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Autor Thema: Neersand  (Gelesen 24237 mal)

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Xiam

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Neersand
« Antwort #105 am: 26.01.2011, 11:41:07 »
Thassilo von Salsweiler

„Ihr seid plötzlich wie vom Blitz getroffen umgekippt. Was ist passiert? Was habt ihr gesehen?“ So aufgeregt wie sie gerade ist hätte sich Thassilo die Ritterin Tessa in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Ja, das an seinem Hinterkopf wird eine großartige Beule werden, stellt Thassilo fest, als er sich mit der Hand über die schmerzende Stelle reibt.
„Erzählt! Ich befehle es euch! Ihr hattet eine Vision, von Rondra geschickt. Was habt ihr gesehen? Wir müssen es entschlüsseln, die Herrin hat ganz offensichtlich eine Botschaft für euch.“

Noch während Thassilo in kurzen, knappen Sätzen der Ritterin seine Vision schildert, treten beide zusammen mit der Geweihten an die Tempelfenster heran und betrachten sie genauer.
„Dies sind nicht die originalen Fenster“, erklärt die Rondrapriesterin. „Die Originale wurden leider zerstört, aber es gab Skizzen von ihnen im Festumer Hesinde-Tempel. Nach denen wurden sie rekonstruiert.“ Die Geweihte deutet auf das zweite Fenster von links. „Das ist Lutisana von Kullbach. Sie ist die Begründerin des Theaterordens. Rechts neben ihr seht Ihr Geron den Einhändigen[1] und Leomar von Baburin[2]. Noch weiter rechts, das ist Refardeon von Pilkamm, er war der erste Ordensmarshall des Bornlandes. Und die Frau ganz rechts, die ihr aus dem Fenster habt heraus steigen sehen, das ist Thora Fataburuq. Sie war die letzte Seneschallin des Theaterordens, bevor dieser zerschlagen wurde.“

Thassilo fällt auf, dass das ganz rechte Bild sich von den anderen Fensterbildern unterscheidet. Es ist nicht so kräftig in den Farben, fast schon blass und passt daher gar nicht richtig in die Reihe. Auch wenn Thassiolo kein Fachmann ist, so sieht sogar er, dass es jünger ist, als die anderen. Genau genommen sieht es auch nicht einmal besonders rondrianisch aus, sondern ist eher in efferdgefälligen Farben gehalten. Was hat das zu bedeuten?
 1. Geron der Einhändige, ein Heiliger der Rondra für den Kampf gegen Ungeheuer, war der erste Träger des Schwertes Siebenstreich und Gründer des Schwertbundes. Seine Berühmtheit gründet sich auf seinen zahlreichen Heldentaten. Die Götter gaben ihm die Aufgabe, die Pforten zur Siebten Sphäre zu schließen. Er soll fünf Gefährten gehabt haben. Die Barone von Falkenwind sind womöglich Nachkommen eines dieser Gefährten. Der 4. Efferd ist der Feiertag ihm zu Ehren.
 2. Leomar von Baburin (auch als Leomar Drachenherz und Leomar der Löwengleiche bekannt) ist ein Held der aventurischen Frühzeit (Wirken um ca. 850 v. BF) und Heiliger der Rondra-Kirche. Er war Träger des Schwertes Siebenstreich und erster Besitzer des Donnersturms (Streitwagen Rondras).
« Letzte Änderung: 26.01.2011, 11:47:19 von Xiam »

Thassilo von Salsweiler

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Neersand
« Antwort #106 am: 04.02.2011, 08:01:12 »
Der junge Ritteranwärter steht in seiner typischen Denkerpose vor dem Bild, einen Ellenbogen angewinkelt auf der anderen Hand vor dem Bauch abgestützt und den Zeigefinger tippend an den Lippen.

