GULASADO
(http://img.welt.de/img/bildergalerien/crop108253719/0869596637-ci3x2l-w540-aoriginal-h360-l0/Burg-Friesach.jpg)
Jaresh hatte nicht zu viel versprochen. Das Anwesen - Sanjan, Manik und Tarqetik kennen es bereits von ihrem ersten Besuch - ist ein wunderschönes, hölzernes Haus, mit schrägem Dach, zwei vollen Stockwerken, einem dritten als Dachgeschoss und einer weiten Veranda vor der Haupttür. Unweit steht ein Stall für die Pferde, die Gefährten können ihre Reittiere dort anbinden. Schräg dahinter erkennen sie auch das Dampfbad. Velon, der junge Stallbursche kümmert sich um die Pferde, während einige der Feldarbeiter herbeieilen, um die Neuankömmlinge zu begutachten oder zu begrüßen.
Pishu - der Arbeiter, den Sanjan vor dem Bären gerettet und anschließend behandelt hat - zieht seinen Hut und verbeugt sich vor dem Schamanen, doch auch Edgar und Balon sind da und jubeln den Gefährten zu. Plötzlich spürt Sanjan, wie etwas an seinem Ärmel zieht. Als er zur Seite schaut, erkennt er, dass es sich um Kirus handelt. "Kennst du die Frau da hinten?", fragt ihn den junge Dejy. "Sie schaut immerzu zu dir. Sie ist sehr hübsch."
Sanjan folgt dem Blick des Jungen und erblickt Siola, die ein Dutzend Schritte hinter den Feldarbeitern auf der Veranda des Hauses steht, an einen der äußeren Terassenpfosten angelehnt. Sie trägt ein einfaches Kleid - dennoch ist unübersehbar, dass sie sich für den Besuch umgezogen hat. Sonst hätte sie wohl Hosen und ein Hemd getragen, womit es sich auf dem Gut einfacher arbeiten lässt. Die Haare - dunkles Kupfer - sind streng nach hinten geführt und zu einem Zopf gebunden. Die blauen Augen mustern Sanjan, ein Lächeln liegt auf den Lippen. Dennoch hat der Schamane das deutliche Gefühl, dass die Freude gezwungen ist, als würde sie eigentlich von einer Trauer gequält werden. Und dieses Gefühl bleibt auch bestehen, als sie ihn zu Begrüßung kurz umarmt und Willkommen heißt.
Schließlich betritt die Gruppe die angenehme Kühle des Hauses. Zwei Hausmädchen begrüßen die Neuankömmlinge - dieselben, die bereits beim ersten Besuch der ursprünglichen Gefährten zugegen waren. Der Eingangsbereich ist eine große Halle, die sich über die ersten zwei Stockwerke nach oben erstreckt. An der Wand entlang geht eine Treppe nach oben, die dann als Balustrade die Halle umrundet. Türen führen von der Balustrade in die Räume im Obergeschoss und eine weitere Treppe an ihrem Ende auf den Dachboden. In der Mitte der großen Halle steht ein an Gewicht und Bedeutung schwerer Eichentisch mit dazu passenden Stühlen. Hier wird allabendlich das Mahl eingenommen und auch Gäste werden hier bewirtet. Kerzenleuchter an den Wänden, sowie ein metallener Kronleuchter an der Decke tauchen den Raum in angenehmes Licht. An der Wand hängen Rehköpfe und auch zwei Ölgemälde.[1]
Auf dem Tisch erkennen die Gefährten ein reichhaltiges Abendbrot, dass aber anscheinend Tradition hat auf dem Gut, denn vieles ist Manik, Sanjan und Tarqetik bekannt - gebratene, saftige Rindersteaks, Ofenkartoffeln, frisches dunkles Brot und einige Platten mit Aufschnitt, Ziegenkäse und Gemüse zieren den schweren Eichentisch. Dazu stehen zwei Krüge auf dem Tisch - der eine ist gefüllt mit 'einem edlen Tropfen aus P'Bapar', wie Jaresh es ausdrückt, der andere mit Apfelsaft. Auch eine Keraffe mit kaltem, frischen Wasser aus dem guteigenen Brunnen steht auf dem Tisch.
