Und so macht sich die fünfköpfige Gruppe zum Aufbruch bereit. Die Kargi sichern das Lager - Zahur brucht auf auf der Suche nach Feuerholz - während sich der Halbelf und die Menschen sammeln.
Basilio macht ein paar Schritte auf sein Bettzeug zu, das bereits zusammengerollt in der Nähe liegt, doch dann hält er inne und dreht sich zur Dariba um. Er räuspert sich, öffnet den Mund, schließt ihn wieder, schluckt geräuschvoll und sagt: "Ähm. Wegen heut' Nacht..."
Die Dariba wendet sich dem jungen Mann zu, als sie angesprochen wird. Der Händler kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber es scheint, als wäre sie auch verunsichert - genau wie er. Sie versucht jedoch, beiläufig zu klingen. "Du hast dich einfach im Schlaf zur Seite gerollt, nehme ich an", sagt sie.
"Ich, ähm, schlaf sonst in Betten," erwidert Basilio. "Da wäre ich aufgewacht von dem lauten Plumps. Es tut mir leid, wenn ich dich..."
Erschreckt habe? Damit würde ich ihr unterstellen, leicht zu erschrecken. Alarmiert? Heißt das gleiche, nur affektierter. Verunsichert? So sieht sie aus, aber das will sie bestimmt nicht hören. Belästigt? Nein, das würde Intention implizieren! "... ähm, geweckt habe. Du darfst nicht denken... Also, es war wirklich nicht meine Absicht..."
Halt, jetzt redest du ja doch von Absicht! Wer ungefragt etwas verneint, bringt den anderen erst auf die Idee, man habe das Abgestrittene getan. Schnell, positiv formuliert heißt das: "Ich habe den höchsten Respekt vor dir und deinem heiligen Amt."
Als Basilio zu stammeln beginnt und seine Unsicherheit offenbart, schleicht sich ein leichtes Lächeln auf die Lippen der Dariba. Der junge Koraker ist sich jedoch sicher, dass sie ihn nicht auslacht, sondern eher sich über seine Geste freut; und wahrscheinlich auch darüber, dass sein Gestammel die Spannung aus dem Gespräch genommen hat.
Als Basilio schließlich zum Ende kommt, nickt sie ihm zu. "Vielen Dank für deine Worte, Gryphius. Und mache dir keine Gedanken darüber, was da in der Nacht war." Sie hält kurz inne, als würde sie überlegen, was noch hinzuzufügen wäre. Um die beiden herum machen sich die anderen bereit zum Aufbruch - Ragnar stampft vorbei und legt seinem Rappen den Sattel auf den Rücken. Als der Koraker schon denkt, dass die Dariba geendet hat, fügt sie noch etwas hinzu und streckt ihm die Hand zum Händedruck entgegen: "Dariba ist mein Titel - so nennt mich mein Stamm. Mein Name ist Maru."
"Maru", sagt Basilio leise und drückt dabei sacht ihre Hand. Er überlegt, ob er lächeln soll, doch ein ernster Blick scheint ihm angebrachter, wenn einem ein solches Geschenk gemacht wird. "Danke, Maru. Und danke auch für deinen Zuspruch vor Gul Hulad gestern. Das hat noch nie jemand für mich getan. Normalerweise heißt es, wann immer mir etwas gut gelingt: ach, das hätte jeder gekonnt." Jetzt huscht doch ein selbstironisches Lächeln über sein Gesicht. "Also, ich fand es mutig." Mit Absicht lässt er offen, was damit gemeint ist: seine Tat oder die ihre.
Dann erfasst die plötzlich hektische Aufbruchstimmung auch ihn. "Bis morgen dann. Und wenn wir uns nicht wiedersehen: pass auf dich auf." Er nickt ihr noch zum Abschied zu, dann hebt er sein Bündel auf und marschiert zu seinem Pferd, zäumt und sattelt es, so schnell er kann, und verstaut seine Sachen.
