der Natur in sich die Tür öffnen, den Wind in den Armen spüren. Dieses ganze tat der alte ab mit sich widersprechenden Antworten, so dass man sich selbst aussuchen soll, was nun der Warheit entsprach. Schon wider war er darauf angewiesen anderen zu vertrauen, weil seine Fähigkeiten sich in diesen Mauern als unzulänglich erwiesen. "Was bedeuten diese beiden Blätter?" fragte er in den Raum in der Hoffnung, dass sich die anderen Denunzianten gegenseitig genügend misstrauten, dass sie nicht zu lügen wagten.
Bitterer Tee, mit Wohlwollen dargeboten, schmeckt süßer als Tee, den man mit saurer Miene reicht.

Sūn Ai

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Das liederliche Spiel
« Antwort #244 am: 15.05.2011, 21:02:52 »
Ihr Blick senkte sich, als Sūn Ai die Worte von Xū Dǎnshí vernahm. Der alte Mann hatte Recht, bisher hatte sie nicht viel unternommen, um aus ihrer Situation heraus zu kommen. "Beruhige dich, dass wird schon wieder. Noch ist nichts verloren." Tröstete sie ihr kleiner Freund zusätzlich zu Dǎnshí. Daher erhebt sie wieder das Wort um sich zu rechtfertig, auch wenn sie weiß, dass sie das gar nicht braucht.
"Was sollte ich bisher auch groß machen? Ihr kennt wahrscheinlich das möglich Ausmaß unserer Bewachung besser als ich. Mir allerdings erschien es so, dass eine Flucht nicht einfach wäre. An unseren Besuch kommt man vor lauter Formalität nicht heran. Von uns will es niemand gewesen sein. Wie sollte ich einen Mörder unter uns finden, wenn ich selbst daran glaube, dass niemand von uns es war? Wie kann ich dem Hof kritische Fragen stellen, ohne das er sich angegriffen fühlt? Wie soll ich wissen das jemand die ganze Wahrheit sagt? Wie sollte ein Mädchen wie ich an den Wachen vorbei kommen? Wir alle stecken in dieser Situation und mir scheint es so als hätte bisher niemand ..." Die Frau verstummte wegen dem Klopfen und wartet kurz was passiert, dann erst fährt sie fort, aber beendet nicht ihren Satz.
Es gab schon 2 Tote innerhalb dieser kurzen Zeit unter uns. Das ich noch Lebe erscheint mir schon positiv. Sie wendete sich ab und widmete sich den Papieren, da Hong Gil-dong nach jenen gefragt hat. Sie lass sie direkt laut vor, damit Hong auch wusste, was ihnen Dort gegeben wurde.

Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #245 am: 16.05.2011, 18:52:10 »
Sorgsam prägte sich Lu Chieng die Namen ein. Er hatte früh gelernt sich viel und schnell zu merken. Es war schwierig in der Welt den Beamten zu mimen ohne lesen zu können, bisher hatte er es immer geschafft... bisher.

"Was für ein Trunk?" fragte er leicht verwirrt nachdem Sūn Ai geendet hatte. Unruhig lief er auf und ab. "In einem unruhigen Körper haust ein unruhiger Geist." schalt er sich selbst und ermahnte sich nicht wie ein gefangenen Tier auf und ab zu laufen.

"Werden die Gäste des Kaisers unter eine Art Drogentrank gesetzt? Oder dient es dazu sie ungefährlich für den himmlichen Führer zu machen?" spekulierte er: "Vielleicht war es sogar Magie, die dem Besucher das Lügen verwehrte, oder ihn auf eine andere Ebene hievte um mit dem himmlischen Vertreter auf Erden kommunizieren zu können... Nein." schallt er sich selbst: "Jetzt lass nicht deine Phantasie mit dir Durchbrennen."
"Furchtlosigkeit ist die Tugend der Narren. Sie entsteht nicht aus Mut, sondern aus mangelnder Vorstellungskraft. Der Weise fürchtet sich und lässt sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen. Er wird nur vorsichtig."

Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #246 am: 17.05.2011, 13:11:08 »
"Ich bin kein großer Anhänger von Sunzi, doch ich habe ihn damals gelesen, und mir fällt etwas ein, dass Euch vielleicht ein wenig Trost spendet, Sūnsan: 'In Umständen, wo es alles zu fürchten gilt, heißt es nichts zu fürchten. Ist man von zahllosen Gefahren umgeben, so heißt es, keine zu fürchten. Ist man gänzlich ohne Mittel, so heißt es, auf alle zu zählen. Ist man überrascht, so heißt es, den Feind selbst zu überraschen.'", zitiert der alte Mann den vielverehrten General. "Was ich Euch sagen will, ist, dass Ihr noch am Leben und noch sechs weitere Tage habt. Ihr habt noch immer eine kräftige Stimme, die bitten und beten kann, und die Höflinge sind uns, aus mir unbekannten Gründen, noch sehr gewogen. Vertraut auf Eure Fähigkeiten, denn es gibt immer Hoffnung.", sagt er warm und steht mühsam aus seinem Sitz auf, um sich in seine Kammer zu schleppen. Die Begegnung hatte ihm fast alle Kräfte geraubt und er musste sich ausruhen.
« Letzte Änderung: 17.05.2011, 13:12:44 von Xū Dǎnshí »

Sūn Ai

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Das liederliche Spiel
« Antwort #247 am: 17.05.2011, 18:34:51 »
"Es fällt wohl leichter etwas zu sagen, als es zu tun, Xūkun. Was gemacht werden sollte und was getan wird liegt oft nicht zusammen. Allerdings habt ihr in sofern Recht, dass in unserer Situation noch nichts verloren ist." Mit diesen Worten verabschiedete Sūn Ai den alten Mann, der sich in seine Kammer begab.

Sie wendete sich Lu Chieng zu und antwortet dann auf seine Frage. "Es handelt sich bei dem Trank um Maotai." Sie setzte vorraus, dass die anderen wussten, dass es sich dabei um einen Schnaps handelte. "Allerdings sind noch andere Zutaten zu gemixt angeblich. Von dem was ich gehört habe, soll man weniger Emotionen zeigen. Also kein Wut und Zorn, aber auch keine Angst." Sie machte eine Pause und schaute nochmal auf die Liste, um sich die Namen einzuprägen.[1] "Sowohl werden mit diesem Trank Gründe genommen den Kaiser zu ermorden, als auch neue gegeben."
 1. Fehlschlag: 13

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #248 am: 17.05.2011, 21:30:39 »
04.01.1042 - Tag des Takin - Früher Abend

Und so kam Xū Dǎnshí zu einer kleinen Auszeit nach dem sehr intensiven Gespräch zwischen ihm und Qiānbēi Irindiil, während das andere Gespräch zwischen den Denunzianten langsam abkühlte und so langsam verflachte und in allgemeine Gespräche oder Stillschweigen abdrifteten. Der Tag verlief ruhig, nur die Dienerin kam noch rein, brauchte frischen gelben Tee und eine gehaltvolle Reissuppe mit einigen Brocken Hühnchenfleisch.
Es dauerte noch einige Stunden, es musste bereits Abends sein, wenn ihr Zeitgefühl sie noch nicht gänzlich im Stich gelassen hatte, dass die Tür sich wieder öffnete und die Gedanken aufschrecken ließ. Vielleicht sogar den Trunk und die interessanten Informationen vom Boss in den Hintergrund rücken mochten, oder vielleicht war es auch ein weiterer fruchtloser Besuch, wie der Besuch Qiānbēi Irindiil fruchtlos für Sūn Ai gewesen, nichts weiter als rohe, frühreife Worthülsen, welche noch auf die Befruchtung warteten. Sie würden wohl nie Blüten für Sūn Ai werden.

Die Figur, die eintrat, war kleinwüchsig für einen Mensch, vielleicht gerade über einhundertvierzig Zentimeter groß und fast krankhaft dürr, augenscheinlich von sehr schwacher Konstitution. Die Ringe unter seinen haselnussbrauchen Augen deuteten daraufhin, dass er wenig geschlafen hatte. Sie waren jedoch so furchtbar deutlich, dass klar wurde, dass er allgemein nicht viel schlafen konnte und dennoch machte die Figur einen aufgeweckten Eindruck[1]. Es schien sich um Ii Tsuyoshi[2], der Geisel aus Xian, zu handeln. Als er in den Raum kam, spielte der inzwischen dreizehnjährige Junge eine Melodie. In seinen Händen hielt er eine Flöte aus Bambus und spielte einfach darauf los[3]. Die Flöte, die er spielte, war eine sogenannte Shakuhachi[4] und die Bambusflöte seines heimatlichen Kultur. Sie war das Musikinstrument der Samurai Xians.

