"...bezweifel ich persönlich, dass das Verbrechen organisiert war.", hallten Bittners Worte durch James Kopf, während er nur wortlos seinem Chief zunickte und aufstand, um zu seinem Auto zu gehen. Er verschloss vorher noch seine Thermoskanne und steckte sich für den Weg eine weitere Zigarette ein. Er fühlte das seltene Gefühl der Nervosität in sich. Hatte er heute morgen das Amitriptylin vergessen? Wahrscheinlich musste es daran liegen, vielleicht hatte er auch einfach falsch dosiert. Er blickte kurz zurück zu Rex, Ian und Egon. Nein, er hatte das Amitriptylin nicht vergessen. Woran lag es dann, dass er diese Unruhe spürte?
Während er zum Auto ging, dachte er weiter über diese Frage nach und wieder hörte er Bittners Worte in seinem Kopf.
"...bezweifel ich persönlich, dass das Verbrechen organisiert war." Dieser Satz schien James eine unwahre Aussage zu sein. Keine Lüge, aber eine unwahre Aussage. Aber warum sollte sich die Wut der Arbeitslosen so entladen und wenn das sogar den Bürgermeister derartig in Hinblick auf Rassentrennung interessierte, wieso sollte es nur ein ungezügelter Ausbruch sein? James war keine Koryphäe in der Massenpsychologie, aber er konnte sie nicht vorstellen, dass es einfach so, nur ob der melancholischen Schwärze, die auf Detroit lag, auf einmal ein zerstörerisches Feuer loderte. Nicht einfach so. Also war die Aussage von Bittner nur getätigt, damit James sich nicht zu sehr auf Ian konzentrierte? Damit er offen und nicht sofort wertend an die Aufgabe ging? Das musste es sein. Inzwischen war James mehr Journalist als Polizist, es war nur recht, wenn Bittner ihn auf seine Art und Weise daran erinnertem dass er jetzt wie ein Polizist und nicht wie ein Journalist denken musste.
James warf die abgebrannte Zigarette in eine Matschpfütze und setzte sich ins Auto.
Wie würden die ihm bekannten Journalisten wohl reagieren? Doherty timte seine Ankunft so, dass er ein paar Minuten nach seinen Kameraden kam. Er nahm die Kamera mit und hing sie sich um Hals. Er würde ein paar unterschiedliche Objektive brauchen, aber er würde viel Nahfotografie machen, um die vielen Spuren für sich festzuhalten. Er würde erst später die eigentliche Spurensicherung unterstützen können, die meisten hielten ihn doch für einen Journalisten, der maximal die polizistische Arbeit hin und wieder begleitete, aber auch Gewerkschaftsarbeiten. Sie würde alle denken, dass er deswegen an diesem Ort war. Und legte James mit geübten Handgriffen den ersten Film ein. Seine Spiegelreflexkamera, eine Nikon F2-Titan
[1], war recht neu. Aber sie hatte schon einiges erlebt, er mochte ihre schwere Handlichkeit, ihre massive Bauart, die sich weder von Regen noch von Erschütterungen schrecken ließ. Sie würde ihm bei diesem Mistwetter sehr hilfreich sein. Er suchte sich eine gute Position, um gute Aufnahmen zu machen. Doch bevor er sich darum kümmerte, hörte er mit einem Ohr den Polizisten zu. Am liebsten würde er die Journalisten befragen, aber er wusste, wie sie tickten. Erst die eigene Story, dann die Gerüchte. James machte aus der ungünstigen Position die ersten Fotos vom Tatort, während er beschloss, doch die Journalisten zu befragen. Sie hatten sicher damit gerechnet, dass James Doherty bei so einem Fall auftauchen würde.
"Und? Gibt es interessantes außer der polizistischen Standardaussage: «Wir wissen noch nichts. Treten sie von der Absperrung weg!»?", begann James dem ihm nächsten Journalisten anzusprechen, der keine perfekte Position hatte oder sich gerade vom Kampf um die besten Bilder erholte. James machte einen entspannten Eindruck und versuchte so immerhin an oberflächliche Informationen zu kommen. Dabei machte er auch weitere Bilder, vor allem auch von Ian, Rex und Bittner und den Polizisten vor Ort. Es würde seinen kritischen Auftritt glaubwürdiger erscheinen lassen und ihm die Chance lassen, über das morgendliche Treffen zu reflektieren, sobald er die Fotos entwickelte.