[1] Weniger verlegen und recht wortkarg fällt derweil der Abschied zwischen Ragnar und Hasdru aus. Es scheint, als hätten sich die beiden Recken in den letzten Tagen angefreundet. Der Nordmann verabschiedet sich vom Kargi mit dem klassischen Händedruck von Tellene.
[2] Auch vom Serogul verabschiedet sich der Fhokki auf dieselbe weise.
Schließlich sind alle Sachen verstaut und die Pferde gesattelt - trotz der Eile ist Basilio als letzter bereit. Als alle fünf Mann aufgestiegen sind, deutet Mago mit dem ausgestreckten Arm gen Nordnordwest: "Wir wissen nicht viel über die Aster, aber ungefähr vier Stunden Ritt in diese Richtung müsste ihre Siedlung liegen. In zwanzig Minuten werdet ihr auf ihrem Gebiet sein. Ich nehme an, ihr werdet in Empfang genommen, noch lange bevor ihr weit vordringen könnt."
"Lumang Tao soll mit euch sein", ruft Hasdru Ihnen nach. Basilio erkennt den Namen - anscheinend nennen die Kargi so den Alten Mann, den Gott der Strategie und des Krieges.
Die Dariba lächelt.
"Und ebenso die Bärin!" - so wird die Göttin der Natur gerufen.
Dann reitet die Gruppe los und lässt die kleine Lichtung hinter sich zurück.
~ ~ ~
Wahrscheinlich ist es ein Streich, den einem die eigene Vorstellungskraft spielt. In gewisser Weise hinderlich, zugleich aber auch ein wirksamer Schutzmechanismus, der die Menschen in gefährlichen Situationen wachsamer und vorsichtiger werden lässt. Während der von Mago genannten zwanzig Minuten scheint der Elnina-Wald um die Reiter herum immer dichter und dunkler zu werden. Das Blätterdach über den Köpfen der Reiter ist so eng geflochten, dass nur einige einsame Sonnenstrahlen hier und durch das fast nächtliche Zwielicht dringen. Bäume und Gras scheinen dunkler zu sein und die Geräusche des Waldes lassen die Recken ihre Ohren spitzen - jedes Rascheln könnte Beobachter aus dem Dickicht ankündigen; jedes knacken dem Fuß eines verdeckten Verfolgers entstammen.
Als wieder einmal unweit von der Gruppe ein Strauch raschelt, zügelt Ragnar sein Pferd und zückt seine Klinge. Das Langschwert in der Hand deutet er auf den Strauch, doch bevor der Nordmann etwas sagen kann, bricht ein Fuchs aus dem Blätterwerk und läuft den Stamm der nahegelegenen Eiche hoch.
Fluchend lässt Ragnar die Klinge wieder in die Scheide gleiten. "Bei allen Göttern. Die Elfen sollten bald Mal auftauchen - das Ganze macht einen ja wahnsinnig." Dann hält er kurz inne und lässt ein kehliges Lachen über seine eigene Aufgewühltheit erklingen. Die Stimmung lockert sich.
Plötzlich ist ein lautes Brüllen und Keifen zu hören, von wilden Tieren, die in Raserei sind. Es erinnert an das von Hunden, oder Wölfen - doch es ist schriller. Die Pferde werden ein wenig scheu und Tarqetiks schlägt sogar kurz nach hinten aus, zum Glück, ohne jemanden zu treffen, aber die Reiter können sie kontrollieren. Auch Grimnir zeigt die Zähne und knurrt. Dann ist wieder ohrenbetäubendes Brüllen zu vernehmen - ein Schwarm Vögel erhebt sich über das Blätterdach und fliegt zwitschernd davon. Kleinere Tiere - in Aufruhr geraten - krabbeln über den wurzel- und blätterübersäten Boden.
Und dann erklingt plötzlich ein Kreischen zwischen zwei Brüllern. Es ist hoch und schrill. Zuerst können es die Männer nicht einordnen, weil das Geräusch nicht in die Umgebung zu passen scheint, doch dann hören sie in der gleichen Tonlage einen Ruf:
"Hilfe!" Da wird es Ihnen klar - es muss ein Mädchen sein, das vor Angst schreit.
[3]