Es ist ein unwillkommenes Wiedersehen in so vielen Hinsichten, dass Tlacatl für einen Moment innehalten muss, um seine Gedanken zu sortieren. Lopango gefallen? Das hat Tlacatl gefürchtet und irgendwo in seinem Inneren sogar, so furchtbar dieser Gedanke ist, begrüßt, zumindest bis er nun die Bestätigung dieses falschen Wunsches bekommt. Sein Inneres verkrampft sich. Yaotls Familie, seine wenigen Freunde, leben sie noch? Die Häuser und Verteidigungsanlagen, die er mit eigenen Händen errichtet hat, haben sie den Ansturm der weißen Teufel überlebt oder haben sich sich in Staub verwandelt, sind voll ungeschlüpfter Schlangeneier?
Aber da ist nicht nur das Wiedersehen mit den weißen Teufeln, hier in Tukan, es ist auch das Wiedersehen mit Yaotl. Tlacatl erkannt ihn in der hilflosen und wütenden Reaktion Yaotlchones. Die Reaktion auf Furcht Yaotls war Aggression. Die Reaktion auf unwillkommene Wahrheiten waren Ablehnung und Anfeindung. Yaotlchone steigert sich in diese Anfeindung und Aggression ein, aber warum zweifelt er an den Worten der weißen Teufel? Warum sind sie in Tukan? Warum sollen sie Lopango verschont haben? Warum richtet er seinen Ärger nicht auf Tlacatl, hat sich schließlich nicht dieser oder vielmehr damals noch Yaotl geweigert, für sein Volk den Göttern als Opfer dargebracht zu werden, genauer gesagt Tezca als Opfer dargebracht zu werden?
Wohin sollen sie nun gehen? Im Norden warten die weißen Teufel, im weiten Osten und im Süden auch. Sich in Tezcas Haus zurückziehen ist auch keine Alternative. Aber es bestätigt Tlacatl in dem Gedanken, dass die Opfer der verängstigten Herrscher und Priester aus Furcht und Unwissenheit geschahen und geschehen. Es ist, um sich selbst das Gefühl zu geben, etwas zu tun ohne den Feind stellen zu müssen. Das Sinnen jedoch ist nicht das Wesen Yaotls und so fragt sich Tlacatl, wie er Yaotlchone zurückrufen kann. Es gibt kein zurück mehr, wenn Yaotl sich in Wut und Wahn wälzt, wer weiß es besser als der alte Kämpfer. Und doch steht da Tlacatls Versprechen, jeden Gefährten zu beschützen und an seiner Seite zu kämpfen. Es ist das furchtbare Wesen von Loyalität und Freundschaft. Jene törichten Wege zu beschreiten, obwohl man es besser weiß, nur damit man diese Wege nicht alleine beschreiten muss.
Er muss Yaotlchone vor sich selbst beschützen. Es gibt keinen anderen Weg. An diesem Ort können sie den weißen Teufeln nichts anhaben und zunehmend fragt Tlacatl sich auch, ob er dies überhaupt will. Er will nur noch seine Freunde schützen. Er hat kein Auge mehr für die Zeichen Azuls, für die Wut Tezcas. Er ist enttäuscht darüber, dass sie sich selbst nicht schützen konnten, weil sie sich selbst nicht schützen wollen. Sie geben die Verantwortung darüber den Göttern und schlagen sich als Volksbrüder selbst die Köpfe ein, um diesen falschen Götzen gefällig zu sein. Tlacatl wird schlecht.
Wieder macht der kupferhäutige Hüne sich auf, einen seiner Gefährten davor bewahren zu wollen, Gewalt und Blut zu verrichten. Doch erst jetzt wird Tlacatl sich gewahr, dass Yaotlchone ihn anschaut. Dass sich junge Männer hinter Yaotlchone versammelen. Er ist wahrlich kein Tochtli mehr, doch weiß er, dass es das Wesen Yaotls ist, Leben zu nehmen und für diesen Zweck auch das eigene? Tlacatl hat Glück gehabt, dass Yaotl ihm nicht das Leben nahm, doch er war oft nahe dran.
Wie soll er Yaotlchone retten? Werden die jungen Männer oder die Adlerkrieger ihn sogar als Verräter niederstrecken, wenn er Yaotlchone versucht wegzuziehen?
Tlacatl hält gelähmt inne. Das harte, gemeißelte Gesicht des Kriegers aus Lopango schmilzt in ein Antlitz aus Furcht. Wie soll er Yaotlchone vor den weißen Teufeln, vor sich selbst retten? Wie? Tlacatl weiß nicht, was er tun soll. Es ist nicht mehr sein Kampf, und er kann nicht für ein Volk streiten, dass ihn töten wollte. Lopango ist in seinem Herzen schon lange gestorben. Jetzt sich doch nicht für dieses Volk zu opfern, erscheint Tlacatl nach wie vor sinnlos. Doch er fürchtet sich um Tochtli.