Kurz zuckte der junge Paladin zusammen, als Areo ihn dessen Hand auf die Schulter legte. Die Berührung tat ihm in diesem Moment sehr gut. Sie erinnerte ihn in seiner Trauer daran, dass er nicht alleine war. Auch wenn er sich nur kaum merklich bewegte, tat es sein Geist um so mehr. In ihm begannen sich sein Pflichtgefühl und sein Lebenswille gegen die Trauer und Verzweiflung zu stellen. Es entbrannte förmlich ein Kampf zwischen diesen Gefühlen, der kaum in Worte zu fassen war. Vor seinem geistigen Auge tauschten sich Bilder von den Ereignissen dieser Nacht mit Bildern seiner Familie, seiner Freunde und auch Bilder von Areo, Rhamedes und den Anderen ab. Immer wieder tauchte Inas Gesicht auf. Immer wieder krampfte sein Herz dabei. Was machte es für einen Sinn weiter zu kämpfen wenn man zu schwach war die zu beschützen die man liebte? Das war seine innigste Frage. Sein Zwiespalt.
Als Areo seine Hand löste und mit ihr nach einen der Schwerter griff, die Gelirion an der Hüfte trug, fielen seine Hände förmlich von seinem Gesicht. Seine kriegerischen Reflexe funktionierten noch eindeutig. Er blickte Areo nicht an, sein Griff sagte alles. Zuerst war er regelrecht zu stark, verkrampft fast, dann wurde er lockerer bis die Hände nur noch auf dem Arm des Druiden lagen.
In Gelirion stritten sich immer noch die beiden Parteien miteinander, doch tränen rollten ihm nicht mehr über das Gesicht. Nicht dass er nicht mehr traurig war, im Gegenteil, seine Augen konnten jedoch nicht mehr tränen. So viele Tränen wie in den letzten Stunden, hatten sie wohl auch schon lange nicht mehr vergossen.
So gelang es Areo dann eines der Schwerter zu ziehen. Es war der Säbel aus der Bibliothek. Eines der schöneren Werkzeuge des Todes, welche geschmiedet werden konnten. An das Langschwert kam Areo jedoch nicht. Denn mit Areos Hand hatte sich auch Gelirions bewegt und nun fingerte dieser mit dem Knauf des Schwertes. Doch auch der Säbel war im Endeffekt nichts anderes als ein Schwert. Also genau das, was Areo brauchte.
Während Areo nun zu seiner Tat schritt, spielte Gelirion weiter mit dem Knauf des Schwertes. Es war sein kämpferischer Teil, welche sich versuchte am Schwert festzuhalten. Der versuchte seine Tatenkraft durch das kalte, harte und klare Argument des Stahls zu stärken. Doch reichte es noch nicht ganz. Dem jungen Paladin interessierte seine Umwelt noch nicht, so tief war er gefangen, so tief war der Bruch. Es interessierte ihm nicht wie Timbar wohl noch immer angewidert seine Hände von sich streckte und wohl auch skeptisch Areo dabei zusah, wie dieser armen jungen Frau den Kopf abschlug. Ihm interessierte auch nicht wie wohl Rhamedes noch immer in der Tür stand und innerlich mit seinen Bösen Geistern haderte.
Dann, ein klirrendes Geräusch ließ den Blick von Gelirion klarer werden. Es war das Geräusch des Säbels wie er auf dem Boden aufkam, als der junge Druide neben Gelirion auf die Knie sank. Sein Blick wanderte von seinen Beinen zu Areos blutbespritzter Gestallt, dann zum roten Schwert. Es lag im Schatten doch er konnte genau erkennen wie befleckt es war.
