Wenn ich mich recht entsinne, hat Enwe keine "klassische" Gottheit der Magie wie z.B. so etwas wie Mystra in den FR, oder?
Genau, es gibt keine Götter, welche die Magie auf die Welt gebracht hätten. Der bisherige Ansatz ist das ingame vorgekommene Stück. Ich zitiere es nochmal.
Alvanon hatte den unbeschreiblichen Vorteil, dass sein Blick nicht wirklich - selbst wenn er durch Masken willkürliche Augenbewegungen zu beherrschen schien - verfolgt werden konnte. Vielleicht reichte reichte einer dieser unsäglich enttarnenden Identifikationszauber, um Magie zu analysieren, aus, um seinem nur magisch existenten Blick zu folgen. Doch der Alb besaß solche Fähigkeiten nicht, zeigte sie nicht oder wusste zumindest nicht um diese mögliche Nutzung, so sie denn wirklich möglich war. Die Magie war ein defiziles Gebilde, dessen Ganzheit kein Sterblicher und wahrscheinlich nicht einmal die Götter verstanden. Doch eine Meinung hatte sich als grobe Richtung herauskristallisiert über die vielen Jahrhunderte und Jahrtausende, in denen es mehr oder minder zivilisiertes Leben auf diesem unseglichen Kontinent namens Bàsa Katorga gab. Als die Götter um die Schöpfung stritten und zu viel Schöpfungskraft in ihren Widerstreit stecken, ein jeder Gott den anderen übertrumpfen wollte, reichte diese überschüssige Energie nicht nur, um die Enwe darselbst zu erwecken, es gab noch so viel überschüssige Kraft, welche die Götter verschwendeten, sodass diese Kraft noch heute über die Enwe waberte und durch Magier und ihresgleichen zu bündeln war. Das sei auch der Grund, warum die Götter nicht mehr selbst auf der Erde wandeln könnten, nachdem die Enwe ihren plastischen Schöpfer Drakhtar fraß. Es war, folgte der Kundige den Lehrtraditionen Vecors und anderer großer Kirchen, die Geburtsstunde der Kleriker und Priester, den Mittlern zwischen Götterwelt und Enwe. Für manche war es belanglose Mythologie, für andere der epische Kampf zwischen Götterwelt und Enwe. Für manche war es ein Gute-Nacht-Märchen, an anderen Orten starben Tausende für diese Visionen. Wie die Wahrheit auch sein mochte, Magie war nichts, das auf die leichte Schulter genommen werden sollte oder gar mit einfachen Sätzen, nicht einmal mit wohlgesetzte Aphorismen, auch nur ansatzweise zu erläutern war.
Demnach ist die Magie schon etwas göttliches in ihrer Urform, quasi eine Form der Schöpfungsmacht, welche inzwischen unkontrolliert über die Enwe wabert und demnach von Magier bspw. manipuliert werden kann. Es gibt durchaus zwei Götter, welche sich mehr mit diesem Thema beschäftigen: Marnarn und Dagur. Aber sie sind nicht im klassischen Sinne "Erfinder" oder "Besitzer" dieser Gabe namens Magie. Das muss ich natürlich noch greifbarer umformulieren und ausstaffieren.
Was waren eigentlich die Gründe, warum die Enwe "magieärmer" sein soll? Es gibt ja durchaus ein Haufen mächtiger Wesen in diesem Setting. Höhere Dämonen, höhere Teufel, Götter und mächtige Drachen. Sie alle könnten ja durchaus ihr jeweiliges individuelles Interesse am Phänomen Magie haben. Klar, kann man im Enwe-Setting auch an gar keinen Gott glauben und seine eigenen Theorien haben, aber das ist ja nicht Standard. Bzw. so krass wie Eberron habe ich die Enwe nicht empfunden.
Ich habe im August 2008 das erste Mal versucht meine Motivation niederzulegen, weshalb ich dieses Stück einfach zitiere.
Natürlich wird relativ schnell die Frage aufkommen, wozu eine neue Kampagnenwelt und wozu ein dazugehöriger Internetauftritt?
Die Frage haben wir uns selbst über Jahre gestellt und letztendlich doch diesen Schritt gewagt, die Frage ist allerdings immer noch warum? Wir, das bedeutet in erster Linie Quecksilber, Nicolaj und ich, sind alteingesessene – so behaupte ich es an dieser Stelle einfach einmal – Spieler der Vergessenen Reiche und auch nicht zu unzufrieden damit. Aber über die Jahre wurde doch der größte Segen der Vergessenen Reiche zum größten Fluch, vor allem für mich: Der Kanon, das Gesamtbild an offiziellen Veröffentlichungen zur Kampagnenwelt. Vertretbar ist hier das Argument, dass ich mir die Kirschen heraussuchen könnte und diese verarbeiten könnte. Doch es war nicht das einzige, was Einfluss auf die Entscheidung nahm, etwas Neues schaffen zu wollen. Auch persönliche Interessen nahmen stärkeren Einfluss auf die Entscheidung, so zum Beispiel der Wunsch Geschichte und Philosophie zu studieren, der nun letztendlich gegeben ist. Es bedurfte also noch mehr meines eigenen Fundus, so zumindest mein Wunsch. Als dritter großer Faktor sei genannt, dass ich daran beteiligt sein wollte, eine Welt zu schaffen, die nicht nur auf Magie fußt, in welcher der kleine Mann auch einmal ganz groß sein kann, obgleich es Magie geben wird. Es gab einige Debatten über den durchschnittlichen Machtgrad wichtiger Nebenspielspielcharaktere in den Vergessenen Reichen. Letztendlich ließ die Vision einer eigenen Welt die Verlockung entstehen, in der eigenen Kreativität – in der Hoffnung sie sei ausreichend vorhanden – aufgehen zu können (Ich gebe es zu, es ist ein philosophischer Ansatz) und in Aufwendung und Anwendung dieser Kreativität frei sein zu können. Zusammenfassend kann dazu also gesagt werden, dass ich das Aufnehmen fremden Kanons langsam enervierend fand (obgleich ich ja für die geneigten Leser neuen Kanon schaffe, sofern sie Interesse an unserer Welt haben, dessen bin ich mir bewusst), ich etwas Neues schaffen wollte, die Verlockung einer Low-Magic-Welt faszinierend fand und einfach auch eine Welt in all ihren Grundzügen entstehen sehen wollte.
Zugegebenermaßen bin ich kein Frischling – sicherlich noch ein Anfänger – auf diesem Gebiet, versuchte ich vor sechs Jahren bereits eine eigene Ebene im Greyhawksternenbild zu installieren. Noch heute spielen meine Spieler und ich auf dieser sehr düsteren, stark vom einseitigen Geschichtsbild meiner Jugend geprägten Welt, die auf einem einzigen Artikel in einer Zeitschrift basierte. Dementsprechend bin ich geneigt diese geringen Vorkenntnisse zu nutzen und zur Verfügung zu stellen. Zur Verfügung stellen?
Weihnachten 2006 packte mich die Idee eine neue Welt zu schaffen, da ich mit den Vergessenen Reichen unzufriedener wurde und das relativ aktuelle Eberron mir nicht so zusagte. Zwar mag ich Eberron vom Flair her, ich hatte aber stets das Gefühl, ich würde Final Fantasy spielen und das tue ich vorzugsweise auf der Konsole. Außerdem legte Eberron auch, trotz allen Stils, viel Magie dar, was meinen eigentlichen Plänen für eine neue Kampagne entgegenstand. Aber eine viel wichtigere Erkenntnis traf mich zu diesem Zeitpunkt, letztendlich wuchsen viele Dinge im Dialog und so fragte ich Nicolaj [Anm. Menthir: Das ist Alvanon], ob er nicht mitmachen würde. Die Idee begann zu wachsen und dafür stellte ich meine bescheidene Erfahrung gerne zur Verfügung…
…allerdings schlief dieses Projekt beinahe ein, bis eine Kette von Ereignissen dieses Projekt wieder in den Mittelpunkt rückte. Die technische Arbeitsplattform von Nicolaj gab den Geist auf, während ich teils prustend, teils enttäuscht vor den Änderungen der Vergessenen Reiche zur vierten Edition saß und nicht wusste, wie ich das alles verpacken sollte. So beschloss ich letztendlich meine Vergessene Reiche-Kampagne einfach nach meinem Willen weiter zu gestalten und die Zukunft der Reiche zu verändern. Aber allgemein rückte das fast verstorbene Projekt wieder in Reichweite. Nicolaj hatte mit dem Verlust mancher Weltenpfeiler zu kämpfen. So versuchten wir uns nach der Ruhephase nochmals aufzuraffen und das Projekt wieder aufzunehmen, was im Sommer 2008 geschah. Und um noch mehr Einfluss von außen zu bekommen, fragten wir noch Quecksilber, ob er noch mit einsteigen würde ins Projekt. Etwas Neues begann nun zu sprießen und zwar unter neuen Voraussetzungen. Quecksilber stellte uns diese Internetplattform zur Verfügung, um an unseren Ideen zu feilen.
Daraus ergibt sich auch der Grund für den Internetauftritt. Natürlich sind wir erfreut darüber, wenn andere das bisher Geschaffene kritisieren und bewerten, aber es geht uns nicht in erster Linie um die Präsenz im Netz, im Gegenteil ist dies für uns eher eine Anlaufstation um unsere Ideen zu parken und von überall Zugriff darauf zu haben. Sie ist aber auch Motivation und Zweckmäßigkeit, um einen kleinen Wettbewerb ins Leben zu rufen. Den Kampf zwischen drei jungen Männern, die alle ihre Vorstellungen haben und ihren Teil der Welt einzeln, als Kontinent, und das Weltganze zusammen erstellen und dabei verstehen möchten. Daraus ergibt sich natürlich ein Wettkampf um den Aufbau des eigenen Kontinents und damit der Kampf gegen das Einschlafen einer Idee, die sonst zu viel Zeit gefressen hätte, würde sie sterben.
Da die Entstehung des Projektes jetzt kurz geschildert worden ist und ich meine persönliche Motivation erklärt habe, will ich abschließend noch meine Wünsche äußern. So ist nämlich zuerst zu nennen, dass ich mir wünsche, dass dieses Projekt mit uns, den Menschen dahinter, wachsen wird, mit der Zeit wachsen wird und nicht einschläft. Ich wünsche mir viele, viele Einflüsse – Ich hatte die Rolle der vielen Einflüsse als Wechselwirkung zwischen Segen und Fluch genannt – und die können von Autoren jeglicher Art, Bildern, Musik, Freunden, Dialogen oder aus dem ganz normalen Leben kommen, aber auch vom geneigten Leser, sollte er sich hierhin verirren. Ich wünsche mir, dass wir ein gewisses Geschick an den Tag legen, mit dem wir eine interessante Welt gestalten, ein Geschick, welches uns doch noch einmal das Zeichnen und Malen beibringt, und – um es nochmal zu beschwören – den Glauben an die Sache, den es nicht zu verlieren gilt. Ganz im Sinne der vollen Entfaltung in der Genese der Welt.
- Marnarn am 13. August 2008
Und dieses Schreiben ist in seinem Grundsatz noch aktuell. Der Grund, warum ich eine Low-Magic-Welt interessanter finde, liegt darin, dass diese viele Magie bei D&D mir zu sehr zur Voraussetzung geworden ist. Im Regelsystem benötigt man sie, um seinen Charakter weiterzuentwickeln und gerne ist die Magie einfacher Platzhalter für Erklärungen. Der einfache Mann wird herabgewürdigt und Magie wird alleine Mittel zum Zweck. Für mich hat die Magie in vielen High-Magic-Settings seinen Reiz verloren, was allerdings auch durch das D&D-System bestärkt wird. Der "Eine Ring" ist für die typische FR-Runde ja eher ein lächerliches Artefakt, selbst die spektakulärsten magischen Errungenschaften werden zu einem Alltagsobjekt usw. Das hat mich gelangweilt und mich vor das Problem gestellt, wie ich das lösen möchte.
Und daher kommt letztendlich auch die Beschäftigung mit der Frage, was Magie an sich sei, um sie wieder mehr wertzuschätzen und sie nicht nur als einfaches Werkzeug zu sehen innerhalb eines Systems. Und das führt u.a. dazu, dass die Enwe magieärmer sein soll, obwohl es "mächtige" Wesen gibt.
Auf der Enwe gibt es sie zwar, aber sie lauern nicht in jedem Dungeon, in jedem Wald, nicht in jedem alten Turm und nicht auf jedem Berg. Und das ist für mich ganz wichtig. Ich möchte Charakterentwicklung auf Charakterentwicklung und nicht auf die Entwicklung der magischen Gegenstände im Rucksack hinleiten. Das gelingt mir noch lange nicht, aber ich möchte eben, dass die Welt und die Charaktere darauf im Vordergrund stehen, und nicht ihre Ausrüstung und ihr Wertekanon. Und das schaffe ich am ehesten in einer Low-Magic-Welt
[1].
Das ist für die Runde an sich wenig spürbar, weil wir D&D spielen und ich in meinen Versuchen, D&D und Magie zu trennen, eher gescheitert bin. In der Kaiser-Runde hat das aufgrund des sehr engen Settings geklappt, doch hier wäre ich klar daran gescheitert, sodass es sich hier etwas anders anfühlt, als es für die Enwe eigentlich wäre. Dennoch versuche ich langsam ein anderes Gefühl dafür zu erwecken. Bspw. dadurch, dass Magie sich nicht auf alle und für alle gleich verhält, wie die Heilzauber bei den Alben gezeigt haben.