Alle setzen sich hin und essen. Die Gefährten erzählen von ihren Reisen. Jaresh hört sehr interessiert zu.[2] Als über die Versammlung im Muog und die Zusammenarbeit mit den Kargi berichtet wird, nickt er. "Ich wusste, dass Gul hulad ein weiser Mann ist. Seine Söhne waren noch Heranwachsende - haben 'Bleichgesicht und Kargi' gespielt, als ich das letzte Mal da war. Es freut mich zu hören, dass sie so gute Männer geworden sind."
Auch Siola sitzt mit am Tisch. Nicht nur Sanjan, sondern auch den anderen fällt auf, dass Jareshs Nichte mit den Gedanken woanders zu sein scheint. Auch wenn die junge Frau ihr bestes gibt, eine gute Gastgeberin zu sein und auf jede Frage höflich und mit einem Lächeln antwortet, spricht sie nicht von selbst und führt die Unterhaltungen nur so lange es die Höflichkeit gebietet.
Der Gutsherr ist betrübt, als er von Ragnar hört. Er hofft inständich, dass der aufrechte Fhokki schnell genesen wird. Jaresh ist aber auch sehr beunruhigt, als er hört, was sonst bei den Elfen passiert ist, und wie gekonnt die Räuberbande Dorwida und Kezhdal gegeneinander aufhetzen wollte. Er schüttelt den Kopf. "Sie müssen einen Auftraggeber haben - aber wer könnte es sein?"
Jemma schnaubt laut und nimmt einen tiefen Schluck Wein - gänzlich ungraziös und doch unglaublich authentisch und daher charmant. "Pff! Wer wohl? Das wird Sulu sein - unser holder Bürgermeister, die alte Sau."
Jaresh schaut die Halblingsfrau fassunglos an. "Halt deine spitze Zunge im Zaum, Mädchen. Das ist absurd - ja, Hiram würde von einer Neufestlegung der Grenzen profitieren. Er hat Interessen im Grenzbereich. Aber er ist dem Amt verpflichtet. Ich kenne ihn schon lange. Er würde nie so weit gehen. Er ist ein Schlitzohr, aber nicht gewissenlos. Und für so etwas wäre er nicht mutig genug."
Jemma lehnt sich nach vorne. "Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich denke, deine lange Bekanntschaft mit ihm trübt deinen Blick in dieser Sache, alter Mann. Auf jeden Fall hat er das Motiv, die Mittel und die Gelegenheit. Wenn er es nicht ist, gibt es ein halbes Dutzend anderer Gutsherren, die in Frage kommen würden."
Schweigen legt sich über den Tisch. Die meisten Teller sind schon leer oder mit abgenagten Knochen beladen. Schließlich nickt Jaresh. "Ja - das stimmt mein Mädchen", sagt er schließlich. "Aber bevor wir weiter darüber spekulieren, will ich noch etwas anderes erledigen."
Mit diesen Worten verlässt der alte Mann die Halle durch eine Seitentür, um einige Augenblicke später mit einer klirrenden Lederbörse und einem in Tuch beschlagenen Bündel wieder zurückzukommen. Er legt beides vor den Mitgliedern der ursprünglichen Gruppe ab. Die Börse landet zwischen Sanjan und Manik. Das Bündel vor Tarqetik.
