Ferygan
Als sich Ferygan setzte, stieg ihm der Duft von Kohl und Rüben in die Nase, schon wieder. Gestern hatte es einen ähnlichen Eintopf gegeben und in den vergangenen Wochen hatte er sich sicher überwiegend von diesem Gemüse ernährt. Allerdings hatte Ferygan schon lange aufgehört, sich über den Geschmack des Essens viele Gedanken zu machen, er war froh, wenn es überhaupt genug gab, um satt zu werden, du wenn es dann auch noch warm war, hatte er kaum höhere Erwartungen. Allerdings schmeckte das Essen von Tess wirklich sehr gut, auch wenn es einfach war.
Tess schien kurz zu lächeln, als Ferygan ihr Essen lobte, allerdings verschwand diese Regung sofort wieder. Dann schaute Tess ihn kurz an, als er weiter sprach. Sie schien zu überlegen, ob sie etwas erwidern sollte - doch dann schaute sie ihn plötzlich verständnislos an.
"Was meint ihr damit- wohin mag hier gehen soll. Wir gehen auf die Felder, wir gehen zum Brunnen und wir gehen ins Haus. Wohin soll man denn noch gehen?" Sie schien einen Moment inne zuhalten, dann murmelte sie etwas, wie in Gedanken und wohl eher für sich selbst.
"Nun ja, ihr zieht ja herum." Erneut gab es eine Pause, sie schien in Gedanken. Dann schaute sie ihn wieder an und hatte ihren üblichen gleichgültigen Gesichtsausdruck wieder angenommen.
"Also hier gibt es nichts. Wir sind das letzte Dorf, nach uns kommt nur das Land, das nicht zu uns gehört. Dort reiten nur die Orks und dort treiben sich wilde Bestien und andere Schrecken herum. Dort geht man nicht hin. Dort haben wir nichts zu suchen. Wir sind das Dorf am Rand der Welt." Diese Sätze klingen wie auswendig gelernt. Wieder machte sie eine Pause.
"Aber ich habt nach dem Wirtshaus gefragt." Ihr Blick hellte sich etwas auf.
"Nun, es gehörte dem Vater meines Mannes, und davor dessen Vater und auch dem Vater davor. Als meine Eltern starben nahm Maruk sich zu sich und nun lebe ich hier." Ihr Blick streifte durch den Raum, hielt an einem Punkt inne, den Ferygan nicht erkennen konnte, dann Blickte sie den Gast wieder an. Auf ihrem Gesicht war ein Lächeln zu sehen, ihre Augen wirkten abwesend. Dann plötzlich verschwand diese Regung wieder und es schien, als sei sie aus einem Traum aufgewacht. Abrupt stand sie auf, schnappte sich etwas zu hastig die Schalen, und ging in Richtung Küche. Dabei sagte sie, ohne ihn anzusehen
"Ich wollte euch nicht von eurer Arbeit abhalten, bis zum Abend soll alles fertig sein", und verschwand in der Küche. Er hört kurz das Plätschern von Wasser, dann das Geräusche einer Tür und dann wurde es still nebenan.
Daraufhin machte sich Ferygan wieder an die Arbeit und war damit beschäftigt, bis es zu dunkel wurde. Tess kam den ganzen Nachmittag nicht mehr in die Küche. Kurz vor Anbruch der Dunkelheit hörte er, wie neue Gäste in den Schankraum kamen und jemand begann, sie zu bedienen. Kurz darauf kam Maruk in die Küche, nickte Ferygan kurz zu und feuerte die Kochstelle an. Der Wirt war klein und hager, trug wie gestern auch eine abgewetzte und oft geflickte Lederschürze, wie Ferygan sie von Schmieden kannte.
Dann kam Maruk zu Ferygan und begutachtete im flackernden Licht des offenen Feuers die Arbeit. Dann brummte er
"Hmm, das ist ordentliche Arbeit. Komm mit in die Stube, für heute ist es genug. Außerdem haben ein paar Bauern nach dir gefragt, es scheint noch weitere Arbeit zu geben." Daraufhin verließ er die Küche wieder und ging in den Schankraum.
Als Ferygan ihm folgte, saßen bereits gut fünfzehn Gäste an den einfachen Holztischen. Einige hatten ihr eigenes Essen dabei, aber viele saßen vor leeren Schalen und warteten. Nur wenige sprachen leise miteinander. Tess kam aus einer Ecke des Raums und ging wortlos an Ferygan vorbei in die Küche. Sie wich dabei seinem Blick aus. Maruk stand an einem Tisch.
"Such dir einen Platz" rief er Ferygan zu.
Einige Leute schauten ihn an, die meisten freundlich. Ein Mann wies auf einen freien Platz an seinem Tisch, an dem noch zwei andere Männer saßen.