Das Geschehene macht für ihn noch keinen rechten Sinn und die drei genannten Götter -Rondra, Praios und Efferd- haben seiner Erinnerung nach keinen direkten Bezug zueinander. Und da er es nicht selbst lösen kann, entschließt er sich letzten Endes zu fragen:
"Sagt, werte Glaubensbrüder und -schwestern. In welchem Verhältnis stehen unsere heilige Herrin Rondra, Praios und Efferd in diesem Lande hier? Ich frage mich, warum Praios in meiner Vision vorgekommen ist. Ebenso deute ich das Bildnis der Herrin Thora Fataburuq, als recht efferdgefällig, was mich doch sehr wundert. Wurde es später eingebaut? Und wer mag der gönnerhafte Spender gewesen sein?
Ich bin ziemlich verwirrt."

Thassilo würde sich jetzt fragend am Kopf kratzen, doch den Drang hat er sich in den vielen Jahren seiner disziplinären Ausbildung abgewöhnt, wirkt diese Handlung doch etwas bäuerlich und tumb.

Und während er auf eine Antwort wartet, tritt er einen Schritt näher an das Bildnis und betrachtet es genauer.
Ein jeder Künstler hinterlässt doch sein Zeichen auf seinen Werken. Zudem könnte die Handschrift des Künstlers einmalig sein. Die Komposition und Farbgebung des Bildes ist auf jeden Fall ungewöhnlich.
Konzentriert und analysierend betrachtet Thassilo das Bildnis der Herrin Thura und versucht sich einen Reim zu machen.
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Daanje Firunkis

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Neersand
« Antwort #107 am: 06.02.2011, 13:27:16 »
"Nein, leider überhaupt nicht", meint Daanje und führt sich über die brennenden Augen. "Ich habe ein paar interessante Geschichten gelesen, aber sie alle helfen mir überhaupt nicht weiter. Ich finde einfach keine Zusammenhänge." Daanje schüttelt den Kopf und erhebt sich. "Ich danke Euch trotzdem für Eure Hilfe. Es hat mir zumindest den Tag vertrieben." Daanje zeigt die Spur eines Lächelns, aber ihm ist anzusehen, dass ihn der Tag mitgenommen hat. Schließlich wendet er sich um und verlässt das Archiv, wobei er eine Weile vor dem Gebäude stehen bleibt und sich umsieht. Charakteristisch für ihn legt er die Hand an das Kinn und denkt angestrengt nach, bis er so laut aufseufzt, dass eine vorbei gehende Frau vor Schreck zusammen zuckt.

"Es ist zum junge Borbarads bändigen!" nuschelt der junge Mann vor sich hin und steuert zurück zum Efferd-Tempel. Sehr viel hat er ja nicht zu berichten, aber zumindest ist er dem Dieb begegnet und kann dem Geweihten Koj darüber Bericht erstatten. "Vielleicht war all das doch nur zufällig. Ist ja möglich, dass er sich einfach gegriffen hat, was er gebraucht hat. Nur ergibt das keinen sonderlichen Sinn. An solche Gegenstände wäre an anderen Orten doch viel besser ran zu kommen! Ach, verflucht, Daanje, du drehst dich nur im Kreis herum!" Daanje schnaubt verächtlich und macht sich, seine Gedanken auf einen einzelnen Punkt in ihm fokussierend, auf den Weg zum Efferd-Tempel. Er muss sich beruhigen und versuchen, wieder einen klaren Gedanken zu fassen, sonst wird das alles nichts.
"Der Born fließt seit 1000 Jahren hinaus bei Festum in das Meer. Er trug so viel, so viele Tränen hinaus und gab sie nicht mehr her." - Der Born von Ragnar Schwefel

Xiam

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Neersand
« Antwort #108 am: 09.02.2011, 11:30:00 »
Thassilo von Salsweiler