"Fünfzehnhundert p'baparische Löwen", sagt Jaresh. "Und: sechs Pfund lumerischer Stahl. Wie vereinbart - und ihr habt es euch wahrlich verdient." Der Gutsherr hält kurz inne, dann fährt er fort. "Ragnar ist nicht dabei heute an diesem Tisch. Dafür hat euch Basilio bei der Mission unterstützt. Meine Vereinbarung habe ich allerdings mit Ragnar, Sanjan, Manik und Tarqetik geschlossen. Ich schlage vor, dass ihr die Belohnung so aufteilt, wie ihr es für gerecht erachtet." Er schaut allen aus der ursprünglichen Gruppe, aber vor allem Sanjan in die Augen. "Ich habe vertrauen, dass ihr gerecht sein werdet."[3]
Ein Pfeil zischt nur knapp an seinem Kopf vorbei, bevor er den Schützen ins Visier nimmt und ihm seinerseits mit einem gezielten Schuss das Leben nimmt. Der Körper des Leblosen fällt noch ein paar Meter in die Tiefe, bevor er mit einem dumpfen Geräusch auf der staubtrockenen Erde aufkommt. Hastig hechtet er als letzter durch den steinernen Durchgang und zieht die schwere Holztür hinter ihnen zu. Zwei sofortige Einschläge verraten ihm, dass er bereits von anderer Stelle ins Visier genommen wurde. Erschöpft sinkt er zu Boden.
Der Raum in den sich die Gruppe zurückgezogen hat ist ca. 15 Fuß lang und breit und bietet keine weiteren Ausgänge. Rechts und links neben der Tür sind zwei kleine Öffnungen, Fenster, verschlossen. In der Mitte steht ein schwerer Eichentisch mit einem Kerzenständer, möglicherweise aus Messing, der ein unruhiges, flackerndes Licht in den Raum trägt. Der Waldläufer blickt in die Augen seiner Kameraden. Teils wirken sie gefasst, teils ängstlich, teils wütend.
„Scheiße!“, flucht der Fhokki lautstark. Von draußen sind weitere Schreie zu vernehmen. Befehle. „Du Idiot!“. Sanjans Stimme. „Was hast du vorhin an ‚leise ausschalten‘ nicht verstanden?“ Die Hand des Schamanen ist von einem blutigen Fleck umgeben, die der Dejy auf eine Wunde presst. Zwischen zwei Fingern lugt der Schaft eines Pfeiles hervor. In seinen Augen liegt Wut. „Ich werde ihn nicht retten können, die Wunde ist zu schwer.“, blafft er. „Weil Mr. Clever sich gedacht hat, ‚hey, weiche ich mal vom Plan ab‘ und sich dabei noch so unglaublich blöd angestellt hat, gut gemacht! Wie wäre es damit, das nächste Mal nicht daneben zu schießen? Sofern es ein nächstes Mal gibt.“.
„Ich… aber… Helga…“ beginnt Manik zu stammeln, ehe Sanjan ihm ins Wort fällt. „SCHEISS DRAUF! Hättest uns eben mal früher von ihr erzählt, Trottel.“. Panik macht sich im Gesicht des Fhokki breit, man sieht ihm an, dass er nicht weiß, wie er darauf reagieren soll. In dem Moment erklingt eine Stimme von draussen. Eine Männerstimme, kräftig und laut. Im Raum wird es schlagartig stiller, alle wollen wissen, was es zu hören gibt.
