Die Sklavenpferche - Teil 1:
"Er schläft für ein paar Augenblicke. Wenn einer von euch uns von seinem Geist erlösen möchte, ist jetzt der beste Zeitpunkt um auf zu stehen und ihm die Kehle durch zu schneiden!" Raunt Necahual kaltblütlig ihren Mitgefangenen zu.
Yaotlchones Ohren beginnen zu rauschen als Tlacatl seinen ursprünglichen Namen zurückweist. Der Krieg stürzt sich in seinem Körper und beginnt durch ihn hindurch zu marschieren. Die Blutbahnen hallen in immer stärkeren Pulsieren die Schritte wieder und beginnen sich als violett schimmernde Bahnen sich an Yaotlchone's Hals abzuzeichnen. Der vorher in schwacher Demut gesenkte Kopf wird vorerst nur mit einer verkrampften Kraftanstrengung in dieser Position gehalten. Die Drohung des Aufsehers, Tlacatl das Fleisch von den Knochen zu trennen und ihm dadurch mit dem Tode droht sprengt Yaotlchones angespannte Ketten der Selbstbeherrschung. Seine Muskeln beginnen sich anzuspannen, drücken auf die Fesseln bis die Haut um die Kontaktstellen weiss wird. Auf ein grollendes Keuchen folgt ein kurzer Moment Stille. Dann birst mit einem Knacken der Stock, der die Arme auf dem Rücken hielt. Ein dumpfer Knall kündigt vom Reissen des Seils, das Yaotlchones Hände band. Wie ein Jaguar schlägt er mit seinen zu Pranken geformten Fingern nach der Halsfessel und zerreisst sie.
Yaotlchones Brust dehnt sich aus, als er mit einem langen Atemzug die Freiheit wittert. Langsam hebt sich sein Kopf aus der gesenkten Position und richtet mit sich den gesamten Körper zu einem stolz Aufrecht stehenden Krieger. Animalischer Irrsinn spricht aus seinen Augen. Die Iris ist vollständig verschlungen von den geweiteten Pupillen. Unzählige Blutäderchen färben das Weiss der Augen zu einem beinahe leuchtendem Rot.
Schleichend, lauernd schiebt sich Yaotlchone zum Liegenden Aufseher hin. Es scheint, als folge der Rest des Körpers seinen mordlüstern nach vorne gestreckten Händen, deren Finger sich wie die Klauen einer Raubkatze von der Handfläche abspreizen.
Tlacatls Blick färbt sich etwas, als aus dieser Situation eine undurchsichtiges Wirrwarr von Blut und Hass zu werden scheint. Der Zeitpunkt der Flucht ist gekommen, mit dem Zusammenbrechen des Wächters und dem gewaltigen Ausbruch des Menschen in der Mitte der Fesselung. Ein Zeitpunkt, den sie nicht verstreichen lassen dürfen, denn der Preis für ihren Versuch würde der Tod sein, eingedenkt dessen, dass auf ihrer Reise bereits potentielle Opfer für weniger erschlagen worden sind.
Tlacatl und Necahual können sich nun besser bewegen, weil sie nur noch zu zweit an einem Stück der Fesselung hängen. "Ich habe jedoch nicht so urwüchsige Kraft.", muss Tlacatl sich eingestehen und überlegt, wie wahrscheinlich es sein wird, wenn er sich an seiner Fesselung zu schaffen macht. Andererseits ist das ihre Fesselung beschädigt und wahrscheinlich wird es leichter sein, sich zu befreien. Dennoch beobachtet Tlacatl noch für einen Moment die Situation. "Ob der Jaguar auch unsere Fesseln sprengen kann?", fragt Tlacatl den sich an den Wärter anpirschenden Mann offen. Die Ohren jedoch in den Wind haltend, ob andere den Ausbruch schon mitbekommen haben. Wenn ja, wird es Tlacatl zur Eile antreiben.
Torkk, welcher die Worte von Tlacatl in Sachen sein Name wäre Mensch auf sich hat wirken lassen und begann zu begreifen, findet sich plötzlich in einer Situation wieder, wo es Zeit wurde zu handeln.
Denn wann würde nochmal solch eine Chance zum Ausbruch und zur Flucht bestehen?
Und so sieht Torkk nichts anders als diese eine Chance und versucht diese zu nutzen, indem er laut auf Echsisch - der Muttersprache der Echsen - ein "Zaltec!" faucht und dabei seiner Muskeln anspannt, um wie wild und wie ein an Luft gesetzter Fisch im Netz seine Fesseln zu lösen und zu sprengen.
Seine Klauen und seine Schuppenstacheln sowie -hörner helfen dem Echsenmensch dabei und machen ihm große Dienste, wobei Torkk ruckartig nach seiner Befreiung auf den von Necahual ausgeschalteten Wächter kehlig fauchend zuspringt, um demnächst seine scharfen Zähne in die Kehle des Wächters zu rammen.
Nach dieser qualvollen langen Reise, scheint sich das Glück den Gefangenen endlich zuzuwenden. Nicht nur, dass es Necahual gelingt den Wächter in einen sanften Schlummer zu schicken. Nein es gelingt Yaotlchone sogar in wilder Wut seine Fesseln zu sprengen. Dank der gelockerten Fesseln gelingt es sogar Torkk sich der seinen zu entledigen, wobei er sie schlichtweg mit seinen Dornen und Schuppen zerfetzt.
Tlacatl horcht aufmerksam auf, doch der Tumult hier drin scheint für den Augenblick unbemerkt geblieben zu sein. Er kann nichts Verdächtiges hören, außer den Alltagsgeräuschen der Stadt. Doch für den Augenblick kann der Lopango und der Fremde ohne Namen noch nichts tun. Letzter windet sich wie wild in seinen Fesseln, doch kann er sie anders als Yao nicht abstreifen.