Langsamen Schrittes wandert der Ronin durch das Dorf. Er ignoriert die verstohlenen Blicke, die ihm Frauen und Kinder nachwerfen, reagiert auch nicht auf die tiefen Verbeugungen, die selbst alte Bauern mit schmerzendem Rücken vor ihm machen. Stolz marschiert er voran, mustert die einfachen Häuser, die Einzäunungen, die Beete und Wege, mit unendlicher Mühe angelegt in dieser kargen Umgebung. Seine Linke ruht auf den Griffstücken seines Daisho, die Rechte ist mit dem Daumen unter den Kaku-Obi gehakt, der seinen Kimono umschlingt. Schweigend lässt er seinen Blick schweifen, verschafft sich eine Übersicht: Wie viele Bauern leben noch in diesem Dorf? Haben sie genug Reis zu essen, oder ernähren sie sich nur noch von Hirse? Gibt es wirklich nur Frauen, Greise und Kinder, oder findet sich auch noch der eine oder andere junge Bursche, der einen Speer führen könnte? Seine Bilanz fällt schlecht aus: Das Dorf ist zwar nicht reich, aber auch nicht so arm, dass Räuber es nicht noch plündern könnten.
Ganz abgesehen von den Frauen und einigen sehr hübschen jungen Mädchen, die man nicht alle erfolgreich vor ihm zu verstecken versucht hat. Gerade hat er einen alten Mann ertappt, der in seiner Angst vor dem fremden Samurai zu einer ganz und gar unwürdigen Methode gegriffen hat: "Schäm dich, alter Mann!" hat Tsuyoshi ihn angefahren. "Wie konntest du deiner Tochter die Haare abschneiden und sie in Männersachen stecken – sieh nur, wie sie vor Scham weint! Glaubst du alter Narr etwa, damit könntest du einen Banditen täuschen, eh?!" Wütend hat er gedroht, sein Katana zu zücken, als ihm noch ein Einfall kam: "Oder hast du dir etwa gedacht, ich sei hinter euren Mädchen her, was?!" Er erinnert sich jetzt noch an das aschfahle Gesicht, mit dem der Greis vor ihm in den Staub gefallen ist und um Verzeihung gebeten hat. "Baka!" flucht er unterdrückt. Selbst in ihrer Männerverkleidung war nicht zu übersehen, dass das Mädchen schön war. Ein Bandit würde nicht zögern...
Er ist mit seinen düsteren Gedanken beschäftigt, als ein niedriges Gebäude mit einem Anbau in Sicht kommt, der sich auf der dem Dorf abgewandten Seite befindet, weit weg von den übrigen Häusern, damit kein Funkenflug sie gefährden kann. Eine Esse ist zu erkennen, und er erinnert sich an die Beschreibung der Dame Chúsei, die von einer Schmiede sprach. Zwar hat er keinen einzigen Koban in seinem Beutel, aber als Samurai interessiert ihn die Schmiede dennoch. Die Esse scheint kalt – kein Wunder, da der Schmied ebenso verschollen sein muss wie die anderen Männer des Ortes. Vor der offenen Front des Anbaus bleibt Tsuyoshi stehen und schaut sich um. Sicherlich war der Mann, der hier gearbeitet hat, kein echter Schwertschmied. Eher wird er Werkzeuge für die Feldarbeit gefertigt haben. Doch das Wissen, dass seine guten, aber alten ererbten Klingen wieder einmal die Pflege eines Meisters gebrauchen könnten, treibt ihn dazu, einige Schritte weiter zu gehen.