Fane hatte es nicht gerne zugegeben, aber nach dem Hinterhalt in der Mühle hatte er jede Minute des kurzen Nachtschlafes dringend gebraucht. Verbissen bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen bedeutete nunmal, dass man irgendwann nicht mehr weiter konnte. Gegen die Vorwürfe, die der Krieger sich am nächsten Morgen machte, als die Helden von dem Duell gegen den Drachenmann erfuhren, half dieses Wissen aber natürlich nicht - manchmal musste man sich eingestehen, dass es nicht reichte, sein bestes zu geben.
Nach einem stillen Zwiegespräch mit der Erdmutter frühstückte der Mensch hauptsächlich in Gesellschaft der Dorfbewohner; er sprach Sanna und ihren Kindern ehrliches Beileid aus, gab sich aber ansonsten alle Mühe, die Stimmung unter den verängstigten Leuten zu heben und ihnen Hoffnung zu geben. Auch wenn er das Gespräch unter seinen Kampfgefährten am Rande mitbekam, mischte sich Fane nicht ein - zum Heldentum konnte niemand gezwungen werden, war er der Meinung. Celebren würde schon selbst erkennen, dass sein Herz am rechten Fleck saß und er das Richtige tat.
Für den Schwertkämpfer war es von Anfang an selbstverständlich, dass er losziehen würde, den Quell der Bedrohung zu finden. Um den Sold ging es ihm nicht - auch wenn er natürlich auch von etwas leben musste - er fühlte sich den einfachen Leuten gegenüber verpflichtet. Viel Zeit zur Vorbereitung brauchte Fane nicht, eher wurde er von vielen Abschiedsworten und -gesten beansprucht: das brüderliche Klopfen auf Kildraks breite Schultern (den tapferen, tüchtigen Zwerg würde er auf der gefährlichen Reise vermissen), die zaghaften Glückwünsche der Dorfbewohner, die winkenden Kinder, die Lilie, die ein Mädchen - Ylora - ihm mit tränenfeuchten Augen brachte...
Noch einmal schaute der Mensch zurück, als die Gefährten Grünnest hinter sich ließen. Stumm schwor er, der Sache auf den Grund zu gehen, bis der Landstrich wieder seinen Frieden hatte - bevor ihn dasselbe Schicksal ereilte wie seine einstige Heimat.
Noch angeschlagen von den Scharmützeln der letzten Nacht, war der Marsch querfeldein für Fane nicht unbedingt erholsam, aber er beschwerte sich nicht. Immerhin war die Spur deutlich und die Richtung fürs erste klar. In seiner schweren Rüstung hielt sich der Krieger im Hintergrund, als Däny und Thamior ihre überraschende Entdeckung machten; er trat erst aus dem Unterholz, als der Halbling mit der Kunde um die Nachzügler zurückgekehrt war.
"Mit Pfeilen spicken kannst du sie jederzeit, sie werden's nicht kommen sehen," hielt er den Hin im Flüsterton zurück. "Aber Leichen reden nicht so viel wie satte, angetrunkene Wichtigtuer. Lass uns erst rausfinden, was sie wissen."
Das hieß zwar, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber insgeheim freute sich Fane schon fast auf ein neuerliches Schauspiel von Gannayev. Gleich hinter dem Barden trat er ans Lagerfeuer heran, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah sich mit einem schiefen, schadenfrohen Halbgrinsen um.
"Ha, sind wir doch nicht ganz die Letzten. Was hab' ich gesagt?," stieß er den Halbelfen jovial mit dem Ellbogen an; dann tat er, als würde sein rechtes Bein leicht nachgeben. "'n Pfeil ins Knie, verdammte Dorftrottel. Als hätte ihr Gefuchtel viel gebracht." Seufzend und krächzend setzte sich der Krieger hin und hielt sich das 'verletzte' Knie. Mit seinem eigenen Trinkschlauch - in dem natürlich nur Wasser drin war und kein Wein - prostete er dem Sprecher der Plünderergruppe zu. "Auf die fette Beute!"