„Nun“, erklärte die Schwertschwester, „das Verhältnis zwischen den Kirchen des Praios und der Rondra ist seit der Zeit der Priesterkaiser natürlich gespannt. Gerade das Bornland steht in einer besonders engen Tradition zu dem kurz nach der zweiten Dämonenschlacht gegründeten Orden der Theaterritter, welche hier die ersten Siedlungen gegründet haben. Im Jahre 335 verbrannten die Priesterkaiser den letzten Ordenshochmeister, Prinz Bogumil von Arivor im Theater von Arivor auf dem Scheiterhaufen. Der letzte Marschall im Bornland, Anshag von Glodenhof, rüstete daraufhin zur Schlacht. Aber beim Marsch nach Baliho wurden die Ordensritter durch hinterhältige Goblinangriffe so geschwächt, dass sie von der Armee der Priesterkaiser bei der Schlacht im Drachenspalt völlig aufgerieben wurden. Das Jahr 337 bezeichnet somit auch das Ende des Theaterordens. Gleichzeitig bezeichnete es das Ende eines göttlichen Bündnisses. Wie ihr vielleicht wisst, erschienen bei der zweiten Dämonenschlacht auf dem Schlachtfeld von Brig-Lo vor über 1000 Jahren, als die tapferen Garether gegen die Dämonen Armee der Hela-Horas zu Felde zogen, vier Kämpfer auf dem Schlachtfeld, welche die Dämonen vertrieben. Praios, Rondra, Efferd und Ingerimm griffen zum ersten und einzigen Mal selbst in das Geschehen ein.

Wieder herrschte einen Moment Schweigen, dann blickte die Schwertschwester zu Tessa, welche mit einer Stimme, die vermuten lässt, dass ihre Gedanken gerade weit fort sind, weiter sprach: „Es wird vermutet, dass nicht alle Ordensritter in der Schlacht im Drachenspalt gefallen sind. Einige sollen nicht mit in die Schlacht gezogen sein sondern segelten im Efferd 337 unter der Führung der Senneschallin fort. Wohin, das weiß niemand, möglicherweise ins Riesland.“

Einen Moment lang betrachteten die drei die Fensterbilder. „Ich weiß leider nicht, wann das letzte Fenster eingefügt worden ist. Aber ihr habt recht. Es ist deutlich zu erkennen, dass es in einem anderen Stil gefertigt ist. Es muss wohl von einem anderen Künstler gestalte worden sein, der mir leider unbekannt ist. Ich schätze, dass es etwa 150 Jahre jünger ist als die restlichen Fenster. Ich kann mir ebenfalls nicht erklären, warum es so efferdgefällig gestaltet ist. Vielleicht hat das aber auch ganz banal nur damit zu tun, dass Efferd hier in Neersand so eine wichtige Stellung einnimmt... oder es bedeutet, dass die Seneschallin sich aus irgendeinem mir unbkanntem Grund auch der Efferdkirche verbunden gefühlt hat.“
« Letzte Änderung: 09.02.2011, 11:32:53 von Xiam »

Xiam

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Neersand
« Antwort #109 am: 09.02.2011, 11:46:42 »
Daanje Firunkis

„Nein“, sagte Koj nachdenklich mit einem Blick in die Luft, nachdem Daanje ihm von seinen bisherigen Erkenntnissen berichtet hatte, „ich kann mir nicht vorstellen, dass die Diebe sich einfach irgendetwas gegriffen haben. Dies ist nicht ein einfacher Diebstahl. Wären die Diebe auf Wertgegenstände aus gewesen, dann hätten sie weitaus wertvolle Gegenstände stehlen können, als den wertlosen Plunder. Welcher auch nur halbwegs vernunftbegabte Mensch geht denn außerdem das Risiko ein, in eine Kirche einzubrechen und sich den Zorn Efferds zuzuziehen, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben? Nein, ich bin sicher, dass es mit dem Diebstahl etwas anderes auf sich hat.“
Rastlos ging der Priester im Andachtsraum auf und ab, während er offenkundig angestrengt nachdachte. Plötzlich blieb er stehen und wirbelte zu Daanje herum. „Oh, das hätte ich fast vergessen. Für irgendwann heute hatte sich eine Ritterin vom Widderorden angekündigt. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie haben die Wind von dem Einbruch bekommen. Und da es sich bei dem Gestohlenen um rondragefällige Gegenstände handelt, wollen wohl auch die Ritter eigene Nachforschungen anstellen. Bisher war sie noch nicht da. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn ihr sie kennen lernen würdet.“
« Letzte Änderung: 09.02.2011, 11:47:55 von Xiam »

