Nun hatten sie Zeit nachzudenken, zu reden und zu üben. Etwas was Woh Zsar im Moment brauchte, denn der Kampfstil mit dem Blaster, den er im Dschungel gelernt hatte, war für einen Kampf an der Seite von Jedischülern nur mäßig brauchbar. Da ihn dies wurmte, hatte er sich eine Stange als improvisiertes Übungschwert auf ihrem Ersatzteillager genommen und war in den Übungsraum gegangen.
Dort angekommen, stellte er alsbald fest, dass er sich nur noch schwer an die Bewegungen des Lichtschwertkampfes erinnerte. Frustriert fuchtelte er also mit der Stange herum, als Barret den Raum betrat.
Die Bewegung, in der er wie angewurzelt stehen geblieben war, sah ziemlich lächerlich aus. Jedenfalls für jemanden der schon mehr Erfahrung hatte. Mit einem räuspern entspannte er sich. „Oh em, auch etwas üben? Ich glaub, ich habe alles vergessen, was mir beigebracht wurde. Ich habe gesehen bei dir uns Xiara ist das anders. Wie kommt das und hast du Lust mir auf die Sprünge zu helfen?“
Barret war auch kurz überrascht, als er auf Woh Zsar traf. Aber es störte ihn nicht, zu zweit konnte man manches besser üben. Er hatte in der letzten Nacht ein komischen Traum gehabt. Er sah darin einen Jedi mit dem Lichtschwert kämpfen und irgendwie kamen ihm die Bewegungen bekannt vor. Vielleicht hatte er sie bei seinem Meister schon mal gesehen oder sogar mal selbst ausprobiert. Wie auch immer, wirklich erinnern konnte er sich nicht. Im Traum hatte er gebannt zugeschaut und versucht, sich die Bewegungen zu merken. Als er am Morgen erwacht war, war das Bett ganz zerwühlt gewesen, als hätte er im Traum versucht, einige der Bewegungen nachzuahmen. Er glaubte auch, sich einiges davon behalten zu haben und nun wollte er ausprobieren, wie es sich in der echten Welt anfühlte. Als er Woh Zsars teilweise etwas ungelenken Bewegungen sah war er ein bisschen froh, dass sie beide noch übten, so brauchte er sich nicht zu schämen, wenn es ihm nicht gelang.
"Oh, ich bin selbst noch ein Schüler, wie du weißt. Aber vielleicht können wir ja von einander lernen. Ich habe mich an einige Bewegungen erinnert, die ich vergessen hatte. Vielleicht hat die Meditation mit dem Holocron da etwas hervorgeholt, dass ich vergessen hatte. Leider habe ich ja mein Schwert verloren. Diese Klinge ist gut, fühlt sich fast so an die ein Lichtschwert, aber eben nur fast. Na komm, lass es uns mal versuchen."
Als erstes gingen sie zum Aufwärmen die Grundpositionen durch und dann übten sie verschiedene Bewegungsmuster. Bei den Aufwärmübungen und Positionen machte Woh Zsar Barret alles nach. Sein Körper hatte wohl doch nicht alles vergessen oder er war in so einer guten Verfassung, dass das er sich in den Übungen entspannen konnte. Bei den einfachen Paraden und Angriffen schaffte er es zwar mitzukommen, aber einen wirklich guten Hieb setzte er nicht.
„Du sagtest etwas von Bewegungen? Hatte sie dein Meister gezeigt, was war er für ein Meister?“ fragte Woh Zsar in einer kurzen Trinkpause. „Ich meine, mein Meister war eher ein Beschützer und hatte kein so großes Augenmerk auf den Kampf gelegt.“ Noch während die Fragen offen waren, fasste er die Stange wieder wie ein Schwert und wiederholte ein paar Paraden. Danach hielt er die Spitze zu Barret zeigend, bereit für die nächsten Schlagfolgen.