„KÄMPFER. Ihr sitzt in der Falle. Euer Plan ist gescheitert. Aber ich bin gütig. Schickt mir den Bogenschützen raus, den Fhokki und ich lasse den Rest gehen.“
Maniks Augen weiten sich, doch noch ehe der erste Gedankengang dazu, seinen Mund verlässt, packt ihn schon jemand kräftiges am Kragen und zieht ihn mühelos auf die Beine. Bevor er sich versieht, wird er durch die offene Tür nach draussen gestoßen und fällt dort zu Boden. Eine kräftige, bekannte Stimme brüllt von hinten: „DA HABT IHR IHN. LASST UNS GEHEN.“
Draussen bietet sich dem Fhokki ein Anblick des Grauens. Auf dem Hof stehen einige Soldaten mit blank gezogenen Schwertern. Oben auf den Wehrgängen haben sich Bogenschützen versammelt, einen Pfeil eingelegt. Das alles wird umrahmt vom Morgenrot der grade aufgehenden Sonne. Doch am meisten schockiert ihn der Anblick des Mannes in der Mitte des Platzes. Hochgewachsen, nein das ist untertrieben, riesig und muskulös, vermutlich der Anführer. In einer Hand ein Schwert, welches auf die Kehle eines blonden Mädchens zeigt. „Komm näher!“, befiehlt der Mann. Es ist die Stimme von eben. Mühselig rappelt der Fhokki sich auf und schlurft auf den Mann zu, bis der ihm wieder befiehlt zu halten. Verzweiflung macht sich in ihm breit, als sich die Tragweite der Szenerie in ihm ausbreitet. Er blickt Helga in die Augen und sieht nichts als Todesangst. Tränen rinnen dem Mädchen die Wange herunter.
„Na dann.“, beginnt der Anführer wieder zu sprechen. In seiner Stimme liegt was Bedrohliches, was Wahnsinniges. Eine kurzgeschnittene Frisur, ziert einen markanten, eckigen Kopf. Die gelben Augen blicken auf Manik herab, wie die einer Schlange, kurz vorm zuschnappen.
„Ich wollte eigentlich nur einen von euch haben, um Spaß mit ihm zu haben. Ihr habt versagt. DU hast versagt und ihr werdet alle sterben. Manche später. Manche früher.“. Maniks Augen weiten sich. Mit den letzten Worten zieht der Mann sein Schwert über den Hals des Mädchens. Blut quillt hervor und besudelt sofort Kleidung und Haut. Leblos sinkt sie zu Boden. Direkt danach wird der Fhokki von was hartem, stumpfen am Hinterkopf getroffen und fällt ausgeknockt voraus in den Staub.
~~~
Du hast versagt. Versagt!
Erschrocken wacht er auf, sitzt senkrecht im Bett. Die Atmung geht schnell, sein Puls rast. Als er mit der Hand über seine Stirn fährt, spürt er kalten, nassen Schweiß an seinen Fingern. Bevor er sich die Augen reibt, wischt er den Schweiß an der Decke ab. Sein Kopf schmerzt. Langsam öffnet er die Augen und wartet, bis er um sich rum etwas erkennen kann.
Dann erinnert er sich an das Ende des Traums. Helga! Erschrocken schüttelt er sich im Bett, wirft die Decke zur Seite weg und setzt die Füße auf dem kalten Boden ab.
Manik atmet mehrmals tief ein und aus und versucht so, sich zu beruhigen. Sein Kopf schmerzt sehr. Hat er gestern etwas über die Stränge geschlagen?
Auch die Bilder an den Abend davor sind trübe, aber doch noch erkennbar. Viel ist doch nach Basilios Konfrontation im Speisesaal nicht mehr geschehen. Er ist mit Baden gegangen. Hat jemanden der ihm seine Kleidung reinigt gefunden. Hat den Mann mit den Birkenzweigen grimmig angeguckt und die Hitze genossen. Anschließend ist er mit in das kalte Wasser, was ihm etwas Leben eingehaucht hat. Was hat nur diese verfluchten Kopfschmerzen verursacht? Dann fällt es ihm wieder ein. Mittendrin hat Sanjan noch seinen Trunk rumgereicht. Ist das die Ursache? Verdammte Kopfschmerzen!
Verdammter Traum! Auch erhält Flannaits Bemerkung vom Abend deswegen wieder Einzug in Maniks Kopf. Mit ihren Gedanken Helga zu benutzen. Niemals würde er zulassen, dass jemand Helga zusätzlichen Gefahren aussetzt. Er muss alles tun, um sie zu beschützen. Er darf nicht versagen.