Fast zehn Minuten gab er sich diesem ungewöhnlichen Spiel hin, ehe er sich wortlos, fast staksig auf den Teppich zu bewegte und unter sich unter Mühe setzte. Er atmete tief ein, schloss die haselnussbrauenen Augen und begann in seiner Heimatsprache zu referieren.
[5]
"Konbanwa.", sagte er kurz und neigte den Kopf, wie bei einer Verbeugung. "Ich beneide euch, die ihr zum Tode geweiht seid, wisst ihr doch jedenfalls, wann eurem Leid ein Ende beschert ist."
Er deutete eine zweite Verbeugung im Sitzen an. "Ich bin Ii Tsuyoshi und hier, um mit euch zu dichten und zu musizieren, wenn es euch nichts ausmacht. Vielleicht können wir dabei auch Worte wechseln, wenn ihr mögt."
Der Junge besaß eine sehr knabenhafte Stimme, die erschreckend schwach war und nur wie ein schweres Flüstern klang. Umso verwunderlicher war es, dass er genug Luft hatte, um die Flöte zu spielen. Seine Auftreten hatte etwas virtuoses, und doch darin eine tiefe, kindlich-ängstliche Unsicherheit.
 1. 
 2. Ii Tsuyoshi
 3. Sanya
 4. Shakuhachi
 5. Dieses Gedicht entspricht einem typischen Waka aus Xian.
Transskription (Anzeigen)
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« Letzte Änderung: 23.05.2011, 14:33:12 von Menthir »
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Lu Chieng

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Das liederliche Spiel
« Antwort #249 am: 20.05.2011, 16:09:21 »
"Nun denn dürfte es euch erfreuen mit Mako in Kontakt zu treten. Nur eine Frage brennt mir auf der Zunge bevor ihr Künstler es euch hier gemütlich macht: Warum seid ihr hier, gewiss nicht aus freien Stücken... Also wer schickte euch, wem verdanken wir euren Besuch?" fragte Lu Chieng neugiereig schon während des Besuchs des Qiānbēi Irindiil war ihm diese Frage eingefallen aber er vergaß sie zu stellen.
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Mako Jinsei

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Das liederliche Spiel
« Antwort #250 am: 20.05.2011, 18:01:26 »
Mako lauschte entzückt der Flötenmusik. Nachdem der Junge sich vorgestellt hatte deutete Mako eine Begrüßende Verbeugung an und setzte sich ihm gegenüber.
"Ich heiße Euch in unserer bescheidenen Unterkunft willkommen. Mein Name ist Mako Jinsei.
Ihr müsst früh mit dem Üben begonnen haben oder aber Ihr seid ungemein talentiert für Euer Alter."

Er nahm seine Yueqin auf und zupfte ein paar Saiten.
"Mit der Shakuhachi kenne ich mich nicht allzu sehr aus. Da ich ab und an zu meiner Musik singe bevorzuge ich Lauten und Zithern.
Was wollen wir gemeinsam zum erklingen bringen? Etwas schwuingvolles oder etwas unserer Situation entsprechendes? Lieber ein altbekanntes Lied oder eine meiner kleinen Kreationen?"