Es tat Barret gut mit Woh Zsar zusammen die Grundbewegungen noch einmal zu studieren. Wiederholungen, ständige Wiederholungen. Er erinnerte sich an die Langeweile, die früher dabei in seinem Kopf entstanden war, die Ungeduld, weil er dachte, er könne es schon und die Worte seines Meisters, der ihn immer wieder leicht aus dem Konzept brachte und ihm zeigte, dass die Bewegungen noch nicht so in Fleisch und Blut übergegangen waren, dass sie automatisch abliefen. Und dann war der Tag gekommen, an dem er bemerkte, dass etwas anders war. Er langweilte sich nicht mehr, er hatte gelernt, sich auf die Bewegungen zu konzentrieren und nichts Anderes zu wollen - und dann ging alles wie von alleine. Diese Ruhe, diese Entspannung, während sein Körper die Bewegungen alleine durchführte und dann der nähst Schritt, zu planen und auf Gelegenheiten zu achten, während er zuschlug und parierte. Nun erlebte er dies alles wieder. Er ließ sich auch von den Fragen nicht aus der Ruhe bringen und so musste Woh lange auf die Antwort auf seine Frage warten, eine ganze Trainingsrunde lang.
Als sie also die nächste Pause einlegten, erzählte Barret von seinem Meister. "Wie war er, oh, das ist schwer zu sagen. Er war auch kein großer Kämpfer, aber ich glaube, dass die Übungen mit dem Lichtschwert für ihn eine Art Meditation waren. Ich war schon immer eher ungeduldig, vielleicht war er es auch, vielleicht war dies der Grund, warum er mich ausbilden wollte, aber sicher bin ich da nicht. Wirklich gekämpft haben wir kaum, er sagte immer, dass das Schwert ein Schutz aus Licht ist. Du musst solange überleben bis dein Gegenüber müde wird, dann bekommst du die Chance, eine Einigung zu finden. Es war eine andere Zeit, gegen die Inquisitorin hat man so keine Chance. Aber egal, wie gesagt, es ging ihm gar nicht so sehr ums kämpfen, sondern um andere Dinge. Das habe ich damals nicht verstanden, deshalb habe ich das Schwert irgendwann weggelegt, als er nicht wieder auftauchte. Vielleicht war das ja auch der Grund, warum er starb, warum die Jedi starben. Vielleicht hätten sie mehr Krieger sein müssen als kluge Redner. Was bringt uns all die Klugheit gegen Leute wie die Inquisitorin? Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Stärke, die wir heute brauchen woanders liegt." Erschrocken über seine Worte verstummte er, spürte wie die Hitze ihm in den Kopf stieg und blickte beschämt zu Boden.
"Ich rede quatsch. Komm, machen wir weiter. Ich will heute Nacht meine Muskeln spüren, wenn ich ins Bett falle."
Die Muskeln spüren war gut. Schon nach dieser Einheit glaubte Woh Zsar Muskeln zu spüren, die er schon lange nicht mehr benutzt hatte. Mit einem nicken machte er sich aber für die nächste Runde bereit. Ohne Barrets Worte zu kommentieren, griff Woh Zsar an und übernahm den attackierenden Part. Schon beim ersten Schlag konnte Barret merken, dass Woh Zsar innerlich nicht ruhig war. Auch wenn Barret es relativiert hatte, fühlte er sich von dessen Worten angegriffen. Mehr Krieger als Redner hätte man damals sein sollen. Eine große Behauptung, und doch spürte er, dass da etwas dran war. Schließlich war das passiv sein irgendwie wirklich eine komische Eigenschaft.
Immer weiter über Barrets Worte nachdenkend, wurden Woh Zsars angriffe waghalsiger. Er versuchte Manöver in seine Angriffe zu legen, sprang zum Auswichen, schlug hacken vor dem Angriff und täuschte auch angriffe an nur um dann mit der freien, flachen Hand zuzuschlagen. Diese improvisierten Angriffe waren aber für Barret gut abzuwehren. Vor allem da Woh Zsar es nie wirklich schaffte Kraft und Bewegung zu koordinieren. Am Ende der Runde hob er dann die Hand, so ähnlich wie bei den Geschützen vor zwei Tagen, dann blinzelte er aber und ließ eine offene Lücke für Barret zurück.