Erst jetzt bemerkt Manik, dass es abgesehen von seinen Atemzügen still ist in dem Raum. Ganz still. Er will und kann jetzt aber nicht darüber nachdenken, warum Basilio nicht hier ist. Diese Kopfschmerzen! Frische Luft wird bestimmt helfen.
Leise zieht der Fhokki sich ein dünnes Gewand über und will schon zur Tür hinaus schleichen, als er nochmal umdreht und sich seinen Köcher umhängt und seinen an die Wand gelehnten Bogen mitnimmt. Dann öffnet er vorsichtig die Tür zu dem Schlafgemach, schließt sie hinter sich wieder und geht leise den Gang entlang.[1] Manik fühlt sich müde und durcheinander, als er durch den dunklen Gang schleicht und gähnt herzhaft in seine Hand. Lediglich unter einer Tür ist wage flackernder Kerzenschein zu erkennen.
Unten angekommen schaut er, ob auf dem Tisch noch irgendwas Essbares liegt, doch anscheinend sind die Speisen vom Abendmahl weggeräumt worden. Leise schlüpft er auch durch die Haustür und schaut nach, ob diese von außen problemlos aufgemacht werden kann. Falls nicht, muss er nach etwas zum dazwischen legen suchen. Erleichtert atmet er ein paar Mal tief ein und aus, als er die kalte Nachtluft an seinen Armen spürt. Es ist kälter, als er gedacht hat, deswegen geht er sofort los.
Verdammt! Was mache ich hier eigentlich. Mitten in der Nacht draußen rumrennen. Nicht, dass mich noch jemand sieht und für einen Dieb hält. Hm. Da hinten sieht es so aus, als wäre man dort halbwegs vor neugierigen Blicken aus dem Haus geschützt, sollte es welche geben.
Wenn Helga irgendwas passiert, werde ich mir das nie verzeihen. Scheiße! Ich hätte die Leute früher in Kenntnis setzen müssen. Wie konnte ich nur so blöd sein? Aber was soll ich jetzt daran ändern? Die Verbrecher auf der Burg müssen auf jeden Fall bestraft werden für ihre Taten, müssen leiden! Auch Bosol muss das, trotz seiner Hilfe. Er war bei der Entführung beteiligt!
Als Manik wieder zu sich kommt, hält er seinen Bogen gespannt in der Hand und sieht sich auf einen Heuballen zielen. Ein Pfeil steckt bereits. Er lässt die Sehne los und der zweite Pfeil schlägt nur Zentimeter neben dem Ersten ein. Erleichtert atmet Manik aus und nimmt einen weiteren Pfeil aus dem Köcher. Er spürt wie ihm das Schießen gut tut und ihn entspannt. Dritter Schuss. Wieder ein guter. Der Hauch eines Lächelns zeichnet sich auf den Gesichtszügen des Fhokki ab.
Eine halbe Stunde später hat Manik den ganzen Köcher leergeschossen und seine Kopfschmerzen sind verschwunden. Nur die Müdigkeit ist noch da. Nachdem er die Pfeile eingesammelt hat, tapst er zurück ins Haus, um sich wieder schlafen zu legen. Auf dem Rückweg in das Zimmer, fällt ihm wieder das Zimmer auf, in dem noch jemand wach zu sein scheint. Schlagartig bleibt Manik stehen, weil er denkt ein Geräusch aus dem Zimmer gehört zu haben, doch jetzt scheint es wieder verschwunden.[2] So geht er schnurstracks zurück ins Zimmer, lehnt seinen Bogen an die selbe Stelle wie vorhin und geht wieder schlafen. Basilios Bett ist nach wie vor leer.
Am nächsten Morgen betritt der Waldläufer als einer der letzten die Bibliothek. Lediglich die zwei Winzlinge erscheinen noch nach ihm und der Eine scheint ebenso müde zu sein, wie er selbst. Als der Koraker herzhaft gähnt, kann sich Manik seinerseits ein Gähnen auch nicht verkneifen. Der kleine Ausflug in der Nacht, war doch noch deutlich zu spüren. Schlagartig erinnert der Fhokki sich wieder an den flackernden Kerzenschein unter der Zimmertür und Basilios leeres Bettchen.
