Als Damian näher an den Vogel heran tritt, bestätigt sich seine Vermutung: Es handelt sich eindeutig um einen Nosoi!
Die Kreatur besitzt den Körper eines Raben, trägt jedoch eine absurd anmutende Ledermaske über einem gewaltigen Schnabel.
Der niedere Psychopompos legt den Kopf schräg und starrt Damian durch zwei funkelnde Linsen an, die an der Stelle seiner Augen in die Maske eingenäht sind.
Eine Weile tauschen der Aasimar und der kleine Externar Blicke, dann plustert sich der Nosoi auf und segelt von der Mauerkrone, auf der er bisher gesessen hat herunter. Ein Windhauch berührt Damians Wange, als die Kreatur knapp an seinem Gesicht vorbei segelt und Richtung des Tors der Festungsmauer fliegt.
Der Nosoi fliegt eine Schleife und verharrt dann über dem Tor in der Luft, offenbar darauf wartend, dass Damian ihm folgt.
Der Magier spürt, dass von dem Externar keine Gefahr ausgeht und folgt der Einladung des Nosoi zu einem kleinen Spaziergang.
Eiligen Schrittes läuft Damian seinem geflügelten Führer hinterher aus dem Tor und einige hundert Schritte außerhalb der Festung. Der Geruch nach verbranntem Fleisch vermittelt Damian schon von weitem, wohin ihn der Nosoi führt und in der Tat lässt sich der vogelartige Externar vor dem immer noch qualmenden Scheiterhaufen nieder, auf dem vor wenigen Stunden noch die Leichen der Gefallenen verbrannt wurden.
Ein öliger Nebel hängt in der Luft und mit einem Mal fällt Damian die geisterhafte Stille an diesem Ort auf.
Kein Tierlaut ist zu vernehmen, kein Laub, dass in einer Windböe raschelt, selbst vom Lager der Kreuzfahrer, obwohl nur wenige hundert Schritte entfernt, klingt kein Geräusch herüber.
Der Nosoi hüpft durch platt getretenes und rußgeschwärztes Gras, bis er direkt vor dem grausigen Haufen aus Schlacke und Asche steht. Die Glaslinsen in der Maske des Externars schimmern in blassem Licht, als die Kreatur langsam anfängt mit dem Kopf zu wippen.
Während Damian noch überlegt, was der Nosoi vorhaben könnte, wirbeln auf einmal fahle Rauchschwaden gen Himmel und ehe sich der Assimar versieht, materialisiert sich die transluzente Gestalt eines für den Krieg gerüsteten Zwergs. Hinter langem, zerzausten Haaren liegen nur leere Augenhöhlen und in dem zerzausten Bart klafft ein rundes, zahnloses Loch, aus dem ein gequältes Stöhnen klingt.
Die Erscheinung richtet anklagend einen Finger auf Damian und spricht mit Grabesstimme:
"Ah, Dämon! Hinfort mit Euch, finstere Brut! Glaubt Ihr, ich durchschaue die Maske nicht?
Euer Antlitz ist engelsgleich, welche perfide Blasphemie!
Aber ihr täuscht mich nicht!
Nicht noch einmal, hört Ihr?!"Die Stimme des Geists klingt bedrohlich und Damian spürt wie eine Welle unterschiedlichster Emotionen in ihm aufwallen, die nicht seine eigenen sind: Heißer Zorn, abgrundtiefer Hass und darunter gemischt eine große Portion nackte Angst.