Die Frage ob er die Anderen und seine Familie alleine Lassen konnte, keimte in ihm auf. Ob er es sich mit seinem Herzen vereinbaren konnte jetzt aufzugeben. Eine innere Stille umfing ihn. Die Bilder endeten und er sah nur noch das Schwert. Fast begann das dunkle Rot auf dem Säbel vor seinen zu leuchten. In seinem Blick bekam es eine unnatürliche helle, strahlende Intensität. Denn diese Frage musste beantwortet werden. Sein Herz war gebrochen aber er war nicht tot. Er war hier und es gab jene die ihn brauchten. Er war nicht alleine. Er konnte nicht so egoistisch sein und sich einfach in seiner Trauer der Welt ergeben. Denn das war nicht sein Weg. Doch was war sein Weg? Sein Herz wollte die beschützen, die es nicht alleine konnten. Allen voran seine Familie. Darum war er ein Paladin geworden. Das hatte er schon vor vielen Jahren erkannt und bis jetzt trieb es ihn auch an, doch was nun? Er war schwach, klein, erbarmungswürdig. Einfach zerbrochen. Hilflos, verängstigt und voller Trauer. Er war ein kleiner Bengel der dachte ein Mann zu sein. Dabei musste er noch vieles lernen. Das Leben war einfach nicht perfekt und vor allem war das Leben nicht gerecht.
Langsam hob er seinen Blick vom Schwert in den morgendlichen Himmel. Sein Kopf berührte den Stein hinter sich. Seine Lippen formten immer und immer wieder ein Wort, doch seine Stimme brachte keinen Laut hervor. Erst beim letzten Versuch erklang es leise „Ciriva“ Der junge Paladin rief seine Göttin an. Er rief sie bei ihrem Namen und bat damit um Hilfe. Doch auch Ceriva, selbst wenn sie jetzt vor ihm auftauchen würde, würde wohl ihn nur in den Arm nehmen. Bei Cederon hatte sie es ihm gezeigt. Es war nicht ihre Art den einfachen Weg zu gehen, einfach vergessen zu lassen. Jeder musste lernen zu leben.
Gelirion schloss kurz die Augen. Er wollte Leben und konnte nicht einfach so aufgeben. Wenn seine Göttin, wenn sein Schicksaal so voller Trauer und Blut lag, dann würde er es annehmen. Ceriva war bei ihm, und er musste diesen Weg gehen. Als Halbelf, als Mann, als Fürstensohn und vor allem als ihr Paladin. Er musste es!
Schwer ging sein Atem als er die Augen öffnete. Diese Gewissheit mochte nicht den Riss des Verlustes füllen. Doch ließ es ihm wieder Herr seiner Selbst werden. Er hob seine Rechte Hand vom Schwertknauf. Sie zitterte arg, während er versuchte Areo zu berühren. Er strich dem jungen Druiden über die nächst ruhende Hand. Nahm dabei etwas von Lynettes Blut auf. Traurig hiel ter die Hand hoch in das Licht und blickte das Blut an. Dann drehte er sich zu Areo, legte seine Hand wieder auf dessen und blickte dem ebenso jungen Druiden in die Augen. Sein Blick war traurig aber nicht kraftlos. Einen Moment hielt er inne, dann übernahm er von Areo den Säbel und richtete sich schwerfällig auf.
Als er wieder stand, hielt er den Säbel in das Licht. Das frische Blut tropfte zu Boden. Dabei sprach er mit rauer, leicht krächtsender Stimme ”Die Nacht ist vorbei, der Tag voller Schmerz. Schmerz der uns zeigt, dass die Grausamkeit dieser Tat nicht zuende ist.” mit der linken Hand griff er sich an den Wappenrock und hielt verkrampft das Wappen seiner Familie. ”Bei Ceriva und dem Blut aller die gestorben sind. Ich schwöre die zu finden, die für das verantworlich sind. Alles in meiner Macht stehende zu tun sie für ihre Taten bezahlen zu lassen. Ihr seit meine Zeugen.“ Er senkte den Blick und das Schwert. Seine Stimme hatte gezittert. Der Schmerz war noch zu friech aber er meinte seinen Schwur ernst. Er würde diese Bastarde bezahlen lassen, mit ihrem Leben.