Bei Ragnars Frage zieht der Wirt überrascht die Augen hoch."Werter Herr - das hier ist Dorwida. Wir freuen uns schon, wenn wir überhaupt Met haben. Wacholderbeeren-Met - damit kann ich leider nicht dienen. Den hatten wir nur einmal in den letzten Jahren, das war, glaube ich, vor vier Wintern... Oder sogar fünf?"
Kurz scheint der Mann in Gedanken zu versinken, allerdings merkt er am Gesichtsausdruck des Fhokki vor sich, dass es besser wäre, in die Gegenwart zurückzukehren. "Jedenfalls", sagt er mit einem Räuspern, "haben wir derzeit zwei Fässer Met, mit einer Prise aus Äpfeln gepresstem Schnaps vermischt, im Angebot. Eine Lieferung aus Pekal - kam mit einer der letzten Karawanen vor zwei Monaten. Der wird euch bestimmt schmecken."
Mit diesen Worten stellt der Wirt einen großen Humpen des Gebräus vor Ragnar auf dem Tresen ab. Während der Fhokki den Humpen zum Mund führt, sieht er aus den Augenwinkeln, wie die kleine Gestalt in der Ecke des Zimmers, die ihm bereits beim Reinkommen aufgefallen war, sich aus den Schatten löst und auf den Stuhl neben ihm setzt.
Überrascht sieht Ragnar, dass es sich nicht um ein Kind handelt, sondern um einen Halbling, und zwar einen weiblichen. Die Haut ist bronzefarben und die Wangen von Sommersprossen übersät. Stark gelocktes, dunkelbraunes Haar fällt Nackenlang in einem Wirrwarr nach hinten und zu den Seiten und bedeckt so auch die Ohren. Sie schaut mit klugen, grauen Augen zu Ragnar auf und lächelt diesen gewinnend an.
Am Körper trägt sie praktische und unauffällige Kleidung, doch Ragnar sieht, dass diese trotzdem von guter Qualität ist. Unter einer braunen Lederweste - bestickt mit einigen interessanten Symbolen, erkennt man ein baiges Leinenhemd. Eine dunkelbraune Hose wird von einem Ledergürtel mit kunstvoll gefertigter Schnalle an den Hüften gehalten. Die Hosenbeine stecken in weichen Wildlederstiefeln.
Mit dem Lächeln auf den Lippen sagt der Halbling. "Wachholderbeeren-Met. Ein gutes Getränk. Ich durfte es zuletzt im Herbst genießen, auf einem Zwischenstopp in Eg'Kasel." Sie deutet mit dem Finger auf den Humpen von Ragnar und ruft dem Wirt zu: "He, Naidur. Für mich bitte auch einen."
Der Wirt lächelt zurück. "Natürlich, Jemma." Einige Augenblicke später steht auch vor dem Halbling ein entsprechender Humpen.
Sie prostet damit dem Wirt und Ragnar zu und nimmt einen großen Schluck. Dann wendet sie sich wieder an den Fhokki und fährt in etwas leiserem Ton fort. "Ich habe gesehen, wie du und dein Freund in der Menge standet, als der Kargi eben vorgeführt wurde. Ihr wart ja auf den Pferden nicht zu übersehen, aber auch als ihr abgestiegen seid, wart ihr noch eine imposante Erscheinung. Ich nehme an, ihr seid hier, weil ihr Hirams Herolde gehört habt, die nach Unterstützung für den Kampf gegen die Kargi gerufen haben. Ihr wollt euch also wahrscheinlich morgen früh für diese Aufgabe einschreiben.
Aber was wäre, wenn ich euch sage, dass ein Freund von mir euch ein besseres Angebot machen kann? Ihr würdet mehr verdienen. Es wäre - wenn es gut geht - mit weniger Blut verbunden. Und: ihr würdet dabei auch noch einer guten Sache dienen. Einer besseren, als dieser Hals-über-Kopf-Strafexpedition.
Ihr könnt euch sowieso erst morgen früh einschreiben. Ihr habt also diesen Abend hier frei. Würdet ihr die Zeit nutzen, euch das Angebot meines Freundes anzuhören?"
Mit diesen Worten nimmt die Halblingsfrau noch einen tiefen Schluck und wischt sich mit dem Handrücken den Mund ab. Während Ragnar noch überlegt, was er antworten soll, sagt sie: "Ach ja - wo bleiben meine Manieren?" Sie streckt die Hand zum Gruß entgegen. "Mein Name ist Jemma Thorgrimm."