Mystral stellte bei den Gesprächen fest, dass nicht alle der Krieger ihr als Leibgarde dienten. Nur noch zwei weite Krieger reisten zu ihrem Schutz mit. Es waren zwei Männer die nicht wirklich auffällig waren. Der eine von ihnen hieß Tal und der andere Mark. Tal hatte kurz geschorene Haare, eine raue Stimme und wenn Zeit war einen derben Scherz auf der Zunge. Hierfür wurde er des öfteren von Hanna angeblafft aber er war eine treue Wache und er ertrug die Schälten immer mit einem frechen, anzüglichen Grinsen. Ganz anders war Mark. Er war einer von der stillen Sorte der nur sehr wenig sprach. Oft ritt der Bogenschütze allein als Kundschafter voraus oder ritt hinter Mystral und den anderen her. Abends wurde er nur zur Essensausgabe am Lagerfeuer gesehen. Die anderen Krieger tuschelten ab und an über ihn. Sie sagten er sei ein Halbblut und habe eigentlich spitze Ohren, welche er gestutzt habe. Tatsächlich fehlte von seinem linken Ohr ein gutes Stück, doch die fettigen mittellangen schwarzen Haare ließen nur selten einen Blick darauf zu.
Alle anderen Krieger waren der Herold unterstellt. Sie waren die versprochene Unterstützung für die schwächelnde Burg. Für Mystral viel es leicht sich ihre Namen zu merken. Dieser Versuch und auch Mystrals Künste wurden während des Tages und am Abend wohl geschätzt. Selten wurden Soldaten von einem so begaben Barden oder Musiker begleitet. Allein mit der Herold, welche Isolde hieß, kam Mystral nur schwer auf einen grünen Zweig. Sie hatte sich wohl zur Untersuchung der Vorfälle einen Ritter oder Gelehrten gewünscht und keine Bardin. Doch nachdem sich die Gruppe in Rochburg, dem Stammsitz des Fürstenhauses Rocho, verdoppelt hatte und die Ordnung in der Gruppe zu schwinden drohte, schien sie nicht mehr so abweisend zu Mystral zu sein. Denn es war die Musik von Mystral, welche den Soldaten die Reise erleichterte und so die Moral deutlich hob.
Über die Anführerin ihrer Garde erfuhr Mystral einiges. Die Soldaten respektierten sie, sie sprachen fast immer nur gute Worte über Hanna. Mal davon abgesehen, dass sie sie als Mannsweib betitelten. So war sie anscheinend eine gute Strategen, eine der besten Kämpferinen überhaupt und absolut loyal dem Fürsten gegenüber. Von Hanna erfuhr sie, dass sie die Tochter eines verarmten Ritters ist. Sie habe schon früh das Kämpfen gelernt und wolle im Dienste des Fürsten eines Tages auch zum Ritter geschlagen werden. Diese Mission hier könnte ein wichtiger Schritt zum Ritterschlag sein.
Von Richert erfuhr Mystral dagegen deutlich weniger. Er schien erleichtert zu sein, nicht all zu viel für Mystral tun zu müssen aber das machte ihn nicht sehr sprach freudig. Sie erfuhr nur, dass er aus der Nebra kam. Einer Stadt an einem riesigen See umgeben von der südlichen Steppe. In Nebra führte Richert kein angenehmes leben. Er war ein Straßenkind bis der Fürst, oder besser gesagt die Wachen des Fürsten ihn ergriffen. Wie und warum das erzählte er Mystral nicht. Seit diesem Tag lebt er im Fürstentum Campo Rocho und wurde als Diener mit besonderen Aufgaben ausgebildet. Auf die Frage was die besonderen Aufgaben sind, meinte er nur das er Dinge findet kann wo kaum jemand hin kann.
Vor dem schlafen gehen, alleine in ihrem Zelt, dachte Mystral ein Nacht daran was sie auf ihrem letzten Abenteuer erlebt hatte. Am Ende war es gar nicht so gut gelaufen beim Wüstenstamm. Mit den Anderen ihrer Gruppe, außer Daren, hatte sie Kassar unterstützt. Als der Tot seines Vaters nahte und das Wesen, welches das Dorf transportierte einige Tage ruhte, führte Kassar seine Helfer zum eigentlichen Ziel des Dorfes. Die Blaue Festung lag scheinbar nur in der Nähe und das eigentliche Zeil war die Ruhestätte des Klans. Es war ein unterirdisches Gewölbe mit vielen Grabkammern und etlichen Fallen. Tief im inneren fanden sie den Speer des Lichts. Er befand sich in den leblosen Händen des mumifizierten ersten Anführers des Klans. Kassar hatte sich nicht in die Grabkammer begeben und Mystral war schon bald klar geworden warum. Denn als Donaar nach dem Speer griff, erschien der Geist des Ahnen. Sie spürten sofort eine Grabeskälte doch der Geist griff nicht wütend an. Statt dessen stellte er Fragen, fragen um zu prüfen ob jemand würdig war den Speer zu tragen. Fragen die Kassar unmöglich richtig beantworten könnte, denn seine Motive waren niederer Natur. Selbst Mystral konnte nicht alle Fragen des Geistes alleine beantworten aber zusammen gelang es dem Geist zu Beweisen, dass sie insgesamt würdig waren.