Während er noch auf die Antwort wartete begannen seine Hände wie von selbst unbewusst zu spielen.[1]
 1. http://www.youtube.com/watch?v=TfTVPj5Zmkw&feature=related
"An einem edlen Pferd schätzt man nicht seine Kraft, sondern seinen Charakter." -Konfuzius

Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #251 am: 23.05.2011, 13:52:39 »
04.01.1042 - Tag des Takin - Früher Abend

Ii Tsuyoshi, die Geisel aus Xian, nahm sich noch die Zeit Lu Chieng zu antworten. Der Junge blickte mit einem müden Blick zu jenem Mann, der ihm diese Frage gestellt hatte, just nachdem Mako Jinsei die ersten Töne spielte. Er schüttelte den Kopf und, wenn auch wahrscheinlich eher unbewusst, unterstrich Mako Jinsei die Worte des Jungen. "Was für eine Frage zur Begrüßung. Seid ihr so verroht, dass ihr nicht einmal mehr die Gepflogenheiten menschlichen Umganges kennt? Wahrhaftig, Lu Chieng, nach den Regeln dieses Landes seid ihr das Prachtstück eines Barbaren. Es wundert mich nicht, dass ihr ein Schauspieler werden musstet, um in diesem Reich etwas zu werden. Doch hier, entkleidet all eurer wunderbaren Masken, sieht man euer verbranntes und rohes Gesicht, entstellt und doch in voller Wahrheit, sieht man, wer ihr seid. Ein weiser Mann sagte einst: die Maske eines Menschen kann so schön sein, dass ich Angst vor seinem Gesicht bekomme[1]. Das war bei mir der Fall und ich sehe, ich hatte zurecht Angst davor.
Ich glaube, dass er die Wahrheit gesagt hat, aber jetzt werdet ihr diese Maske nicht wieder aufsetzen können, wir müssen den Boden bewirtschaften, den ihr verbrannt und dann versalzen habt."
, erklärte die junge Geißel mit getragener Stimme. Er schien alles als einen Teil einer höheren Kunst zu betrachten.

Er setzte die Bambusflöte an und versuchte einen Einklang zu der Yueqin Makos zu finden und nickte ihm vorher nochmal dankbar zu. Es entspann sich eine ungewöhnliche Melodie, ein musikalischer Dualismus, zwischen den fast schon scharfen und markerschütternd abrupten Tönen der Shakuhachi und den sanften, harmonischen Tönen, welche Mako Jinsei der Mondzither entlockte und doch verband sich beides zu einem faszinierenden Spiel, welches vor allem durch seine Disharmonie faszinierend war.[2].

Als die letzten Klänge des ersten, gemeinsamen Liedes endeten, welches nicht so kunstfertig war, wie es hätte sein können, wie Mako ohne Weiteres feststellen kann, da sie sich noch nicht ganz gefunden haben, erhob der Junge wieder seine schwache Stimme. "Ihr spielt großartig, Mako Jinsei. Die Gan-Gebrüder haben nicht übertrieben, als sie meinte, dass euer Spiel dem Flügelschlag eines Kolibris gleicht. In welche Richtung eure Musik auch geht oder ob sie verweilt, es ist einerlei, ihr verfügt immer über die Mittel, um zu faszinieren. Verzeiht, dass ich euren Rhythmus noch nicht ganz finden konnte, aber für ein erstes Lied gar nicht so schlecht."
Es schien, als wolle er die Frage Lu Chiengs einfach ignorieren oder er fühlte sogar wirklich verärgert durch das begrüßungslose Verhalten des Denunzianten. Er nickte Mako zu und machte diesmal den Beginn mit der Shakuhachi und wollte probieren, ob Mako Jinsei einsteigen könne. Hatte er dem älteren Musiker eben einfach den Takt und Lied vorgeben lassen, spielte er jetzt vor, augenscheinlich eine eigene Kreation oder ein eher unbekanntes Lied aus Xian[3], die eine ganz andere musikalische Balance hatte. Es schien Mako, als würde der junge Ii sich herausgefordert fühlen und jetzt Mako zum Tanz bitten, wenn man so reich an Metapher sprechen, wie Ii Tsuyoshi es selbst bevorzugte[4].
 1. Alfred de Musset
 2. Alle bis auf Mako machen einen Willenswurf gegen SG 15 oder sind fascinated.
 3. 
Wissen (Adels- und Königshäuser oder Arkanes) SG 20 (Anzeigen)
 4. Für Mako - Die Schwierigkeit für dieses Lied ist relativ hoch, aber auch recht eingängig, wenn man sich an den Rhythmus des Liedes gewöhnt hat. Ein Auftretenwurf gegen SG 25 ist notwendig, um es zu spielen, sofern man die zweite Stimme des Liedes spielt. Ein Wurf gegen SG 30, wenn man die erste Stimme spielen möchte.
« Letzte Änderung: 23.05.2011, 14:31:10 von Menthir »
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Hong Gil-dong

