Skraching nickte nur, um Galian zu bedeuten, dass er ihn verstanden hatte.
Zumindest auf sachlicher Ebene hatte Galian Recht. Doch etwas blieb in Skrachings Gedanken, dass auch sein Bild des Attentäters zurecht rückte. Der Junge hatte Galian bisher als echten Gefährten betrachtet. Nun begriff er, dass er sich getäuscht hatte. Er konnte Galian keinen Vorwurf machen, denn der Assassine hatte seine Position immer deutlich gemacht. Skraching hatte ihn nur anders sehen wollen.
Galian war ein gewissenloser Mörder, nicht mehr, nicht weniger. Zufällig hatten sie gerade den gleichen Weg, aber so egal, wie Joyce ihm war, wäre ihm auch das Schicksal von Skraching, Kyra oder Selamin. Vermutlich empfand er die Gruppe lediglich als Ballast, so wie er auch das Mädchen als Ballast empfand, das sie hierher gebracht hatten.
Skrachings Gedanken zogen immer weitere Kreise. Er hatte in der Vergangenheit so viel übersehen, hatte sich die Welt so einfach gemacht. Und schöner, als sie war. Auch Selamin, den er bisher als Vertreter des Guten angesehen hatte, war letztlich nicht mehr als ein Egoist. Der Priester hatte seine Gefühle über die Sicherheit der Gruppe gestellt. Und er hatte so sehr in seinen Meister und in Ruick vertrauen wollen, dass er gar nicht in Betracht gezogen hatte, dass dies der falsche Weg sein könnte. Letztlich hatte jeder Einzelne ihrer Gruppe nur an sich gedacht, auf die eine oder andere Weise.
Gab es keinen anderen Weg? Waren Freundschaften letztlich immer nur Mittel zum Zweck?
Während sich Skraching von Galian abwandte, und scheinbar gedankenverloren in eine unbestimmte Richtung lief, schüttelte er leicht den Kopf. Nein, ihm selbst waren andere Menschen wichtig. Sogar der so gefühllos wirkende Galian. Gut, vielleicht bewertete man jede Freundschaft, jede menschliche Beziehung, auch danach, was sie einem selbst brachte. Das konnte er kaum abstreiten. Doch das war nicht alles. Für seine Schwester hätte er sein Leben gegeben, ohne zu zögern.
Es war nicht immer schlecht, die eigenen Gefühle über rationale Ziele zu stellen. Das war etwas, das Galian noch nicht verstanden hatte. Aber man durfte sich nicht über das Leben und die Sicherheit anderer hinweg setzen, nur weil man gerade ein Ziel verfolgte, das einem selbst wichtig war. Wenn man sich entschied, Ziele, die auf Gefühlen und Werten basierten, über rationale Ziele zu stellen, dann durfte man das nur für sich selbst tun.
Er wandte sich um, setzte sich auf den Boden und starrte in Richtung der Hütte. Er hatte noch viel zu lernen, das hatte er gerade begriffen. Und er durfte sich dabei auf niemand anderen als sich selbst verlassen.