Im Dorf war Kassars Vater in der Zwischenzeit gestorben und alle hatten sich im Haupthaus versammelt um seiner zu gedenken und Liana als Anführerin einzusetzen. Genau in diese Zeremonie war Kassar mit dem Speer in der Hand hineingeplatzt. An seiner Seite Stand Donaar, während die Anderen der Grabräuber sich zurück hielten. Kassar forderte für sich die Herrschaft ein und verlangte von seinen Geschwistern sich zu beugen. Doch Liana weigerte sich und es kam zum Streit. Der jüngere Bruder, der kein Interesse an der Führerschaft hatte, und Fara, welche ihren Fehler bemerkte hatte, versuchte den Streit zu schlichten. Doch Kassar und auch Donaar der sich einmischte waren nicht zu halten. Merev wurde von seinem eigenen Bruder durch den Speer des Lichts verletzt. Der Streit eskalierte. Einige der Dorfbewohner ergriffen für Kassar die Waffen andere für Liana. Donaar kämpfte an Kassars Seite, Fara an Lianas Seite und Mystral selbst hatte sich aus dem ganzen heraus gehalten. Sie half Daren den verletzten Merev zu behandeln. Am Ende des Kampfes hatte Liana gewonnen. Doch zu einem hohen Preis. Um ihren Bruder zu besiegen hatte sie sich auf ein schweres Manöver eingelassen. Doch anstelle ihren Bruder zu treffen, verkeilten sich die Waffen der Beiden unglücklich und der Speer des Lichts zerbrach. Wütend über das Unglück erstach Kassar seine Schwester mit dem Stiel des Speeres. Die ihm noch trau ergeben Krieger, die jüngeren des Dorfes, zerrten ihn vom Feld. Auch Donaar verschwand mit dem Schwestermörder.
Am nächsten Tag, Merev war gerettet und trauerte mit den Ältesten über die Ereignisse der letzten Nacht, fand Mystral die Spitze des zerbrochenen Speeres. Sie schien immer noch Kraft in sich zu haben, doch anstelle sie zurück zu geben, steckte Mystral die Spitze ein. An das zweite Ende des Speer gelange Mystral nicht. Es wurde scharf bewacht. Das Mystral und Fara dem Schestermörder geholfen hatte, wurde ihnen verziehen. Denn sie konnten nicht wissen was passieren würde und im richtigen Moment hatten sie sich für die richtige Seite entschieden. Allein Daren trug seine Abneigung offen. Er bleib beim Stamm, den nun Merev führte, als sie die Blaue Festung erreichten. Von Donaar, Kassar und den anderen Kriegern die nun als Geächtete durch die Wüste streiften, hatten sie bis dahin nichts mehr gehört.
Am folgenden Abend waren diese Erinnerungen wieder in Mysral Kopf eingeschlossen.
Nachdem die Gruppe die kleine Stadt Grünau passiert hatten, es waren insgesamt vier Tage seit der Abreise vergangen, merkte Mystral warum sie keine Kutsche nehmen konnten. Der Weg war zwar immer noch mit guten Steinen befestigt, sie befanden sich nun auf der östlichen Königsstraße, aber der Weg hatte schon einmal bessere Tage gesehen. Mit der Zeit hatte sich Bäume auf dem Weg angesiedelt, welche die Steine aus der Erde hoben. Nur noch in der Mitte war das passieren möglich und an einigen Stellen war der Weg so eng geworden, dass das Passieren für eine Kutsche unmöglich war. Der Wald rings um war nun auch ein anderer. Hier wuchsen keine Nadelbaüme mehr sondern Laubbäume. Dicht aneinander gereiht standen sie rechts und links des kläglichen Königsweges.
Angeblich würde es bis zu ihrem Ziel noch gute zwei Tage dauern, doch Mystral sah es nicht so. Immer wieder langen umgestürzte Bäume auf dem Weg und mussten überwunden werden. An einem besonders dicken mussten sie stehen bleiben. Isolde befahl vier Männern abzusitzen und einen Weg um den Baum zu suchen. Zwei der Männer gingen nach rechts und zwei nach links. Das ganze würde nun einige Zeit dauern und wenn noch mehr von solchen Bäumen auf dem Weg lagen, würde nichts aus den nun noch einem Tag werden.
Leichtes murren vernahm Mystral genau über dieses Thema von einem Soldaten als aus dem Wald ein Schrei zu hören war. Er kam von rechts. Dort wo ja zwei Wachen im Getrüb verschwunden waren.