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Das liederliche Spiel
« Antwort #252 am: 23.05.2011, 14:31:38 »
Ruhig lauschte Hong dem Spiel und den Worten der  Geisel aus Xian. Ein spöttisches Lächeln trieb ihm die Zurechtweisung des Jungen ins Gesicht. So jung an den Hof gekommen und so ignorant geworden. Lu Chieng ist barbarisch in den Augen einer Kultur, die Unschuldige für eine Woche in ein Verliess sperrt wird mit der Aussicht, die Sonne erst wieder zu sehen, wenn man den Galgen erblickt. Welch eine Ironie. In der Tat sass ihm auch ein Prachtstück eines sogenannt Zivilisierten entgegen, der duch die Zuflucht in die Kultur die eigene innere Verdorbenheit maskiert. Wie tröstlich ist es doch vom Besuch beehrt zu werden, der uns in diesen schwierigen Tagen mit seinem Spiel erfreut und uns für das Wissen über unser baldiges Ende beglücktwünscht. Wüsste Hong nicht aus eigener Erfahrung, dass das Leben als Geisel am Hof den eigenen Charakter zerfrisst hätte er nur schwerlich seine Hand geschweige denn seinen Spott zurückhalten können. Doch er wollte nicht, dass dieser schwachbrüstige Welpe weinend davonrennt[1] wie der zartbeseitete Zázhǒng[2].
Ein eiserner Schild aus Zorn blockierte den Tönen den Zugang zu Hong's Herzen. Ein gefährlicher Welpe. Was für ein Spiel treiben Mako und Ii Tsuyoshi mit uns?
 1. Link
 2. Zázhǒng
« Letzte Änderung: 23.05.2011, 14:43:54 von Hong Gil-dong »
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Menthir

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Das liederliche Spiel
« Antwort #253 am: 25.05.2011, 12:31:54 »
04.01.1042 - Tag des Takin - Früher Abend

War die Disharmonie vor wenigen Momenten noch faszinierend und teils beabsichtigt gewesen, passte die ungleichmäßige Disharmonie gar nicht zu diesem Lied. Und so wirkte dieses Lied weder bannend, noch in irgendeiner Art ausreichend. Und obwohl es so schien, als hätte Mako deutlich die größeren Probleme mit diesem Stück - welches ihm irgendwie vertraut, als hätte er es einstmals bereits gehört, vorkam - hatte auch die junge Geisel aus Xian ihre Probleme, vor allem als diese bemerkte, dass keiner der Zuhörer in irgendeiner Art gebannt von seiner Musik war[1], nicht so eingefangen war, wie die Gan es beschrieben hatten. Diese Unsicherheit zeigte sich in seiner Musik, die er nach einer weiteren Minute verklingen ließ. Kurz hatte Mako das Gefühl, als würde der Junge ihn bösartig anfunkeln, wütend darüber, dass jener es verrissen hatte. Seine schwache Stimme klang jedoch zuckersüß. "Das war wohl nicht unser Lied," lachte der Junge unbeholfen, "wir sollten ein weiteres eurer Kompositionen probieren!"
Ii Tsuyoshi schloss die Augen und setzte die Shakuhachi an, wartete jedoch darauf, dass Mako Jinsei begann.
 1. Bei Xū Dǎnshí kann er es zwar nicht sehen, aber es haben alle den Willenswurf bestanden und haben weiter ihren freien Willen.
« Letzte Änderung: 25.05.2011, 12:33:15 von Menthir »
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Xū Dǎnshí

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Das liederliche Spiel
« Antwort #254 am: 25.05.2011, 12:44:28 »
Nach der andauernden und kräftezehrenden Unterhaltung mit dem Elben und der kurzen Ermunterung des Mädchens hatte sich Danshi erschöpft in seine Kammer geschleppt und hatte sich auf seine Pritsche fallen lassen, noch ehe er seine Kleider abgelegt hatte. Sein Vertrauter Yu hatte sich nahe des Kopfendes auf die Hinterbeine gestellt und nagte an einem Stückchen trockenem Brot. "Wo er das wohl her hat?", fragte sich Danshi und war im nächsten Moment schon eingeschlafen.

