Ich habe damals vor allem geschrieben, dass es ein brauchbares Debüt sei; und warum ich mich dagegen weigere für alles gleich Superlative oder Elative zu nutzen, um es zu beschreiben. Einen solchen Elativ zu nutzen, das wäre einfach falsch, doch das soll nicht trüben, dass dies eine gelungene Runde war, für deren Beendigung ich wirklich dankbar bin.
Zuerst einmal gebührt dir nämlich höchstes Lob dafür, dass du die Runde zuendegebracht hast. Das ist nicht wirklich leicht, weil du genau jene Entwicklung erlebt hast oder haben dürftest, die jeder Spielleiter im Laufe einer Onlinerunde erleben wird. Eigene Ungeduld, eigene Zeitlosigkeit, Motivationslöcher und Motivationsschübe, die im Moment ihrer Dauer nur bedingt geteilt werden und nicht immer ansteckend sind, ausfallende Spieler und Spieler, die sich genau mit denselben Problemen rumschlagen, denen auch du als Spielleiter ausgesetzt warst. Du hast geschrieben, dass du darüber nachgedacht hast, die Runde an den Nagel zu hängen und sei froh, dass du es nicht getan hast, denn diese Symptome sind typisch für ein Rollenspiel im play-by-post-Format und dürfen - meiner Ansicht nach - nicht falsch interpretiert werden. Und die häufigste, falsche Standardinterpretation ist, dass die Runde daran eine maßgebliche Schuld trägt. Obgleich ich nicht verneinen kann, dass eine Runde bei der Unlust eine zentrale Rolle spielen kann, liegt das eigentliche Problem häufig woanders begraben; nämlich an der Kleinschrittigkeit des Vorankommens, das eine ganz andere Motivation zu beachten hat und eine ganz andere Herangehensweise samt unterschiedlichem Verständnis des Ablaufes. Es ist eine Langzeitaufgabe, in dessen Rahmen sich häufig etwas bei den Spielern verändert und auch beim Spielleiter, was Zeit und Motivation angeht. Nicht umsonst sind es häufig die Spielleiter und Spieler, die kurzfristige Motivationen haben, die am ehesten die Runden wieder eindampfen müssen. Stimmung und Motivation sind also beim play-and-post, genauso wie die Möglichkeit Zeit dafür einzuplanen, sehr schwankend und genau diese Probleme siehst du unabhängig von der Qualität der Runde immer wieder vorkommen. Es ist schon so, dass die Lust an einer Runde dies beeinflusst, aber nicht so, dass es dies wirklich bestimmen kann; selbst perfekte Runden haben Zeiten geringerer Beteiligung. Ich erkläre das ausführlich, weil ich darin eine große Leistung sehe, eine Runde über 17 Monate (und aktiv ingame 16 Monate, du hast dich also verrechnet
) am Leben zu erhalten mit nur kleinen Einbrüchen letztendlich. Glückwunsch dazu.
Die restlichen Punkte werde ich wie beim letzten Feedback abhandeln.
Steampunk-Feeling:Wie beim letzten Feedback hatte ich nicht wirklich das Gefühl, dass der Steampunk gefehlt hat, gerade nicht wegen des Labors. Weiterhin hätten die Spieler auch mehr davon tragen müssen, um dies zu umzusetzen. Ich denke aber, dass dies so in der Art in Ordnung war, auch wenn du dir das vielleicht aufgrund der Vorlage etwas steampunk-tastischer vorgestellt hast.
Postingrate:Aufgrund der vielen, zeitlichen Probleme ist die etwas in den Keller gegangen, aber sie war letztendlich so kommuniziert und akzeptiert von jedem. Das hat sicherlich die eine oder andere Szene verhindert, aber das sehe ich im Gesamtbild nicht zu problematisch. Bei vielen ist die Zeit knapper geworden, die Spielerausfälle haben sicherlich auch etwas Kraft gekostet. Was jedoch auch ein bisschen Kraft gekostet hat, war deine vielleicht nicht gut kommunizierte oder vielleicht etwas unterschätzte Zeitansicht, da wir quasi über einen halbes Jahr darüber gesprochen haben, dass es fast zuende ist und du dann doch immer auf alle warten wolltest. Das ist nicht schlimm, aber hat das Tempo sicherlich nicht beflügelt (wenn es denn zu beflügeln gewesen wäre.).