Schnaufend, und mit vor Anstrengung nassen Hemd, lies sich Woh Zsar auf den Boden sacken. Nach drei Atemzügen sagte er dann wieder etwas. „Wir hatten gekämpft und denn noch sind wir gestorben. Es brennt in mir wie ein Feuer, genau die Frage ob wir nicht alle lieber zu den Waffen hätten greifen sollen, ob wir nicht aktiver hätten sein sollen ob wir sie nicht mit den Schwertern und der Macht nicht hätten besiegen können. Ob es etwas geändert hätte wenn ich mich meinem Meister widersetzt hätte." mit einem Kopfschütteln beendete er seine Worte und setzte von neuen an. „Wir können nicht ändern was war, nur das jetzt. Ihr habt Tula und in gewisser Weise auch mich gerettet. Unterschätze also nicht was ihr, was du schon jetzt kannst. Ob das für einen Inquisitor reicht, weiß ich nicht aber zusammen wachsen wir.“ Er hob den Blick zu Barret. „In den letzten Kämpfen, in den Meditationen habe ich immer wieder den Wunsch, nein das Verlangen Euch zu Schützen. Wenn ich dann an meine Grenzen stoße, wird das Verlangen zu einem Feuer. Barret, warum kämpfst du? Warum willst du nicht einfach weglaufen und dich die nächsten Jahrzehnte verstecken. Auch in einer Dunklen Höhle kann das Wissen bewahrt werden.“
Es dauerte einen Moment, bis Barret bemerkte, dass seine Worte bei Woh Zsar Ärger ausgelöst hatten. Seine Angriffe wurden kräftiger, aber unpräziser. Er bemerkte es auch deshalb, weil er sich gut daran erinnern konnte, wie sich seine eigenen Schläge verändert hatten, wenn er sich geärgert hatte. Sein Meister hatte es immer leicht geschafft, ihn in Rage zu bringen und Barret hatte sehr gut in Erinnerung, wie hilflos er sich immer gefühlt hatte, wenn sein Meister Barrets Wut ausgenutzt hatte, um ihn im Kampf zu schwächen. Denn nichts anderes war es gewesen. Stets hatte seine Aufmerksamkeit und Präzision gelitten, er hatte die Deckung vernachlässigt und so dem Gegner Gelegenheiten geboten. Aber er hatte daraus gelernt, zumindest im Kampf.
Zuerst verstand Barret nicht, womit er Woh Zsar verärgert hatte. Für ihn war das ein historisches Ereignis, etwas das der nicht miterlebt hatte, etwas worüber es ihm leicht fiel zu urteilen. Aber was wusste er schon von den Ereignissen – Nichts.
"Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint. Eigentlich weiß ich ja gar nichts darüber. Und eines kann ich dir sagen, diese Inquisitorin, so viel Bösartigkeit habe ich selten erlebt. Sie war kalt, präzise, tödlich. Grauenhaft, furchterregend, es fehlen mir die Worte, um sie zu beschreiben. Es hat nichts mit dem gemein, was uns heilig ist. Ich weiß auch nicht, was dagegen helfen sollte. Ich war in ihrer Hand und trotz all ihrer Macht, habe ich überlebt. Nicht weil ich so stark war, sondern weil ich Hilfe hatte. Gemeinsam ist man stärker, da hast du Recht und es war nicht die direkte Konfrontation, sondern das Vermeiden. Mein Meister hat immer gesagt: "Nur der Baum der sich zu biegen vermag widersteht dem Sturm, wer sich ihm stolz in den Weg stellt, der bricht". Ich muss noch so viel lernen."
Bei der letzten Frage von Woh Zsar musste Barret lange nachdenken. Warum kämpfte er.