„Na, wo waren wir denn die Nacht?“, wirft er ihm zwinkernd zu, ohne freilich eine Antwort zu erwarten. Stattdessen schlurft er direkt zu Jemma und lächelt ungewohnt freundlich und aufrichtig. „Was trinkst du da? Kräutertee? Pass auf, dass du dich nicht noch zu gesund ernährst. Und pass mir mal gut auf Jaresh und natürlich auch dich selbst auf. Wenn hier irgendwas im Gange ist, werden gewisse Personen nicht allzu erfreut über die letzten Ereignisse sein.“
Sanjan im Kellergewölbe des Bergfrieds, Basilio und Flannait im Zelt des Korakers, Tarqetik im Burghof - für wenige Stunden sind die Gefährten voneinander getrennt, haben Gelegenheit ihren Gedanken nachzuhängen oder längst Vorgenommenes zu verwirklichen.[1]
Dann, bei Anbruch der Abenddämmerung, machen sie sich auf zum Lager der Ukhtark. Der Weg führt über die Ebene, auf der sich die beiden Heere am Morgen des Vortages begegnet sind - es wäre damals fast zu einem Kampf gekommen. Jetzt, eine Nacht und eine Schlacht später, begleiten Lihana Ejdarn, die beiden Hauptmänner und ein Dutzend gakelitische Soldaten die Gefährten zu den Kargi, und alle Klingen bleiben in den Scheiden.
Palisadenabschnitte - jeder ungefähr zehn Mann lang und gegeneinander versetzt - grenzen das Lager der Ukhtark auf der Gulasado un den gakeliten zugewandten Seite ab. Die Gefährten und ihre Begleiter betreten das Lager zwischen zweien dieser Abschnitte. Zwei Krieger stehen Wache, schauen sich die Neuankömmlinge an - der Blick bleibt an Sanjan, dann an Flannait hängen. "Sinurpa aster. Isa lamang. Ngayon dalawang. Ano ang nagbibigay sa?"[2], murmelt der Mann zu seinem Kameraden.
Dieser schüttelt den Kopf. "Tahimik, Wurda. Alam mo kung ano ang Serogul iniutos sa akin. Ang mga ito ay aming mga bisita. Ang mga ito ay kaya ginagamot"[3], gibt er zurück.
Dann ist die Gruppe auch schon an den beiden vorbei und innerhalb des Lagers. Das zentrale Rund ist zwischen den geraden Zeltreihen gut zu erkennen. Umso leichter, als sich nahezu alle Ukhtark dort versammelt zu haben scheinen. Die Gefährten erkennen hinter den Köpfen der Menge sechs dunkle Erhebungen - anscheinend um die zwei Schritte hoch.
Barkas wartet mit zwei weiteren Männern gleich hinter der Palisade. Er begrüßt die Neuankömmlinge und deutet dann Richtung Lagermitte. "Mein Bruder mir befohlen, euch hier abzuholen. Kommt", sagt er.
Nach einigen Schritten deutet Hrajr Kortika auf die dunklen Erhebungen hinter der Menge. "Was ist das?", fragt er.
"Bayani kampo", antwortet Barkas, besinnt sich dann und fügt hinzu, "Heldenlager, würdet ihr sagen. Wir haben sechs Mann verloren in der Schlacht. Sie werden auf Heldenlager gelegt - für das Heldenfeuer."
"Also Scheiterhaufen", murmelt Kortika.
Barkas verzieht die Lippen. "Nein", sagt er. "Das heißt - ja. Aber anders. Schwer zu erklären."