Interaktion zwischen den SCs:Der Umgang der Spieler untereinander emfand ich gerade zum Abschluss hin als Kirsche auf dem Eisbecher. Gerade dass es am Ende nochmal zu einem inneren Zerwürfnis kam, hat dem Ganzen nochmal eine spannende Wendung gegeben, weil sie sich dann ja auch zusammengerauft haben, und nicht wegen eines Gruppenfriedens, sondern weil jeder eine Entscheidung aus seiner Sicht treffen konnte, und sie damit plausibel machen konnte. Dass es ansonsten ruhiger wurde, lag vor allem an der Postinggeschwindigkeit und dass jeder darauf eingestellt war, dass die Runde bald enden würde. Zudem habe ich für mich auch etwas den Kontakt zu Marguerite verloren im Laufe des Abenteuers, weshalb ich Shiver (nicht nur im letzten Beitrag, sondern durch das ganze Spiel) habe sich von ihr entfremden lassen auf seine Weise. Für das deutlich langsamere Tempo war die Interaktion aber mehr als solide, meiner Meinung nach.
Kämpfe:Die restlichen Kämpfe fand ich besser gesetzt als diese Kämpfe zwischendrin. Sie haben dann mehr beigetragen als dass sie vom Spielfluss abgelenkt haben. Und sie waren relativ spannend. Das ist gar nicht so leicht zu erreichen. Und die restlichen Gegner haben auch mehr die Atmosphäre mitgetragen.
Story-Arc:Auch wenn du im Rahmen was möglich war, improvisiert hast, hatte es einen Zusammenhang, der klar erkennbar war. Und ich würde zu diesem Vorgehen auch raten, denn deine Improvisation hat die Gedanken, Befürchtungen und das Foreshadowing der Spielercharaktere berücksichtigt und wenn du das absichtsvoll getan hast, Hut ab. Dadurch fühlen sich die Charaktere nämlich sehr nah an der Geschichte und gut eingebunden, und dass sich vieles nicht genauso, aber doch ähnlich entwickelt hat, wie die Spielercharaktere es von allen Seiten zumindest einmal angedacht haben und diese angedachten Themen eine Rolle spielten, hat ein sehr tief in McKinkais Schicksal eintauchen lassen, auch wenn der Abschluss das aus Torschlussgründen in einem Beitrag war. Wäre das nicht so geschehen, wäre der Abschlussbeitrag wahrscheinlich sehr uneffektvoll gewesen. Zudem fand ich die Geschichte zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar, du hast für mich also zusammenhängend und gut improvisiert. Der Storyarc lässt mich befriedigt zurück.
Spielleiterneulinge:Dazu habe ich mich im letzten Beitrag ausreichend geäußert.
Atmosphäre:Die fand ich im Labor gut gelungen. Ich hätte mir manchmal gewünscht, dass du sie noch etwas kräftiger verfolgst, vielleicht hättest du darüber etwas von der Welt mitgeben können, ohne alles im Detail beschreiben zu müssen. Mehr auf das Spielgefühl zu gehen denn auf die Weltbeschreibung; die Gefahr noch deutlicher einfließen zu lassen möglicherweise. Insgesamt konnte ich mich gut in die Spielwelt einfügen.
Zu deinen sonstigen Punkten ist zu sagen, dass ich die NSCs nicht unbedingt gebraucht habe, aber ich durchaus sehe, dass die Welt leichter über NSCs vorzustellen ist als durch normale Beschreibung. Und wenn das zuerst deine Absicht war, kann ich die Selbstkritik nachvollziehen. Für die Art und Weise, wie wir allerdings letztendlich gespielt haben, waren NSCs nicht unbedingt notwendig und wir uns selbst genug.
Um die Welt zu präsentieren hätten vor allem Dialoge geholfen, denn sie konstruieren eine Welt viel zuverlässiger als sonstige Beschreibung. Wenn jemand sich vor einer Stadt oder einem Wesen fürchtet, ist es meist eindringlicher als wenn du als normaler Erzähler schreibst, dass sie furchterregend sind.