Thassilo von Salsweiler

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Neersand
« Antwort #110 am: 16.02.2011, 07:31:18 »
"Ich danke euch sehr für die geschichtlichen Ausführungen, Schwester."
Thassilo verneigt sich leicht und betrachtet dann weiter die Bilder. In seinen Gedanken manifestieren sich die ersten Ideen, wie man herausfinden könnte, was mit ihm passiert ist und wer ihm unter Umständen weiter helfen würde.
"Wenn dieses Bildnis erst einhundertfünfzig Jahre jung ist, wird man doch sicherlich Aufzeichnungen dazu finden können.
Da ich diese Vision nicht einfach abtun mag, werde ich mich -mit eurer Erlaubnis Herrin Tessa- um die Entschlüsselung des Erlebten kümmern. Mich dünkt, dass diese Vision nicht meiner Phantasie entsprungen ist, sondern vielmehr auf etwas wichtiges und unmittelbares hinweist."

Thassilos Auge sucht das Bildnis immer wieder nach Dingen ab, welche er oder die anderen übersehen haben könnten.
"Ich bitte euch, mir die Erlaubnis zu erteilen, mich um diesen Vorfall zu kümmern. Ich würde gern die Weisen der Efferdjünger dazu befragen. Vielleicht haben sie Aufzeichnungen oder verfügen über weiteres Wissen.
Ich weiß sehr wohl, Herrin Tessa, dass wir hier einen Auftrag haben und möchte auch nichts von euch fordern. Dennoch bitte ich euch, mir die Möglichkeit zu geben, diesem Vorfall nachzugehen."

In Thassilo brennt die Neugier. Kaum zu zügeln ist der Drang danach, das Geheimnis endlich zu lüften. Kaum zu bändigen der Wissensdurst.
Nicht unbedingt eines schneidigen Ritteranwärters gerecht, aber bei aller Disziplin kann er nicht gegen seine Natur.
Etwas nervös versucht er dem Drang zu widerstehen, von einem Fuss auf den anderen zu treten oder gar mit den Fingergelenken zu knacken.
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Daanje Firunkis

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Neersand
« Antwort #111 am: 23.02.2011, 13:16:03 »
Genauso wie Koj geht Daanje im Raum auf und ab und überlegt fieberhaft, was nun zu tun sei und wo die Gemeinsamkeiten zwischen den Gegenständen liegen könnten. Als der Geweihte des Efferd die Ritterin vom Widderorden erwähnt, scheint es, als würden Daanjes Ohren größer und größer werden. "So? Na, das klingt doch hervorragend, finde ich. Und natürlich werde ich mich sofort bei ihrer Ankunft mit ihr unterhalten." Im Stillen denkt Daanje aber einen kurzen - und sehrflüchtigen Moment - darüber nach, ob sie wohl genauso steif sein würde wie die Adjutantin Sjurjescha, bevor sich ein heimliches Grinsen auf seine Lippen stiehlt und er sich wiederum Bilder der Dame ausmalt, die aus seinem Grinsen einen abwesenden und ziemlich eindeutigen Blick machen. Schließlich aber räuspert er sich. "Ihr sagtet, irgendwann für heute, könnt Ihr eventuell eine etwas genauere Angabe machen, wann sie wohl da sein wird?" Beinahe klingen Daanjes Worte schrecklich ungeduldig und der Geweihte kann nicht einschätzen, ob der junge Mann einfach nur endlich den Fall aufklären oder ob er die Dame kennen lernen will.
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Xiam