Phasen tiefer Schwärze und wirrer Träume wechselten einander ab. Manchmal wachte er schweißgebadet auf und schüttelte sich vor brockigem Husten. Doch die kräftemässige Auszehrung ließ ihn immer sogleich wieder in den Schlaf fallen. Als er das nächste Mal erwachte, umschmeichelte sanfte Musik seine Sinne. "Ob das die Engel sind?", fragte er Yu, der keine Antwort gab. Dann war er abermals eingeschlafen. Doch diesmal holte er in seinem Traum die Fetzen der  Vergangenheit zurück. Er war wieder jung, mitte zwanzig, und seit Tagen auf einem nicht-endend-wollenden Marsch zurück von der Front. Sie waren entsandt worden, um die Reitervölker in den Steppen des Ostens zu zähmen oder zu vernichten. Doch weit gefehlt, denn die Reiter waren schnell, hatten ausgezeichnete Späher und Bogenschützen. Sie dahingegen waren nur wenige Mann, plumb und Auffällig wie ein Findling in der Steppe und außerdem zu wenig, um alle Dörfer zu schützen. Beschützten sie ein Dorf, dann griffen die Reiter einfach ein anderes an. Begegneten sie einander auf dem Feld, regnete eine Salve Pfeile auf sie hinab und verwundeten viele gute Männer, noch ehe die Reiter in Reichweite ihrer Speere kamen. Es war ein Katz-und-Maus-Spiel, ein Haschen nach den Wellen, ein Himmelsfahrtskommando und sie alle wussten es. Schon bald brachte es Danshi nicht mehr über sich, die Deserteure zu verurteilen. Viele Männer waren schwer versehrt, manche von Soldatenherz ergriffen andere hatten sich bereits mit dem Tod abgefunden. Doch schließlich wurden sie abgelöst.

Mit letzten Kräften schleppte er sich zum Hofe zurück. Er war bis auf 80 lb. abgemagert und wäre vielleicht verhungert, hätte ihm nicht ein Bauer auf dem Weg eine Schale Hirse geschenkt. Er hatte sich den Namen auf die Rückseite seines Amuletts geritzt. Nicht mehr als diesen Dank konnte er für die Hirse anbieten.

Am Hofe angekommen wurden sie als Helden gefeiert, die den Reitervölkern große Schäden beigebracht und die Grenzen des Großreichs befestigt hatten. Nichts lag der Wahrheit ferner, doch das Tagesgeschehen war stets schlecht und es bedürfte guter Nachrichten. Die wenigen Soldaten wurden prunkvoll eingekleidet, mit Jade behängt und zu vielen Essen geladen. Dort erzählten sie die immergleichen Lügengeschichten, jedes Mal reicher ausgeschmückt und heroischer. Die Beamten liebten diese Art der Unterhaltung. Doch am Abend, wenn der Bauch spannte und der Kopf schwer war, pflegten die Ereignisse Danshi stets einzuholen. Bald bekam er einen guten Beamtenposten angeboten und seine Zukunft am Hofe schien sicher. Doch er hatte diese Sicherheit mit seiner Seele bezahlt. Wie ein mechanischer Apparat aus den Händen Odas schleppte er sich durch die Tage – aufgezogen von seinem Pflichtgefühl tat er immer gleiche Dinge und brach Abends in seinem Lager zusammen. Er hätte sich vielleicht das Leben genommen, aber selbst an einer Erlösung war er nicht mehr interessiert.
Es war Xuan-Xuan[1], die ihn aus der Agonie rettete. Seine süße Xuan-Xuan…

Dann wachte er plötzlich auf, bitterlich weinend. Er hatte ihr Bild nicht mehr vor Augen, doch seine Liebe war ungebrochen, vielleicht noch stärker als je zuvor. Er betete, dass sie sich wiedertreffen würden.  Hoffentlich würde Ahava ihn erhören. Er hoffte es so sehr…

 1. seine zukünftige Frau
« Letzte Änderung: 25.05.2011, 13:13:49 von Xū Dǎnshí »

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