"Ich weiß nicht. Ich bin nicht losgezogen, um zu kämpfen. Ich wurde gefunden und naja, seitdem folge ich einfach nur oder reagiere. Ich bin hier, weil ich gehofft hatte, dass nicht alles umsonst war. Da war mal einer, der hat etwas in mir gesehen, dass ich nicht sehen konnte. Und dann war er weg. Ich meine, ich war ein Junge als alles endete. Ich wusste nicht, was passiert war, ich dachte, es läge an mir. Und nun musste ich erfahren, dass es anders war. Und ich hatte gehofft, dass ich neu anfangen könnte. Weiter lernen, wieder diesen Weg beschreiten. Ich glaube, also, lange habe ich gedacht, es war ein Fehler. Ich wäre nicht das, was mein Meister erhofft hatte. Ich habe selbst daran gezweifelt, dass die Macht wirklich ist und das ich…also das ich etwas damit anfangen kann. Ich kam aus meinem Versteck heraus, weil ich hoffte, dass da mehr ist. Letztlich habe ich es aber nicht entschieden, es kam einfach so. Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartet, ich weiß nicht, ob ich den Mut gehabt hätte." Dann sah er Woh Zsar direkt an. Er hatte nie über diese Dinge gesprochen, er hatte sich noch nicht einmal getraut, sie zu denken. Und nun saß er hier und es sprudelte nur so aus ihm heraus.
"Du hast das alles überlebt, hast dich im Dschungel durchgeschlagen. Ich dagegen habe mich verkrochen. Ich bin nicht stark, nicht mutig. Wäre ich dort draußen gewesen, damals, ich wäre heute tot. Was kann ich also schon dazu sagen." Er zuckte mit den Schultern, denn er wusste nichts mehr zu sagen.
Der Blick von Woh Zsar ging zur Seite. Er schnaufte aus. Nicht vor Verachtung sondern mehr vor Resignation. „Verkrochen habe auch ich mich. Ich war nur dort. Machtlos, ein Padawan im Feuer des Krieges.“ Fest biss er sich auf die Unte3rlippe bevor er sich wieder aufrichtete und zu Barret Blickte. „Irgendwie ist es nostalgisch. Wir sind Relikte einer vergessenen Zeit. Ich möchte auch weiter lernen. Wieder wachsen, den Weg beschreiten den ich als Kind nicht gehen konnte. Die Macht, ihre Wege sind manchmal seltsam. Ein Baum bleibt immer der Setzling. Gleich wie er jetzt daher kommt. Das war eine Weisheit meines Meisters.“
Sichtlich träge stand er auf und hob die Stangenspitze provokant gen Barret. „Komme Eine Runde noch und morgen wieder, so du es willst. Lass mich deinen Sturm spüren und bring mir bitte das Biegen bei.“ Verschmitzt grinste er Barret an.
Ohne viele Worte nickte Barret und stand auf. Woh Zsars Bewegungen wirkten schon viel flüssiger als zu Beginn der Übung. Barret musste sich mehr konzentrieren, allerdings gingen ihm die Worte seines Gegenübers immer wieder durch den Kopf. Und so bekam er den einen oder anderen Treffer ab, den er sonst vielleicht abgewehrt hätte. Aber da sich beide bemühten, den anderen nicht zu verletzten, war das Ganze wieder eine Lektion für Barret, die Aufmerksamkeit im hier und jetzt zu halten und nicht in Gedanken in die Ferne zu schweifen.
Irgendwann ließ er die Waffe sinken. „Ich glaube es ist genug für heute, ich brauche eine Pause. Ich muss an den Setzling denken. Das bedeutet doch auch, dass man sich nicht entwickelt, sondern nur anders erscheint. Das glaube ich nicht. Oder ich verstehe nicht, was dein Meister gemeint hat. Aber darüber können wir ein anderes Mal reden, ich kann gerade nicht mehr gut denken. Ich brauche jetzt eine Dusche und etwas zu Essen.“
Und so verabredeten sie sich für die nächste Trainingsstunde einige Tage später, Barret wollte mindestens einen Ruhetag einlegen, um seine Muskeln zu entspannen und sich auf den Besuch des Holocrons vorzubereiten.