Ich finde es letztendlich nicht wild, dass du die Welt nicht vollends vorgestellt hast, sondern die Teile, die wir brauchten. Du bist ja kein Werbevertreter für die Welt, sondern hast eine Runde dort geleitet.
Durchaus kann man jedoch davon reden, dass du die Begegnungen mehr auf die Spielercharaktere hättest abstellen sollen. Auch Shiver hatte ja eigentlich nur Gegner vor sich, bei denen er seine meisten Fähigkeiten schlichtweg nicht nutzen konnte. Mich selbst stört das weniger, weil ich versuche, viel erzählerisch zu lösen. Aber regelaffinere Spielertypen könnten damit Probleme haben, oder Charkonzepte, die sehr von ihrem Regelgerüst leben müssen. Des Weiteren hättest du die Charaktere selbst ggf. etwas mehr moralisch fordern können, also entweder im Dschungel oder im Labor. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Insgesamt war es also ein wirklich solides Debüt, welches mir viel Spaß gemacht hat. Ich muss mich bedanken, dass du mich bis zum Ende ertragen hast, auch wenn ich am Ende sehr wenig Zeit zur Verfügung hatte. Es war eine nicht sehr komplexe, doch nachvollziehbare Geschichte; die aufgrund der wenigen NSCs auch wenig komplexer hätte sein können. Das hat dem Spiel aber vor allem die Chance gegeben, dass die Spielercharaktere glänzen können, wenn sie wollen.
Eine noch bessere Bewertung hätte es bekommen können, wenn du uns vor mehr Entscheidungen gestellt hättest, und die mit Konsequenzen versehen hättest. Beispielsweise mehrere Wege zum Labor oder mehrere Wege in den Dschungel (Schiff, Luftschiff, Katapult
). Das hätte die kleinen Konflikte in der Gruppe vielleicht offener zur Tage treten lassen und noch mehr spannende Interaktion ermöglicht, und das Spiel ein bisschen davon weggeholt, dass es etwas auf einer Schiene war (was kein Kritikpunkt negativer Gewichtung ist, da es dein Startabenteuer war und wir uns alle erstmal bei dir zurechtfinden mussten und du dich zurechtfinden musstest). Es war sehr improvisiert, das ja, aber dennoch etwas einstrangig, weil wir uns in der Welt nicht genug ausgekannt haben, um eigenständig Alternativen anzubieten. Also Alternativen anbieten hätte mir noch geholfen.
Dennoch Lob für diese Runde, sie hat mehr sehr viel Spaß gemacht über die Zeit und es ist daran zu erkennen, dass ich sie - obwohl ich alle anderen abbrach aus Zeitgründen - bis zum Ende begleiten wollte.
Ich gebe dir 7 von 10 Keksen für die Runde.
SpielerfeedbackMargueriteDu warst zuerst meine Anbindung an die Runde, und wie ich bereits geschrieben habe, habe ich ein bisschen den Kontakt zu deinem Charakter verloren im Laufe des Spiels. Das kam gerade deswegen, dass ich Gefühl hatte, dass du Marguerite immer weiter in sich hast kehren lassen, sodass ich kaum noch Ansätze sah, auf sie persönlich zuzugehen. Ich habe das Beschützen dann noch mechanisch beschrieben, aber dann irgendwann das Gefühl gehabt, dass es nicht mehr passt und Shiver dann sich wegentwickeln lassen (ohne die Erzählung zu verändern, ingame hat er sich natürlich weiter in sie verliebt und geht daran zugrunde, der arme Tor
).
Insgesamt hat mir Marguerite aber in ihrer Konzeption gefallen, auch wenn es schade war, dass sie ihre Fähigkeiten aufgrund des Spiels weniger nutzen konnte. Ich glaube, dass hat dich auch selbst etwas entfremdet. Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass Marguerite nur noch mitzieht und nicht mehr selbst bestimmt. Letztendlich erinnert mich das an die Problematik, die ich als Spielleiter mit Lu Chieng damals hatte. Gerade das hat es mir so deutlich vor Augen geführt, was mich aber dazu bringt zu glauben, dass es auch etwas mehr an dir liegen könnte, diese Rolle offensiver zu fordern oder dich in die Rolle zu bringen. Ich würde mich sehr freuen, dass irgendwann vielleicht nochmal sehen zu dürfen.
