Im Zeitungsarchiv muss Mephisto lediglich eine Stunde mit Warten verbringen, ehe die Archivare die geforderte Ausgabe heraussuchen. Anschließend verbringt der Adlige eine weitere Stunde damit, das etwas vergilbte, aber ansonsten gut erhaltene Exemplar durchzusehen. Er muss sich erst durch etliche belanglose Artikel über geänderte Steuersatzungen, kirchliche Stiftungen, lokale Feiern pflügen, bevor er auf einen interessanten Eintrag stößt - den Bericht über einen Zwischenfall im Ogryndorf mit dem kuriosen Namen Rittverb: Nachdem ein Mitglied der abhumanen Gemeinde begann, über alle Maßen zu mutieren, schlugen ihn die restlichen Orgyns nieder und holten brav einen Kleriker in ihr Dorf, der den Boden weihte und eine Kapelle für die hartköpfigen Bewohner baute. Zunächst kann der al'Maro keine Verbindung zwischen dem Artikel und der unheilvollen Prophezeihung herstellen, dann fällt ihm jedoch ein, dass Rittverb in der Nähe der Gegend liegt, in der die 'Rote Träne' gesichtet wurde.
Bei seiner anderen Suche wird Mephisto schnell bewusst, dass die Inquisition und ihre Agenten absolut unauffindbar sind, wenn sie nicht gefunden werden wollen. Zwar hat der Ex-Militär aufgrund des unrühmlichen Zwischenfalls in seiner Vergangenheit einige Vermutungen, welche politischen oder kirchlichen Funktionäre eventuell als Kontakte oder Informanten für die Heiligen Ordos dienen könnten, doch in der Praxis bekommt er aus ihnen kein Wort über dieses Thema heraus. Er kann weder feststellen, wer von ihnen blufft und wer tatsächlich nichts weiß, noch erahnen, welche Wellen seine Nachforschungen geschlagen haben.
Mit einem unguten Gefühl durchschreitet der Generalmajor-ade die nächtlichen Straßen von Schildburg...
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"Ich war erst bei den Arbites, sie haben dein Phantombild mit ihren Aufzeichnungen verglichen," erklärt Nina dem Psioniker, "es hieß, du oder jemand Ähnliches wäre schonmal in diesen... Slums gesichtet worden." Ganz offensichtlich empfindet die Adlige keine Verbundenheit mit der Gegend, in der sie sich gerade aufhält - und hat auch keine sonderlich gute Vorstellung von all den labyrinthartigen Arbeiterdistrikten Schildburgs. "Ich wollte nicht ewig warten, also habe ich mich selbst auf die Suche nach dir gemacht. Und dann...habe ich mich verlaufen," gibt die junge Frau widerwillig zu. Über ihre Geiselnahme schweigt sie sich gänzlich aus.
Als Thomas Nina an der Schulter berührt, kann er ihre Nervosität förmlich spüren. Doch die Lowbridge versucht, sich zusammenzureißen. "Na schön, gehen wir. Bevor... bevor noch irgendwas Schlimmes passiert."
Sie kommt jedoch nicht dazu, mehr zu sagen. Auf das Klopfen hin schwingt die bekritzelte, angerostete Metalltür wie von Geisterhand auf, ohne dass irgendjemand dahinter steht.
"Herein, Unruhestifter," lädt eine tiefe Frauenstimme die beiden Besucher ein. Nina wirft Thomas einen zweifelnden Blick zu, folgt ihm jedoch in die winzige Wohnung. Diese besteht aus einem kurzen Flur, aus dem rechts eine Tür in ein vermutlich klaustrophobisch winziges Badezimmer führt und der in einer nicht viel größeren Stube endet. Eine Kochnische, eine Metallkommode und ein Bett rauben den meisten Platz, und der Rest reicht gerade mal für einen kleinen runden Tisch und einen Stuhl, auf dem eine Frau schwer einzuschätzenden Alters sitzt. Sie trägt ein dunkles, mehrfach geflicktes Kleid, ihr dunkelrotes Haar ist etwas unordentlich hochgesteckt, und ihre Augen werden von einem schwarzen Tuchstreifen verdeckt. Nichtsdestotrotz brennen auf dem Tisch zwei flackernde Kerzen, die unheimliche Schemen über eine milchige Kristallkugel treiben. Auch wenn Thomas selbst eine Verbindung zum Immaterium besitzt, fühlt er sich in der Gegenwart der Hexe nicht wohl - und Nina, die nur noch wie ein blasser Schatten wirkt, erst recht.
Mit einem dumpfen Aufschlag schlägt die Eingangstür hinter den beiden Gästen zu, nachdem die Hexe einen Zeigefinger gekrümmt hat. Nina zuckt zusammen, was der blinden Seherin ein boshaftes Grinsen entlockt.
"Sie alle wollen etwas wissen," begrüßt die Blinde Elga die beiden jungen Leute auf eine sonderbare Art und Weise. "Aber sie sind fast immer so widerspenstig. Wollen den Preis nicht zahlen."