Danach schweigt die Prozession. Barkas und die beiden Ukhtark führen sie an der Menge vorbei nach vorne in die erste Reihe. Aus der Nähe können die Gefährten weitere Details erkennen. Bei den sechs Gebilden handelt es sich tatsächlich um steil aufragende, fachmännisch gelegte Scheiterhaufen. Auf jedem von Ihnen ist ein toter Krieger gebettet - die Füße zusammengelegt, die Hände auf der Brust gekreuzt, in voller Montur und der Waffe in der Hand. Davor steht Mago. Der Serogul hat sein Gesicht weiß gefärbt. Der Oberkörper ist frei, die Haare zu einem Zopf zusammengebunden. Vor ihm brennt ein rundes Feuer in einer mit Steinen begrenzten Feuerstelle. Vier Fackeln stecken in einem Halbkreis um das Feuer im Boden. Der Serogul begrüßt die Gefährten mit einem Nicken, als er sie in der ersten Reihe der Menge erblickt.
Links und rechts von Mago, jeweils einen Schritt hinter ihm stehen Maru und zwei Hauptmänner der Ukhtark. Auch deren Gesichter sind rituell bemalt, mit weißen Strichen, die sich über Stirn, Nase und Mund ziehen, sowie über die Wangen. Die Gesichter sind unbewegt, die Blicke gehen weit in die Menge.
Aus der Menge werden den Neuankömmlingen immer wieder Blicke zugeworfen. Neugierde ist zu sehen, hier und da Feindseligkeit, aber auch Anerkennung in einigen Gesichtern, wenn die Ukhtark jemanden erblicken mit dem Sie zusammen gekämpft haben. Gemurmelte Worte, Gelächter, Ausrufe - alles vermischt sich zu dem unverwechselbaren, vibrierenden Hintergrund einer großen Menge. Aber diesmal ist es der Hintergrund einer Kargi-Menge, und das ist doch etwas völlig anderes. Die Gefährten ertappen sich dabei, dass ihnen trotz der gemeinsamen Erlebnisse der letzten Woche unbewusst ein kalter Schauer den Rücken runterläuft.
Dann hebt Mago die Hände und die Menge verstummt so schnell und vollkommen, wie ein Mann. Für einen Augenblick bleibt der Serogul so stehen und blickt auf seine Stammesbrüder. "Matalo kami ng isang labanan. At hindi na namin won!"[4], ruft er.
Die Menge bricht zu Antwort in frenetischen Jubel aus. Fäuste werden in den Himmel gereckt, Jubelschreie lassen die Luft vibrieren. Mago lässt die Männer für einige Lidschläge gewähren, dann hebt er erneut die Hände und wieder verstummt die Menge sofort.
"Ang mga ninuno ay nagpasya na anim na ng ating mga kapatid ay may upang bayaran ang presyo para sa mga ito tagumpay. Ang iyong paglalakbay dito ay higit sa. Sila ay sumali sa iba pang mga bayani - sa bayani panel sa Stonuthir!"[5]
Wieder bricht kurzer Jubel aus. Wieder beruhigt der Serogul die Menge. "Ito dito ay ang kanyang mga bayani apoy. Namin malinis ang kanilang mga katawan at libre ang kanilang mga isip, kaya na siya ay maaaring umakyat sa langit upang panoorin mula doon sa pamamagitan ng Ukhtark. Ang kanilang mga pangalan ay remembered - magpakailanman!"[6]
Die Menge jubelt abermals. Diesmal lässt Mago sie gewähren, dreht sich um und geht langsamen Schrittes zum Scheiterhaufen ganz links in der Reihe - am weitesten von den Gefährten entfernt. Er bleibt neben diesem stehen und zieht sein Schwert. Wärhend er mit der Klinge auf den Scheiterhaufen deutet, bringt seine bare Linke die Menge abermals zu Ruhe.
"Narito ang Arda, isang bayani ng Ukhtark. Siya ay mabilis at smart na may isang sibat. