Brown
Der Mann wirkte etwas verwirrt und widerwillig. Es fiel Brown nicht schwer, zu schlussfolgern, dass sich der Mann verraten fühlte. Er hatte Brown alles erzählt, was er wußte, und musste nun doch mit auf das Präsidium. Statt auf freiem Fuß zu sein, würde er jetzt belangt werden wegen so etwas wie 'unterlassene Hilfeleistung' wenn nicht gar 'Beihilfe zum Mord'. Was war da schon ein Deal? Sehr erbost antwortete ihm der Mann: "Verdammtes Arschloch! Ich habe Dir doch schon alles gesagt, was ich weiß! Was willst Du noch? Was, verdammt, hast Du davon, wenn Du mich ans Messer lieferst? Aber ihr Bullen seid doch alle gleich! Euch geht es doch auch nicht darum, den Menschen zu helfen, sondern nur darum, Eindruck bei den Kollegen zu schinden, indem ihr wieder einen Nigger hochnehmt. Du sitzt jetzt am längeren Hebel, doch man sieht sich immer zweimal im Leben...", schimpfte er und seine Augen blitzten Brown böse an. Wasser lief ihm in Strömen von den Haaren, über das Gesicht in seinen Kragen. Er zitterte, doch ob vor Kälte oder vor Wut, das vermochte Brown nicht zu sagen.
Brown hatte sich versichert, dass er es schaffen würde, ungesehen zum Polizeiwagen zu kommen. Jetzt stand er vor der Entscheidung, den Schwarzen mitzunehmen. Entweder bestätigte er die, wenn auch unrechtmässigen, Vorwürfe des Schwarzen oder er würde seine Pflichten als Beamter nicht gerecht und zudem einen Zeugen verlieren.
Die Kollegen
Währenddessen warteten Browns Kollegen vergeblich und nach einiger Zeit wurde es ihnen zu blöd, da herumzustehen und sich den stillen Vorwürfen der SpuSi und der Reportern auszusetzen, untätig zu sein. Außerdem war es scheiße kalt und ungemütlich. Nicht einen Köter würde man bei diesem Wetter vor die Tür setzt! Also beschloßen sie, zu dem Sicherheitsbeamten zu fahren. Brown würde von den Leuten der SpuSi erfahren, dass sie vorgingen, und dann nachkommen können. Kollegial war das vielleicht nicht, allerdings auch nicht zu ungewöhnlich unter den höheren Beamten des DPD. Es schien tatsächlich so, dass das Miteinander umso unpersönlicher wurde, je höher man kam. Natürlich, denn auf der Karriereleiter kann immer nur einer nach oben kommen. Und Dohertys Überlegung mochte ebenfalls stimmen, denn je höher man kam, desto spezialisierter war man und desto individueller musste man seine Arbeit auch tun. Da war es schwer, noch allzu sehr an einander interessiert zu sein.
Also brachen sie nach Highland Park auf, das eigentlich eine eigenständige Stadt, innerhalb des Stadtgebiets von Detroit war. Sie fuhren die schlechten Straßen entlang, vorbei an alten Holzhäusern (immer mit der charakteristischen Veranda) die allesamt schon eie bessere Zeit gesehen hatten. Hier wohnten fast nur noch schwarze und wenige Polen und ein gutes Drittel war arbeitslos. Es fehlte also nicht an Zeit, die Löcher in den Dächern auszubessern oder neue Farbe aufzutragen. Die Frage war eher, ob es am Geld mangelte oder an der Perspektive, dass sich hier etwas bessern konnte, sodass alles hier herunterkam.
Ein Konvoi von Streifenwagen war hier zwar seltener, aber dann doch so häufig, dass die Menschen, die draußen waren, Blicke hinterherwarfen, doch andere nicht aus ihren Häusern herauskamen.
Sie machten vor dem Haus von West halt. Auch dieses war nicht gut in Schuß. Die Rollläden waren halb zugezogen. Von drinnen war der Fernseher deutlich zu hören. Irgendeine Spielshow. Der Moderator stellte den Kandidaten vor die Wahl, einen kleinen Gewinn zu nehmen oder aufs Ganze zu gehen. Zeit, für eine letzte Absprache.