Damian muss über Meister Aravashnial lächeln; auch wenn sich schnell ein schlechtes Gewissen einstellt, dem blinden Elfen nicht selbst geholfen zu haben. Die Zeichen der Erschöpfung in Damians Gesicht zeugen aber davon, dass ihm in den letzten Tagen schlicht die Zeit gefehlt hatte, sich um jemanden zu kümmern, der nicht an der Schwelle zu Pharasmas Reich stand. Es galt, Prioritäten zu setzen, denn er hatte das behelfsmäßige Lazarett nicht verlassen, um mit seinen alten Gefährten Erinnerungen an bessere Zeiten wiederaufleben zu lassen. Trotzdem war Damian froh, dass Razgrim den Elfen mit Wohlwollen begrüßte; das Wissen des Elfens würden sie in der Tat brauchen.
"Ich stimme Razgrim zu. Ja, die verbliebenen Kultisten sind ein Problem, doch mit Hilfe der Streitkräfte Tiefenheims sollte es Euch gelingen, sie unter Kontrolle zu halten und gegebenenfalls sogar für uns zu rekrutieren. Ihr solltet Euch hier mit König Sul absprechen und ich empfehle Euch, ihn zukünftig zu diesen Versammlungen einzuladen. Auch Paraliktor Astorath. So ungern ich mit den Höllenrittern kooperiere, sie kontrollieren die nördlichen Stadtviertel schon jetzt beinahe uneingeschränkt und wenn wir den nächsten Konflikt innerhalb der Stadtmauern abwenden wollen, müssen wir sie frühzeitig in unsere Planung miteinbeziehen.
Aber das sind nicht unsere dringlichsten Probleme. Wir wissen alle, dass es den Dämonen nun möglich wäre, Portale direkt in der Stadt aufzureißen und in Strömen über uns herzufallen. Doch es ist ruhig und dies kann nur bedeuten, dass ihre Ressourcen nicht unbegrenzt sind. Entweder sind ihre Armeen derzeit an anderen Orten gebunden oder sie haben Verluste erlitten und müssen sich neu formieren. Denkt an die schweren Wunden, die Vorlesh erlitt."
Damian tritt zum Tisch mit der Karte in der Mitte des Raumes und deutet erst auf eine Stelle nicht weit westlich von Kenabres und dann weiter nördlich auf eine andere Markierung.
"Wir kennen ihre Operationsbasen. Iz, das alte Herz der Sarkorischen Steppenfürsten und Drezen, eine unserer ersten Festungen aus der Zeit des 1. Kreuzzugs. Alle vermuten, dass sich das Zentrum der Weltenwunde, das Portal in den Abyss nahe Iz befindet, doch für einen direkten Schlag gegen Iz fehlt uns eine Armee. Unser Kampf gegen Vorlesh hat aber mehr als deutlich bewiesen, dass wir nicht machtlos sind. Als kleine, unabhängig operierende Einheit müsste es uns möglich sein, tief hinter die feindlichen Linien vorzudringen und strategische Punkte anzugreifen oder auszuschalten.
Dämonen sind Kreaturen des reinen Chaos. Ihre Armeen fußen aufgrund ihrer Natur nur und einzig darauf, dass sie von einer mächtigeren Kreatur dazu gezwungen werden, eine Ordnung einzuhalten. Dieses Verhalten widerstrebt aber jedem Dämonen. Ja, sie sind mörderische Bestien und ihre Hinterlist ist grenzenlos, aber sie wollen lieber wahllos alles zerstören oder korrumpieren, was sie sehen, statt einem Plan folgen. Ob sie sich gegenseitig zerfleischen oder uns, ist ihnen gleich. Erinnert Euch an Millorns Worte und den Blutkrieg zwischen den Streitkräften Asmodeus und den Horden des Abyss. Wir kämpfen gegen Dämonen, nicht gegen Teufel. Wir wissen nicht, welche Auswirkung unser Sieg gegen Vorlesh nach sich zieht, aber wir können davon ausgehen, dass ihre Macht vorübergehend gebrochen ist, was die unter ihr dienenden Dämonen sicherlich nutzen werden, um aufzubegehren. Dies würde bedeuten, dass die anderen Anführer der Dämonen gebunden sind, was auch erklären würde, warum der Sturmkönig nicht längst wieder vor den Toren steht.
Ich sage Euch, es ist an der Zeit, zurückzuschlagen! Drezen befindet sich an den Ausläufern der Dämonenwüste. Der Einfluss der Wunde ist hier am geringsten. Mein Vorschlag ist, eine kleine Truppe zu formen, um die Festung zu infiltrieren und den Dämon oder Kultisten auszuschalten, der sie beherrscht und die dämonischen Streitkräfte dort zurück ins Chaos zu stürzen."
Damian hält kurz inne.
"Glaubt mir, ich weiß, was ich hier von Euch verlange, ich stand dem Sturmkönig gegenüber und fürchte die Schrecken des Abgrunds ebenso wie die verzerrten und verdrehten Ebenen der Weltenwunde. Aber wir werden keinen Frieden finden, solange die Wunde nicht geschlossen ist. Jeder Versuch, sich um die Verwundeten zu kümmern, die Mauern wieder aufzubauen und Schutz zu suchen, ist zum Scheitern verurteilt. Der erste Kreuzzug wurde ausgerufen, um die Wunde zu schließen und wir alle wissen, dass nur dies uns Frieden bringen würde. Dies mag unsere dunkelste Stunde sein, aber wir haben die Gelegenheit, das Blatt zu wenden. Ich sage, wir rufen den fünften Kreuzzug aus und erobern unsere Stützpunkte in der Weltenwunde Schritt für Schritt zurück."