Malakar hatte wirklich die alten Schriften im Abadar-Tempel ausgiebig studiert. Sie reichten weit zurück und was noch erstaunlicher war, sie bezogen sich nicht nur auf Molthune wie man vielleicht denken könnte. Sie beschäftigten sich mit dem Bau der ersten Städte auf Avistan. Ein besonderes Kapitel war auch der prächtigen Stadt Absalom und seiner Gründung gewidmet. Trotzdem war die Materie freilich für Malakar keine Unbekannte ganz im Gegenteil. Städte, Gesetze, Handel und Reichtum waren die Thematiken dieser Bibliothek des Abadar-Tempels. Der Molthune-Tempel unterschied sich da wenig von anderen Tempeln. Und so verging einige Zeit, die für den ehemaligen Banditen und nun Abadar-Anhänger höchst faszinierend war, da er sich neben den Büchern auch mit seinen Glaubensbrüdern austauschen konnte. Mit dem gnomischen Abadar-Kleriker Cruz erlebte er sogar zwischenzeitlich ein kleines Abenteuer, welches die beiden zusammenschweißte. Doch er wurde wenig später in Canorate in einen Krieg hineingezogen, der überraschend kam, und mit dem so jedenfalls niemand rechnete.
Molthune nahm alle möglichen Kreaturen in ihre Armee auf beispielsweise auch Hobgoblins. Das sollte ihnen zum Verhängnis werden. Denn diese wendeten sich am Tag des Angriffs auf Canorate gegen Molthune. Dabei fing alles mit ein paar unscheinbaren und eher nur lästigen Banditenüberfällen an. Man sah die riesige Armee aus dem Gebirge seltsamerweise erst anrücken, als es fast zu spät war, aber auch „nur“ fast. Gerade noch rechtzeitig konnte alles mobil gemacht werden in der Hauptstadt Canorate. Es war ein Glück in diesem Fall, dass es sich um eine militärisch geprägte Nation handelte. Man dachte eigentlich immer, dass nur Isger Probleme mit Goblinoiden haben würde und momentan auch schon länger nicht mehr. Dieser Überfall kam für viele Molthuner wirklich sehr überraschend. Um den Tempel seiner Gottheit und sich selbst zu schützen griff Malakar in den Kampf mit ein. Mit seiner Waffe, die ursprünglich aus Alkenstar stammte und später außerhalb von Alkenstar verzaubert wurde, schoss er nicht nur reihenweise Hobgoblin ab mit dem Symbol einer roten Klaue vor einem gelben Kreis ab, wobei manche auch das Symbol eines fünfköpfigen Drachen trugen
[1], sondern auch schwarz geschuppte "drachenartige" Humanoide
[2], einfache Goblins mit Worgen, auch Kreaturen, die einen an Gargylen mit blauer schuppiger Haut erinnern, fledermausartige Flügel und hinten einen Schwanz mit Stachel haben
[3] und da waren auch noch gepanzerte humanoide Gestalten, die ziemlich verstaubt waren und die Spinnweben bedeckten, soweit Malakar das erkennen konnte, die sich allerdings mit der furchteinflößenden Unaufhaltsamkeit einer behäbigen, aber dennoch gefährlichen Bestie bewegten und mit Zweihändern bewaffnet waren (für ihre schwere Rüstung bewegten sie sich wahrhaft erstaunlich schnell)
[4] Aus der Entfernung hat der Abadar-Gläubige auch einen hausgroßen roten Drachen
[5] gesehen, den nach sehr verlustreicher Schlacht, die Verteidiger von Canorate doch irgendwie besiegen konnten. Einer deiner gnomischen Glaubensbrüder hat sich sogar in diesen Kampf vorgewagt und trägt nun eine Rüstung aus roten Drachenschuppen.
[6] Ein mächtiger Kleriker soll die ganze drakonische und goblinoide Armee angeführt haben und sogar mit einem eiltären Stoßtrupp Kriegsmagier, Antipaladinen, Assassinen, Kriegspriestern und Goblin-Scharfschützen in den inneren Kern der Verteidigung von Canorate vorgedrungen sein.
[7] Cruz war- wie schon angedeutet- auch wieder nach einigen wissensdurstigen Erkundungen in Canorate und tat sein Möglichstes um in dem Krieg gegen die Goblinoiden und drakonischen Kreaturen zu helfen. Nur seinem beherzten Eingreifen und Teleportieren mit einigen Abadar-Hohepriestern war es zu verdanken, dass der rote Drache in der Hauptstadt nicht alles in Schutt und Asche verwandelte. Die Tempelbibliothek unterlag der höchsten Sicherheitsstufe, doch in den Wirren dieses Krieges wurde ein abscheulicher Diebstahl von wertvollen Büchern gemeldet. Erkenntnismagie ergab merkwürdigerweise nur das, was eh schon auf der Hand lag, nämlich dass die Angreifer der Stadt auch etwas damit zu tun hatten. Offenbar hatten sie auch einen Meisterdieb oder gar Meisterdiebe in ihren Reihen.
Libarus dagegen trieb etwas ganz anderes nach Molthune. Die Suche nach unermesslichem Reichtum und Schätzen. Aus zuverlässiger Quelle hatte er gehört, dass irgendwo im Menador-Gebirge in Molthune ein uralter Tempel einer unbekannten, exotischen Drachengottheit liegen würde und dass an so einem Ort sicherlich viele Schätze zu holen wären. Eine Möglichkeit reich zu werden und berühmt zugleich. Libarus ging keinesfalls ungeschickt vor. Er merkte, dass überall in Molthune große Sicherheitsvorkehrungen
an den Grenzen getroffen wurden. Nur mit viel Glück schaffte er es dort hinein. Mit dem was kam, rechnete niemand, aber die Einreise war wegen Banditenüberfälle erschwert. Das wollte man vor Außenstehenden geheim halten eigentlich. Libarus hatte wirklich einen guten Plan wie er eine Expedition auf die Beine stellen würde. Er ging nach Canorate der Hauptstadt und wollte sich Abenteurer für eine Expedition suchen. Wahrlich clever gedacht. Allerdings kam ihm ein Krieg in die Quere. So dass er seine Pläne erst einmal nicht weiter verfolgen konnte. Auch ihm kam die Schlacht um die Hauptstadt ungelegen.
Gofindor Mentras bekam auch alles von der Schlacht mit als angesehener Kriegsmagier Molthunes. Viele Kreaturen waren ziemlich resistent gegenüber Magie. Die einfachen Goblinoiden natürlich nicht, aber diese waren sehr verschlagen in ihren Kriegstaktiken. Weniger Nethys, seine Schutzgottheit, beschützte ihn an diesem Tag, sondern es musste Desna gewesen sein, die ihre schützende Hand über ihn hielt. Denn viele seiner Kriegsmagier-Kameraden starben an diesem Tag, doch er nicht. Gofindor hatte mit dieser Armee noch eine offene Rechnung auch wenn sie scheinbar besiegt wurde.
Gruffin verehrte insgeheim Bolka und eines Nachts hatte er einen außergewöhnlichen Traum. Er sah eine Gestalt einer Zwergin, die ungefähr in seinem Alter sein musste, es war eine schimmernde, anmutige und charismatische Gestalt die auch eine Aura der Weisheit zugleich ausstrahlte. In perfektem zwergisch sagte sie zu Gruffin: „Ich glaube, Ihr wisst, wer ich bin. Eine uralte Gefahr lauert dort, wo die Flamme sich zuerst entzündet. Wenn das drakonisch Teufelische aus der Hölle ausbricht, ist alles verloren. Auch viele Zwerge werden sterben. Du hast eine Bestimmung. Gehe dort hin, wo alles beginnen wird und verhindere großes Unheil. Du wirst die Zeichen erkennen, wenn sie kommen. Warte auf deine große Stunde.“ Und plötzlich war die Zwergin weg, aber Gruffin sah dafür eine riesige Karte von Golarion, die die Innere See Region repräsentierte. Gruffin war wahrlich kein Experte für Geographie, aber selbst er erkannte wie ein Feuer in der Nation Molthune zu brennen begann und sich immer weiter ausbreitete bis die Karte nur noch ein Häufchen Asche war. Aus den Überresten der einst so riesigen Karte kamen fünf Drachenköpfe hervor. Wäre Gruffin nicht ein zwergischer Steinfürst hätte er es wahrhaft mit der Angst zu tun bekommen, als die Drachenköpfe, die die fünf chromatischen Drachen repräsentierten, blitzschnell auf ihn zu kamen. Doch dann erwachte er wieder. Er hatte nun ein Ziel: Molthune. Die Drachenkreaturen, die er dann in Canorate mit eigenen Augen sah, bestätigten den Traum, dem er gefolgt war. Es musste Bolka sein, die ihm erschien und er hatte den Traum bzw. Alptraum ernst genommen.
Letztendlich hatten die Verteidiger von Canorate gesiegt und die kläglichen Reste des Feindes in die Flucht geschlagen. Doch um welchen Preis! Viele Soldaten ließen ihr Leben, die Stadt war ein Trümmerhaufen und überall war man noch in Alarmbereitschaft trotz dieses „taladanischen Sieges“
[8] aus Sicht vieler Hauptstadt-Bewohner. Überall hatte man Angst, dass Nirmathas die Gunst der Stunde nutzen würde und jetzt Molthune überfallen würde. Doch noch geschah das nicht.
Der Imperiale Governeur Markwin Teldas hatte ein gutes Informationsnetzwerk und er wurde auf die fünf genannten „Helden“ aufmerksam durch so manche großen Taten der Vergangenheit bzw. was er so über sie erfahren konnte. Doch trotzdem blieb es immer noch ein Rätsel, warum gerade sie ausgewählt wurden. Ja, viele waren tot in der Hauptstadt, aber einige Elite-Truppen waren schon noch übrig. Warum bediente er sich gerade ihrer? Gut, bei Gofindor konnte man sich noch halbwegs vorstellen warum. Aber bei dem Rest? Aber auch dieses Rätsel würde bestimmt bald gelüftet werden.
Das Imperiale Schloss war auf jeden Fall gut erhalten, als die Fünf zufällig in etwa gleichzeitig mit einer fast identischen wenig sagenden Einladung dort eintrafen. Trotz der Tatsache, dass die oberste Speerspitze der Goblinoiden das Innere des Imperialen Schlosses angriff, war das wehrhafte Gebäude erstaunlich gut erhalten. Die Leichen mussten schon weggetragen sein, nur ab und an dachte man, dass ein paar Blutflecken auf den Teppichen zu sehen wären, die natürlich noch weggemacht werden müssen. Man führt die Fünf auch sogleich an ihren Bestimmungsort nach Vorzeigen der Einladung und nach der Überprüfung ihrer Echtheit. Governeur Teldas erwartet sie auch schon. Der Kriegsbesprechungsraum ist sehr karg eingerichtet, gerade mal ein Tisch und insgesamt zehn Stühle, wovon natürlich dieses mal nicht alle gebraucht werden. Auffällig ist allerdings eine riesige Karte von der gesamten inneren See Region, die eine Beschriftung der wichtigsten Regionen hat. Eine wahre Augenweide für jeden Geographen. Als die Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht sind, mustert das Staatsoberhaupt alle Anwesenden erst einmal sehr genau, bevor er das Wort- sicherlich bald- ergreifen wird.
[9]