Es ist allgemeinhin bekannt, dass Halborks keinen Sinn für das Schöne haben. Man glaubt, dass sie bei ihrem Hab und Gut nur den Gesichtspunkt der Nützlichkeit im Blick haben. Und selbst bei Dingen, die sie nicht im engerem Sinne gebrauchen, wird der Gestaltung noch eine Funktion gegeben. Kultische Gegenstände etwa symbolisieren oft die rohe Kraft und die Stärke ihres Besitzers.
Was die Menschen nicht verstehen, ist, dass für Halborks Schönheit und Nützlichkeit keine Widersprüche sind. Wenn eine Rasse seit ihrer Erschaffung bekämpft oder zumindest beargwöhnt wird, dann entwickelt sich in ihr eine ganz gewisse Weltsicht, die von Vater zu Sohn und von Mutter zu Tochter vererbt wird. Dementsprechend bedeutet Schönheit für Halborks, ganz in der Welt zu sein, und Nützlichkeit ist nur die andere Seite der Medaille, nämlich sich in der Welt zu behaupten.
Für Schnüffler hatte der Tag sehr gut begonnen. Bereits eine Stunde vor dem Frühstück war er aufgestanden, hatte sich gewaschen und angekleidet. Er war durch die Gänge der Zitadelle gegangen und hatte versucht, sich das Gangsystem einzuprägen. Immer wieder blieb er stehen und überlegte sich, wie wichtige Stellen durch Wachen oder durch andere Systeme gesichert werden konnten.
Noch vor dem Frühstück wurde ihm die Waffenkammer gezeigt. Man sagte ihm, dass er sich mit drei der Dinge ausrüsten dürfe. Schnüffler zögerte nicht lange und nahm sich sofort einen Kurzbogen und einen Köcher mit Pfeilen. Prüfend legte er den Daumen auf die Sehne und testete die Spannung. Die Sehne sprang zurück und vibrierte. Schnüffler mochte schwören, dass sie sang. Ja, verdammt, die Sehne sang. "Dies ist ein guter Bogen", befand Schnüffler, "Und er soll hûn heißen". Hûn aber war orkisch und hieß Herz.
Nachdem er den Bogen geprüft hatte, war Schnüffler etwas ratlos, was er als drittes wählen sollte. Er liebäugelte mit einem Kettenhemd, aber man sagte ihm, dass er schon einen Bogen habe und ein Kettenhemd dazu zu viel sei. Außerdem solle er sich noch eine Nahkampfwaffe aussuchen. So suchte er sich eine Waffe, die zur größten Not auch als Werkzeug taugen mochte, eine Axt.
Während des Frühstücks regisitrierte Schnüffler, dass die Humanoiden, so unterschiedlich sie auch waren, begannen, zu einer Gemeinschaft zusammenzuwachsen. "Sehr gut!", dachte er. Auch er war von einem grundständigen Gefühl der Solidarität angesteckt worden und er fühlte sich stark und vital.
Schon kurz darauf geschah aber etwas vor der Zitadelle. Sie hörten seltsame Geräusche. Gelirion sprang sofort auf, um nach dem Grund zu sehen. Seinen Säbel gab er an Schnüffler und auch den Auftrag, hier auf die Leute achtzugeben. Im ersten Moment war Schnüffler etwas verärgert. Dann aber erkannte er die Sinnhaftigkeit des Befehls: In dieser seltsamen Zeit musste man auf alles gefasst sein. Aber im wahrscheinlichsten war es, dass die Menschen hier aufsprangen und alle zu den Zinnen liefen, um nachzusehen. Wenn da draußen etwas vorging, dann konnte das für die Leute gefährlich oder verstörend sein.
Schnüffler stand auf und trat vor die Leute. "Es wird nichts sein", sagte er entschieden. Den Säbel hatte er noch immer in der Hand. Gelirion hatte wohl nicht gemerkt, dass Schnüffler mittlerweile selbst wohl bewaffnet war. Aber trotzdem war dieser Säbel für Schnüffler unheimlich wichtig. Es war eine Geste. Fragte sich, was Gelirion mit ihr gemeint hatte.