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Neersand
« Antwort #112 am: 02.03.2011, 11:45:19 »
Gerade, als der Geweihte zu einer Antwort ausholen will, sind auf der Treppe Schritte zu hören. Zwei Personen betreten den Tempel, voran eine Kriegerin mit weißblondem Haar und einem blassen, fast durchscheinend wirkenden Gesicht, gefolgt von einem jungen Mann, wahrscheinlich einer Art Knappen. Die Frau trägt einen rotweißen Waffenrock mit den Wappen des Widderordens darauf.

Ohne Umschweife musstert sie Daanje, und noch während sie dies tut, wird sie bereits von Koj begrüßt, der sie offenbar kennt: „Ritterin Tissa, was für eine Freude euch wieder einmal in der Stadt zu sehen. Ich hörte bereits, dass jemand von eurem Orden kommen würde, und was soll ich sagen, ich hatte gehofft, dass man euch schicken würde.“
Ohne Daanje aus den Augen zu lassen antwortet die Ritterin dem Geweihten: „Hochwürden, vielen Dank für die Begrüßung, aber sparen wir uns am besten das Drumherum und kommen direkt zur Sache. Es ist etwas gestohlen worden? Bitte klärt uns auf.“
„Geradeaus wie immer“, entgegnet der Efferdpriester mit einem Schmunzeln, setzt dann aber wieder ein ernstes Gesicht auf. Mit knappen Worten berichtet Koj von den Geschehnissen der letzten Nacht. Noch einmal beschreibt er die gestohlenen Gegenstände und erzählt auch der Ritterin, welche Geschichte sich um das jeweilige Objekt rankt. „Darf ich euch nun schließlich Daanje Firunkis vorstellen? Er hat vergangene Nacht die Diebe auf frischer Tat ertappt, konnte den Diebstahl aber leider nicht verhindern. Heute ist er bereits den ganzen Tag damit beschäftigt der Sache nachzugehen.“

Sofort sieht Daanje sich den bohrenden Blicken der Frau ausgesetzt. „Was habt ihr herausgefunden?“, fragt sie in einem Tonfall, der deutlich macht, dass sie einen knappen Rapport und keine langatmige Erzählung erwartet.

Daanje Firunkis

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Neersand
« Antwort #113 am: 06.03.2011, 14:35:29 »
Daanje ist sichtlich beeindruckt von der Ritterin und ihrem Auftreten. Ihrem Knappen wirft er nur einen kurzen Blick zu, bevor er sich gänzlich der weiblichen Präsenz des Raumes zu wendet. In einer eleganten Geste verbeugt er sich vor der Ritterin, als er von ihr angesprochen wird. Sein Wissen über solche Frauen wie die Ritterin und ihr Gebaren verbieten es ihm gerade noch, ihre Hand zu einem Handkuss zu entwenden. "Auch mich freut es, Euch kennen zu lernen, Ritterin Tissa, es freut mich sogar außerordentlich. Wie seine Hochwürden" - er benutzt absichtlich ihre Worte, um sie zu spiegeln, eine beliebte Händlertechnik, wie er wusste - "bereits gesagt hat, ist mein Name Daanje Firunkis. Ich bin eigentlich im Auftrag meiner Herrin hierher gekommen, doch traf ich gleich in der ersten Nacht auf die Diebe. Glaubt mir, ich habe alles unternommen, um sie aufzuhalten, aber es ist mir leider nicht gelungen. Meine heutigen Nachforschungen haben mich einen der Diebe in einer üblen Kaschemme, dem Edlen Schiffer, auftreiben lassen. Er stellte sich mir als Alrik vor, was selbstverständlich nicht mehr als ein Tarnname ist. Ich entkam nur mit knapper Not diesem Ort, an dem dieser Alrik anscheinend eine gewisse Autorität besitzt. Zumindest wollte mir der Wirt samst einiger anderer Spießgesellen nach einem Wink des Mannes sofort an den Kragen. Ich entkam nur durch den geschickten Einsatz meiner Intelligenz. Daraufhin begab ich mich zur Kriegerakademie, um mich mit dem Leiter zu treffen, der mich am Abend zuvor schon fälschlicherweise als Dieb bezeichnet hatte. Wir klärten dieses Missverständnis, aber er war nicht sonderlich kooperativ, beziehungsweise sah er wohl keine zeitlichen Möglichkeiten, mir befindlich zu sein. Allerdings fand ich heraus, dass einer der auszubildenden Knaben länger abkömmlich war, nur traf seine Beschreibung nicht im Mindesten auf die der Diebe zu. Auch meine Nachforschungen im Archiv haben mich leider in keiner Weise weiter gebracht. Ich finde keine Verbindung zwischen den gestohlenen Gegenständen, doch scheint es unabdingbar eine zu geben."

