Der Bogen fliegt von der Schulter, der Pfeil schwingt in die Sehne. Selten hat Salif jemanden so schnell reagieren sehen. Kaum hat er die dritte Silbe gesprochen als ihm der Atem stockt und seine Eulenaugen in den sicheren Tod eines Pfeiles schauen. Fabia schießt aber nicht sofort sondern lässt ihn den Satz ausreden.
Hilda?
Ihr fragender Ruf macht die Zwergin auf die Situation aufmerksam.
Alles in Ordnung, Fabia. Er ist vertraueneswürdig. Was er sagt ist wahr.
Als der Pfeil sich senkt, zeigt sich der Hauch eines Lächelns auf Fabias Lippen und Salifs schnell schlagendem Herz wird klar, dass die Rittmeisterin ihn nur erschrecken wollte. An Fincayr gewandt meint sie:
Ich hoffe Ihr wisst was Ihr da tut. Die Geister sind ziemlich aufgebracht wie es scheint.
Allerdings folgt sie ihm dann in die Höhle, bedeutet nur ihren Leuten zurück zu bleiben.
Schritt für Schritt geht es hinein, das Gefühl der Wut das aus den Wänden zu sickern scheint wird stärker und stärker. Und da ist noch etwas: Schmerz. Hier war etwas furchtbares geschehen. Fincayr braucht nicht zu Sarkoth zu blicken um zu erkennen, dass hier ein Kampf auf der Ebene der Geister statt gefunden hatte. Geister waren hier vernichtet worden, Seelen zerrissen.
Von allen Seiten strömen weitere heran. Sein Ritualzauber bietet nur für Sekunden Schutz bevor ein riesiger Geist, halb Barbar, halb Pony, ihn beiseite fegt. Eine Welle von Barbarengeistern fegt heran und bleibt erst stehen als das für Fincayr ohrenbetäubende Gerbrüll eines Höhlenbären zu vernehmen ist.
Das Gebrüll durchdringt nicht nur das Steingrab, es zerfetzt auch den Schleier der das Diesseits von der Ebene der Geister trennt. Geister und Ahnen werden erkennbar für alle Anwesenden und zum ersten und vermutlich letzten Male wird Sarkoth sichtbar für seine Gefährten.
In der Mitte der Haupthöhle bietet sich der Gruppe ein erschreckender Anblick. Dort liegen die Körper von Nalheer und eines kleinen Bären. Neben den rein körperlichen Wunden scheint etwas aus ihnen heraus zu sickern wie pechschwarze Brühe. Eine große Zahl Schneehasen ist um Nalheer versammelt. Wie es scheint versuchen sie mit ihren Pfoten die Wunden zuzudrücken, doch die Brühe benetzt ihre Pfoten, verseucht sie. Die Folgen sind an dem Dutzend toter Tiere zu erkennen, die um sie herum liegen.
Die Barbaren umringen die Gruppe, stellen sich vor Nalheer als Tybrin versucht näher zu treten. Auch wenn nur Fincayr die Worte verstehen kann, so ist auch Tybrin klar, dass diese Geister aufgebracht genug sind um ihn töten zu wollen. Als der Ponybarbar auf ihn zutritt und seinen Speer erhebt, hält eine weibliche, melodische Stimme ihn auf.
Warte, er kann Sladuzka retten. Meine Schwester hat ihm vertraut.
Die Reihen teilen sich und an der Seite eines schlanken Barbaren tritt eine Frau hervor, der Kelidung nach eine Nordbarbarin, doch die elfischen Züge sind unverkennbar. Und nicht nur dass, denn auch ohne ihre Worte wäre Tybrin klar geworden, dass sie die Schwester von Sladuzka ist, der 'Luchsmutter' die bei seinem Volk den Namen Nalheer trägt.
Sie tritt an Tybrin heran, das Lächeln in ihrem Gesicht gerpägt von Trauer. Sie sprach von Dir, Tybrin. Auch wenn sie die Aufgabe übernommen hatte die Bärin zu beschützen, waren ihre Gedanken oft bei Dir und Deiner Familie. Aber jetzt hat er die Bärin entführt, der schwarze Drache, sie und ihren kleinen Freund. Tjen'tel'abar wird ihre Bestimmung nicht erfüllen können, den Pakt zwischen ihrem Volk und den Geistern nicht erneuern, wenn er sein Ziel erreicht.
Die Elfin kniet sich neben Nalheer auf den Boden, ihre Hand streicht sanft über deren Schulter. Meine kleinen Freunde können sie nicht mehr lange beschützen, ihr Geist verfliegt. Wenn der schwarze Drache nicht bald stirbt, wird sein Zauber sie vernichten und nichts wird von ihr bleiben, von ihr und von San'alyn'tlachar. Ihr Blick geht zu dem kleinen Körper des Bären über dem der gewaltige Geist eines Höhlenbären wacht.
Falls Tybrin versucht näher an Nalheer heran zu treten, verwehrt der schlanke Barbar ihm den Weg.
Nicht, eine Berührung würde den Zauber auf Dich übertragen. Sanft berührt er die Schulter von Nalheers Schwester und schaut Tybrin bittend an. Halte ihn auf. Er darf sein Ziel nicht erreichen, den Steinkreis an dem sich die Horden der Orks versammeln. Das Banner darf nicht mit dem Blut der Bärin geweiht werden.
Bilder fegen durch die Köpfe aller Anwesenden.
Salifs Körper der in der Höhle ein Banner aufhebt und mit der kleinen Duja das Grab verlässt. Wie er gen Norden reist vorbei an Bergen und Eisseen um einen Steinkreis zu erreichen. Hunderte, Tausende von Orks die sich dort versammeln für ein Ritual. Ein Dolch der Dujas Kehle durchtrennt, das Blut welches auf das Banner quillt, der Orkkönig welcher das Banner erhebt im JUbel seiner Männer.
Es bleibt nicht mehr viel Zeit.
Während Tybrin mit Nalheers Schwester spricht, wirbeln Erinnerungen durch Fincayrs Kopf. Die kleine Duja soll die Bärin sein, jene Barbarenschamanin die laut der Legende alle 500 Jahre wieder geboren wird um den Pakt zwischen seinem Volk und den Tiergeistern zu erneuern? Das konnte nicht sein. Und wenn, was würde bei ihrem Tode geschehen? Ihr Blut in einem Ritual zu verwenden um ein Banner zu weihen würde ein Artefakt grausamer Stärke erschaffen, die Folgen unabsehbar für den Norden.