Simon hatte auf dem Weg zum Lager an Krok’las Zurechnungsfähigkeit gezweifelt, aber auch mit dem Gedanken gespielt, dass der schwerverletzte Craynarbier womöglich unter Schock stand und deswegen unter Verfolgungswahn litt. Mitgenommen, wie der arme Mann war, konnte das gut möglich sein. Jedoch tat sich, sobald sie ihr Ziel erreicht hatten, ein ganz anderes Bild auf: Offenbar hatte Krok’la die Wahrheit gesagt. Er und seine Freunde waren tatsächlich angegriffen worden – nur sah es ganz danach aus als habe das mysteriöse Ungeheuer, vor dem der Craynarbier geflohen war, in der Zwischenzeit den Rest der ersten Abenteurergruppe massakriert. Oder waren es mehrere Kreaturen gewesen, die dieses Gemetzel veranstaltet hatten? Oder war der Gruppe etwas oder jemand anderes zum Lager gefolgt?
Wer oder was es auch gewesen war: Der Anblick, den die Szene des überrannten Lagers bot, war erschreckend. Überall war Blut und auf Anhieb waren vier Opfer zu erkennen. Den lauten Ausbruch der Trauer, den Krok’la zeigte, konnte Simon gut nachvollziehen. Er selbst stapfte mit offenen Augen, vorsichtigen Schritten und mit seinem Säbel in der Hand auf das Blutbad zu. Mitglieder der Gruppe begannen bereits mit Untersuchungen und Begutachtung der Lage. Simon blieb wachsam. Auch wenn Wolfhard dazu aufgefordert hatte, dass jemand Wache halten sollte, hatte für den jungen Sondergardisten die Aufklärung der Geschehnisse hier im Lager die gleiche Priorität. Er wollte wissen, womit sie es zu tun hatten. Hatte ein Wesen diese Abenteurer niedergemetzelt oder waren es mehrere gewesen? Tiere oder doch humanoide Dschungelbewohner? Oder vielleicht Leute aus zivilisierteren Gefilden? Schmuggler? Gesetzlose? Eine weitere Gruppe, die hier auf der Suche nach irgendetwas war?
Simon hielt, während er mit bedächtigen Schritten umherging und sich umsah, Ausschau nach Dingen, die ihm seltsam vorkamen, weil sie in einem Lager wie diesem wohl nichts zu suchen hätten. Dinge, die nicht danach aussahen als könnten sie den Opfern gehört haben.
[1] Des Weiteren suchte er zwischen all den anderen Spuren nach Spuren, die hervorstachen, weil sie womöglich nicht von Menschen stammten.
[2] Klauenabdrücke am Boden, Fell, Schuppen… Irgendetwas. Denn wenn nichts darauf hinweisen würde, dass hier Tiere gewesen waren, müssten sie fest damit rechnen, dass Personen Krok’las Freunde abgeschlachtet hatten. Vielleicht waren sie noch in der Nähe und versteckten sich im Unterholz – beobachtend und wartend, bis sie hervorbrechen und auch die Neuankömmlinge angreifen würden. Doch anstatt sich nur auf seine Augen zu verlassen, griff Simon zusätzlich noch auf etwas anderes zurück: seine Irrnebelmagie. Mit ein wenig Ruhe und Konzentration versuchte Simon, andere Lebewesen in seiner Umgebung auszumachen, die vom Erdenfluss oder sogar vom Irrnebel berührt worden waren.
[3] Als Sondergardist war ihm die Gefahr, die der Irrnebel mit sich brachte, ständig bewusst – nicht umsonst hatte man ihm den Bänderring angelegt. Der Irrnebel konnte Personen, die er befiel, jederzeit verrückt machen. Und was wäre verrückter als ein Gemetzel wie dieses hier? Die Weltensänger jagten Irrnebler, die sich den auferlegten Regeln wiedersetzten. Aber hatte vielleicht ein oder mehrere Irrnebler hier im Dschungel Zuflucht gesucht? Oder steckte eine ganz andere Art von magischem Wesen hinter dieser Untat? Simon wollte nichts ausschließen und sich möglichst sicher sein, was ihn erwartete, bevor er die Verfolgung aufnehmen würde.