Er zuckt mit den Schultern und sieht die Ritterin mit einem treuherzigen Blick an, wie es gegenüber Frauen in seiner Natur liegt.
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Xiam

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Neersand
« Antwort #114 am: 07.03.2011, 12:48:20 »
"Nun, viel habt ihr bisher nicht gerade gerausfinden können", entgegnet die Ritterin, als Daanje zuende gesprochen hat. "Beschreibt doch nochmal die Diebe, vielleicht...". Den Rest des Satzes spricht Tissa nicht zuende, sondern fordert Daanje mit einer Geste auf, ihr die Gesellen, welche er in der Nacht zuvor aus dem Tempel hat kommen sehen, nochmals genau zu beschreiben. Als Daanje gerade den großen, grobschlächtigen Schurken beschrieben hat, unterbricht Tissa ihn abrupt.
„Was genau wisst Ihr über die Walsachpiraten?“, fragt die Ritterin unvermittelt.

Einen Moment zögern Daanje um seine Gedanken zu sammeln, doch auch dann muss er noch eingestehen, dass er nicht mehr als Gerüchte gehört hat. Obwohl, hatte da nicht etwas in der Reisebeschreibung gestanden, die er heute im Archiv gelesen hatte?
Die meisten dieser Schurken, so wird es an den Ufern des Walsachs erzählt, sind entflohene Leibeigene, übles Lumpenpack, welches ehrliche Kaufleute ausplündert. Es gibt einige Banden, die ihr Unwesen auf dem Fluss teiben.

„Der grausamste von ihnen ist Mjesko Einhand mit seiner Mörderbande“, erklärt Tissa als sie fortfährt. „Er soll ein entflohener Leibeigener aus Notmark sein, doch das muss nicht unbedingt stimmen. Gerüchten zufolge hat er sich angeblich den Borbarad-Dienern angeschlossen.
Nahezu ebenso gefährlich ist Rangnid, die ‚Der Wanderer‘ genannt wird, eine Thorwalerin, die aufgrund eines Verbrechens aus ihrer Heimat verbannt wurde. Dann gibt es noch einige kleinere Banden, die aber allesamt eher unbedeutend sind. Seit der Widderorden gegründet wurde, haben wir bereits einige von ihnen ausgeräuchert.
Mjesko und Rangnid waren einmal verbündet, seit einigen Jahren gehen sie sich jedoch aus dem Weg. Von Mjeskos Bande haben wir seit zwei Jahren kaum mehr gehört. Wir glaubten schon, dass sich die Bande womöglich weiter zerstritten hat und auseinandergegangen ist. Vielleicht jedoch plant er auch etwas ganz übles. Wenn er sich wirklich Borbarad angeschlossen haben sollte, dann sollte man dies nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Wie auch immer, vor einigen Tagen erreichte uns in Niederwals eine Nachricht von unseren Kameraden aus dem Norden. Diese besagte, ein gewisser Bosjew Grumpen, von dem wir glauben, dass er Mjeskos engster Vertrauter ist, sei in Richtung Neersand durchgereist. Eure Beschreibung des einen Schurken, den ihr beim Verlassen des Tempels erblickt habt, passt auf Bosjew wie aus dem Gesicht geschnitten.“
« Letzte Änderung: 07.03.2011, 12:51:18 von Xiam »

Daanje Firunkis

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Neersand
« Antwort #115 am: 10.03.2011, 14:58:41 »
Daanje hört der Ritterin interessiert zu, wobei sein Blick manchmal etwas abweicht. Dennoch bekommt er alles mit, was sie ihm erzählt und dennoch versteht er noch immer nicht den Zusammenhang. "Hm, also von den Walsachpiraten weiß ich nicht sonderlich viel. Und mir leuchtet auch nach Eurer Erläuterung beim besten Willen nicht ein, warum der Handlager eines dieser Borbarad verehrenden Piraten den Efferd-Tempel bestehlen sollte? Keiner der Gegenstände stand in unmittelbarer Beziehung zu Borbarad, oder? Es sind zwar zweifellos wertvolle Gegenstände, aber letztlich dürften sie doch recht uninteressant für so einen Piraten sein, nicht wahr?"

Daanje reibt sich das Kinn und sieht den Begleiter der Ritterin an, ob dieser wohl versteht, von was seine Herrin spricht. Er selbst findet jedoch noch keinen Zusammenhang. Natürlich wäre es gefährlich, wenn ein solcher Pirat sich in Neersand herum treiben würde, aber warum würde er Efferd bestehlen?
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Xiam

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Neersand
« Antwort #116 am: 10.03.2011, 22:17:41 »
"Eigentlich ist es - vielleicht mit Ausnahme des Schwertes - ziemlich wertloser Plunder gewesen, zumindest vom materiellen Wert her", wirft Koj ein.
"Aber ihr habt recht", sagt die Ritterin. "Es erschließt sich mir auch nicht, was Bosjew mit so wertlosem Zeug anfangen sollte. Nein, es muss da einen anderen Grund geben, wieso er hier eingebrochen ist. Möglicherweise diente der Diebstahl nur dem Zweck, von dem anderen Grund abzulenken? Oder er hat etwas bestimmtes gesucht..." Ratlos blickt die Ritterin von Daanje zu Koj und zurück.

Daanje Firunkis

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Neersand
« Antwort #117 am: 11.03.2011, 20:00:03 »
Daanje nickt beständig, auch wenn er kaum mehr richtig zuhört, sondern schon wieder gänzlich mit den wirklich wichtigen Fragen auf der welt beschäftigt ist, nämlich ob die Ritterin wohl frei oder ob der Knabe an ihrer Seite zeitgleich auch ihr Geliebter ist. Schließlich aber klinkt er sich wieder in die Unterhaltung ein und grinst: "Nun denn, mit Rumstehen und Rätseln kommen wir nicht weiter. Ich bin der Ansicht, da ich ja jetzt so tat- und kampfkräftige Unterstützung erhalten habe, dass wir uns im Edlen Schiffer noch mal mit Herrn Alrik unterhalten sollten. Was meint Ihr, Ritterin Tissa und Ritterin Tissas schweigsamer Nebensteher?"
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Xiam

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Neersand
« Antwort #118 am: 27.03.2011, 11:43:35 »
"Oh, ich vergaß meinen Adjutanten vozustellen. Sein Name ist Thassilo von Salsweiler", erklärte die Ritterin und der Ritter machte die Andeutung einer Verbeugung. "Nun, ich habe noch einiges zu erledigen, in der Stadt, daher würde ich die Ermittlungen in dieser Angelegenheit gerne euch überantworten, Thassilo. Begleitet doch den Herren und lasst euch von ihm diesen Edlen Schiffer zeigen. Ich erwarte euren regelmäßigen Rapport. Wegtreten!"

