Es ist soweit. So, wie alle Jubeljahre einmal, soll dieses Jahr wieder eine Expedition tapferer Dorfbewohner den gefährlichen Weg zur Krypta von Kassen auf sich nehmen, um dort die alte Laterne über dem Grab des Siedlungsgründers neu zu entfachen.
Dieses Ereignis markiert zugleich auch das Ende des Sommers und - weitaus wichtiger für so manchen - den Beginn des Erntefestes.
Normalerweise gehen der Bürgermeister und einige ältere Dörfler allein zur Krypte, es sei denn, es finden sich genug junge Burschen, die willens sind, auszuziehen. Denn dann wird aus dieser Zeremonie zugleich eine Reifeprüfung.
So auch in diesem Jahr.
Die Glocke auf dem Erastiltempel läuten die Mittagsstunde ein. Noch bevor die letzten Glockenschläge verklungen sind, beginnen die ersten Dorfbewohner, sich auf dem kleinen Marktplatz zu versammeln. Man trägt an diesem Tag schwarz, wie auf einem Begräbnis - die Kleidung wird erst nach Ankunft der Helden gegen etwas Farbenfroheres eingetauscht.
Langsam und still versammelt sich das Dorf auf dem Platz.
Nach ein paar Momenten der Stille drängt sich Bürgermeister Uptal, ein rundlicher Mann mit Halbglatze, durch die Menge, in einer Hand eine alte silberne Laterne.
Hinter ihm zieht ein altes Pony - sein eigenes - einen Karren mit mehreren Rucksäcken.
Uptal bewegt sich bis zur Mitte des Platzes, hebt die Laterne hoch und ruft mit klarer Stimme, " Wieder einmal ziehen eisige Winde durch den Fangwald und bezeugen das Ende einer Erntezeit.
Wölfe ziehen durch die Wälder, heulen vor unseren Türen und Schlangen zischeln in unseren Schatten. So wie es war vor 175 Jahren, als der tapfere Held Kassen auszog, unsere Vorväter zu beschützen, so ist es auch heute.
Wo sind die Helden? Wo sind die tapferen Gefährten, die ausziehen werden, um aus Kassens Grab die Flamme zu holen, die uns sicher durch den Winter bringt?"
Er verstummt und wartet...