Damian erhebt sich und tritt zurück neben seine Gefährten. Hatte sie sich an ihn erinnert? Er konnte es weder an ihren Worten, noch an ihrem Gesicht ablesen. Wie lange war es her? Einhundertzwanzig Jahre? Ja, damals war er etwas älter als 30 Jahre alt, doch Damian erinnerte sich als wäre es erst gestern passiert. Galfrey ritt an der Spitze einer Truppe Reiter durch die Tore, um in Kenabres zu rasten, bevor sie in die Steppe Sarkoris aufbrechen wollte. Damals war sie noch Galfrey, die Tochter des Prinzen von Mendev, nicht Königin Galfrey und als Paladin Aroden ergeben.
Ihre Gesichtszüge haben sich allerdings kaum verändert. Auch wenn sie damals voll Wut war. Damian war ihr am Tor begegnet als Keel ihr entgegenstürmte. Ihr Vater, der Iobarische Prinz Kelthun, war damals bei einer diplomatischen Mission in den Tiefen der Sarkorischen Steppe unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen und Damian erinnerte sich noch an die Gerüchte, dass es die Mammutfürsten oder die Hexen Irrisens gewesen sind, um einen Krieg der Sarkorischen Barbaren mit Mendev anzuzetteln. Viel hätte nicht gefehlt. Galfrey war drauf und dran, Truppen zusammenziehen, um nach Iz zu reiten, so sehr schmerzte sie der Verlust ihres Vaters.
Keel hatte ihr im Namen Arodens wiedersprochen und sie angefleht, von ihrem Vorhaben abzulassen, doch schon der nächste Tag veränderte den Lauf der Ereignisse. Damian sah zum ersten Mal in seinem Leben einen Drachen, als Halaseliax selbst, der Große Goldene, vor den Toren der Stadt erschien und Kunde vom Drachenkönig Iobariens brachte, der Galfrey zum Nachfolger ihres Vaters und zur Prinzessin von Mendev bestimmte. Wie Galfrey am nächsten Tag auf dem Rücken des Drachen zurück nach Nerosyan flog, wird Damian nie vergessen.
So viele Jahre. Damians Blick ruht auf der Königin. Er hatte sie danach noch viele Male gesehen, zur Krönungszeremonie und als die Kreuzzüge ausgerufen wurden, doch so nah wie damals an den Toren war er ihr nie wieder gekommen. Wie verletzlich sie damals wirkte und wie stark der Gegensatz zur Königin ist, die nun vor ihm auf ihrem Pferd sitzt und deren Macht und Stärke beinahe physisch spürbar ist. Ob sie ihr Schicksal hätten ändern können? So viel war seitdem passiert. Aroden verschwand, die Weltenwunde brach auf, das Königreich Iobariens fiel in den Wirren der Drachenplage und Galfrey war gezwungen, als dem standzuhalten, sich gegen alle Abgründe zu stellen und Mendev zu beschützen.
Im Anbetracht der Ereignisse, die auf sie zukommen würden, hoffte Damian, auch nur ansatzweise an ihre Stärke heranzureichen.