Aufmerksam lauschte der Bärtige den Worten von Zarishu und nahm nickend zur Kenntnis, was sich alle hier Anwesenden sicherlich erhofft hatten: Reisende mit einem eigenen Ziel - keine Freimänner, oder anderes Volk, dennoch völlig war der Bann noch nicht gebrochen.
"In Ordnung gute Dame, Zarishu, werter Darelion! Es sei euch ein Gespräch gewährt, jedoch bestehe ich darauf, dass noch einige meiner Männer daran teilnehmen, falls euch das Recht ist. Mein Name ist Torgram, nur Torgram. Euer Anliegen klingt dem Guten und den Göttern wohlgesonnen, und doch muss ich Vorsicht walten lassen!"Torgram nickte den Beiden kurz höflich zu, und als zumindest Darelion schweigend beschloss dem Bärtigen zu folgen und vortrat, kam auch Zarishu dem Angebot nach. Ihr Begleiter schien eingeschätzt zu haben, dass sie die Situation unter Kontrolle hatten. Die Menschen verzogen sich wieder aus den Straßen und Isa und ihre Mutter verschwammen in der Ferne der Gassen. Alltäglichkeit und geschäftiges Treiben kehrte in die Straßen von Mauerseits zurück. Torgram und drei kräftig gebaute Männer größerer Statur führten die beiden Reisenden in eine kleine Hütte wenige Kreuzungen weiter. Gemeinsam betraten sie das einfache Haus und fanden sich in einer Art Besprechungszimmer wieder. Torgram hieß sie als hießiger Viertelvorsteher dieses Teils von Mauerseits willkommen in seinem trauten Heim und entschuldigte sich für die übertriebene Vorsicht. Sie ließen sich nieder und es wurde reichlich frisches Wasser und Brot herumgereicht. Ein einfaches Mahl, aber dennoch ein Zeichen von Gastfreundschaft. Torgram war kein böser Mensch und seine Begleiter dienten wahrhaftig nur seiner Furcht und Vorsicht!
"Die Freimänner - Zarishu, Darelion - ihr habt es gesehen und erkannt: Sie sind wahrhaftig ein großes Problem! Ein Zusammenschluss von Fanatikern und meiner Meinung nach völlig Irren! Ich kenne nicht einmal ihre genauen Ziele und ihre Zusammensetzung, noch - es ist einfach unglaublich gefährlich und uneinschätzbar! Sie wollen die Sklaverei abschaffen, eigentlich ein gutes Ziel, und nehmen von den Ärmsten! Suchen sich die Schwachen, uns hier in Mauerseits, und tyrannisieren uns..."Torgrams Männer bedienten sich an den Speisen und taten sich gütlich, sie lauschten den Worten ihres Meisters und nickten anerkennend und zustimmend. Der Bärtige fuhr fort:
"Sie haben ihren Sitz angeblich irgendwo direkt im Hafen von Eleder selbst. Räuberische Bande! Es ranken sich Gerüchte um einen Anführer unter ihnen, der sich aus der Masse von Gleichen hervorgetan haben soll: Umagro!"Ein Zittern war in seiner sonst so taffen Art und Stimme zu entdecken. Und auch die Männer um ihn herum zuckten kurz zusammen. Draußen kehrte inzwischen Stille ein über den Dächern von Mauerseits. Sie würden die Nacht irgendwo hier verbringen müssen, die Stadttore waren sicherlich schon geschlossen. Weiter vertieften sich Zarishu und Darelion in dem Gespräch mit Torgram, lauschten seinen Erzählungen
[1], bis Torgram irgendwann seine Mannen nach Hause schickte. Er bedankte sich und verabredete sich im Stillen noch für den nächsten Morgen mit ihnen. Auch bot er Zarishu und Darelion ein Zimmer für die Nacht an. Sie setzten die Besprechung fort...
Bis plötzlich, es war bestimmt schon die dritte oder vierte Stunde nach Sonnenuntergang, plötzlich die Holztüre von Torgrams Haus aufgestoßen, gar gewaltsam aufgetreten wurde - er hatte sie natürlich verriegelt gehabt. Und ein vermummter Mann von schlaksiger aber muskulöser Statur im Türrahmen stand. Er trug einen dunkelbraunen Umhang und eine tief ins Gesicht hängende Kapuze. Zwei helle Lederarmschienen mit goldenen Beschlägen bedeckten seine Arme und reiche, schwarze Stiefel schmückten seine Füße. Eine schwere Armbrust im Anschlag richtete er seinen Hinterhalt in den Raum aus:
"Torgram, Umagro lässt dich wissen, du solltest es unterlassen, Fremde in deine Unterfangen gegen uns einzubeziehen: Wisse, sie bezahlen dies mit dem Leben, genauso wie du, wenn du nicht aufhörst uns zu schaden!"Und mit diesen sonderlichen Worten schritt er kurz hinein in den Raum und feuerte aus nächster Nähe seinen stählernen Bolzen gen Darelion. Der Lichtbringer war aufgesprungen, versuchte verzweifelt den Stuhl vor sich hochzureißen, als er begriff, was geschah, doch seine Reaktion kam zu spät. Der Angreifer war schnell wie ein Lichtstrahl der Sonne und unerkenntlich wie ein Schatten - und so traf der Bolzen den Hünen mitten in die Stirn. Der offensichtliche Freimann lachte gellend auf, als er in die verdutzten Augen Darelions blickte. Der Kämpfer stürzte stumm und willenlos nach hinten weg und schlug dumpf auf dem Boden der Hütte auf. Torgram sprang auf und griff nach einer kleinen Axt, die nahe der Treppe stand, die in die oberen Gemächer führte.
"Zarishu, passt auf! Kümmert euch um euren Gefährten!"Und der Hausherr stürzte sich auf den Attentäter. Hieb sorgsam gezielt mit der Axt nach ihm und trieb ihn aus dem Haus hinaus. Wie Zarishu wahrnehmen konnte, alles spielte sich wie ein böser Traum vor ihr ab, konnte der Bärtige dem Freimann trotzdem keinen Treffer verpassen. Denn der Angreifer floh in die Nacht hinaus! Torgram löste mit einem großen Horn Alarm aus und die ersten Bewohner stürzten vom Lärm aufgeweckt aus ihren Häusern. Erneut brach ein kleinerer Tumult draußen los...
Währenddessen Zarishu um den Tisch herum zu ihrem Gefährten Darelion stürzte. Doch um Darelion war es geschehen, unter seinem großen Körper war eine noch größere Lache dunklen Blutes zu sehen, die sich schnell vergrößerte. Seine treuen und ehrfürchtigen Augen waren weit und starr aufgerissen, sein Mund wie zu einem Schrei verzerrt, doch es herrschte Stille - Totenstille...