Das Nicken, mit dem sie ihre Order quittierte - und auch der Knall, mit dem Thassilo seine Hacken zusammen stieß - ließen keinen Zweifel daran, dass ihr beide entassen wart. Zwielicht machte sich bereits breit, als ihr auf die Straße tratet. Die Sonne hatte bereits einen guten Teil ihres Abstiegs hinter sich gebracht. Genau die richtige Zeit, um im Edlen Schiffer etwas trinken zu gehen, denn jetzt dürfte sich dort allmählich der gesamte Abschaum der Stadt einfinden.

Daanjes Blick blieb kurz an dem Ritter hängen. Der Ritter wrde dort in seinem Aufzug natürlich auffallen. Wenn sie Pech hatten, würden die Spießgesellen direkt verschwinden, auf jeden Fall aber dürfte seine Begleitung dafür sorgen, dass die Münder der Tavernenbesucher verschlossen blieben.

"Was gibt es denn?", fragte Thassilo, als er die Blicke des Boten bemerkte.

Daanje Firunkis

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Neersand
« Antwort #119 am: 27.03.2011, 12:28:44 »
Daanje kann sich nur ganz schwer ein Grinsen verkneifen, als sie sieht, wie der junge Ritter die Hacken zusammen schlägt. Zwar ist er bei seiner Bronnjarin auch einiges an Unterwürfigkeit gewöhnt, aber bisher hat er sich nicht viel daraus gemacht. Er hält nichts von Hierarchien, wobei er sich natürlich bewusst ist, dass es sie geben muss. Er ist jedoch sehr ruhig, während die Ritterin ihrem jungen Ritter-Leibeigenen Anweisungen gibt und erst als sie auf der Straße sind, kann sich Daanje kaum mehr beherrschen, während er Thassilo immer wieder Blicke zuwirft. Als dieser ihn daraufhin anspricht, grinst Daanje breit: "Nichts, nichts, Herr Ritter. Ich frage mich nur gerade, was unsere Freunde im Edlen Schiffer wohl von Euch halten werden, wenn Ihr in diesem Aufzug da rein spaziert."

Der junge Bote verschränkt die Arme hinter dem Kopf. "Ich könnte Euch ein paar Sachen leihen, wenn wir kurz in meiner Unterkunft vorbei schauen. Oder wir gehen das Risiko ein, gleich von zwanzig zwielichtigen Typen noch an der Eingangstür wieder nach draußen geprügelt zu werden." Daanje grinst den Ritter wieder an und sieht noch einmal an ihm hinauf und wieder hinab. "Ihr seid also ein Adjutant, ja? Dann kennt Ihr doch Eure Ritterin bestimmt recht gut, oder? Wisst Ihr zufällig, ob sie...naja...ungebunden ist?" Nun weitet sich Daanjes Grinsen so sehr, dass es beinahe übernatürlich von einem Ohr zum anderen reicht. "Oh, oder liegt sie Euch etwa sehr am Herzen? Dann will ich mich nicht einmischen. Nein." Er macht eine beschwichtigende Geste. "Vergesst meine Frage dann einfach. Hm, ich überlege gerade, ob ich mich nicht auch etwas äußerlich anpassen sollte, denn ich hatte ja heute bereits das Vergnügen mit dem Wirt, der über mein Erscheinen mit Sicherheit nicht sonderlich begeistert sein dürfte."

Daanje kommt wieder von einem Thema zum nächsten, doch nach seinen letzten Worten hält er endlich inne und sieht Thassilo an, der wohl inzwischen die eigentliche Frage, die Daanje ihm gestellt hatte, bereits wieder vergessen haben könnte.
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