Ich danke dir, dass du dich auf Shiver eingelassen hast; es hat wirklich Spaß gemacht, mit Marguerite zu spielen. Ihre sehr impulsive, dann wieder spielerische Art hat mir sehr gefallen. Ihre Probleme mit dem Dschungel waren sehr glaubhaft. Ich hätte sie eben nur am Ende gerne mit derselben Impulsivität gesehen.
Simon Hook:Dein Charakter hatte eine interessante Sonderstellung. Obwohl er eigentlich der - wenn auch positiv konnotierte - Snitch ist der Gruppe war, war er letztendlich doch das Rückgrat des ganzen Projektes, weil er es war, der sinnvoll und gemessen voranging, bei Gefahren den Hauptschutz und den Hauptkampf übernommen hat, als einziger eine ganz klare Stellung bezogen hat und dabei doch nicht so war, dass er anderen seine Meinung aufdrängen wollte, während er an seinem Auftrag eisern festhielt. Du hast damit ein Bild bedient, welches sich sehr viele Soldaten selbst geben, und das hast du sehr glaubhaft gehalten, ohne ihn zu sehr in ein Heldentum abdriften zu lassen (auch wenn Shiver ihm das gedanklich immer vorwarf). Ich fand gut, wie du mit seinem Geheimnis umgegangen bist und dass du auch immer offen warst für Dialog und auch zwisthaften Dialog, ohne in kleinlichen Streit auszubrechen, sondern um die Grundsätze zu debattieren und deinen Mann zu stehen ingame. Simon hat mir gut gefallen. Manchmal war er mich jedoch zu glatt bis auf das Geheimnis mit dem Bänderring, er hätte gerne noch an anderer Stelle dreckig sein dürfen, um so einen spannenden Kontrast im Charakter zu haben. Und sei es nur, dass er Flare eigentlich beneidet oder im tiefsten Herzen hasst und ihm trotzdem dienen muss.
Aether ShantyAether hat bei mir auf mehreren Ebenen gepunktet, von deinem eigenen Artwork bis zur Tatsache, dass du in einem relativ kurzen Abenteuer eine glaubhafte Charakterentwicklung versucht hast, die ihn nicht vom Lausbuben zum Engel oder vom Engel zum Lausbuben gemacht hat, sondern die sich eher anders angefühlt hat für mich. Die Lösung, meiner Meinung nach, lag in der Namensgebung deines Charakters verborgen. Er war nie Aether Shanty, er wollte immer Aether Shanty sein, doch die Realität machte ihn doch auch immer wieder zu Willbur Draecorik. Und gerade als er anfing, sich dieser Unmöglichkeit bewusst wurde, dass er sein eigenes Ideal von Aether Shanty nie ganz sein würde, auch wenn er sich so nannte, kleidete und gebärdete, wurde Willbur Draecorik durch die Gesamtgeschichte doch in gewisser Hinsicht ein Held. So wirkte diese Entwicklung auf mich, und sie hat mir sehr gefallen.
Insgesamt warst du als Mitspieler auch ein sehr lustiger und motivierender Geselle, was das Spielen sehr viel einfacher gemacht hat, da du einem häufig genug einen Grund gabst, dich anzuspielen oder irgendwie in die Gedanken einzubeziehen, vielen Dank dafür. Eine kleine Kritik jedoch auch für dich, und zwar hätte ich mir manchmal gewünscht, dass du gerade als versuchte Superheldenpersona etwas mehr Initiative in den Entscheidungen übernimmst oder auch von innen heraus etwas Druck machst, immerhin war Aether doch der Charakter, der am ehesten Ansehen bei allen Gruppenmitgliedern besaß. Das wäre sicher ein i-Tüpfelchen gewesen, es sei denn, du hast das bewusst abgelehnt.
Insgesamt habe ich sehr gerne mit euch Dreien bis zum Ende gespielt. Und würde jederzeit wieder eine Runde an eurer Seite verbringen.
Danke für die netten Interaktionen, den Streit, das Zusammenraufen, die geschlagenen Schlachten und bis irgendwann.
(Das Bewerten der ausgestiegenen Spieler erspare ich mir).
Bis denn, gehabt euch wohl.
Menthir // Shiver.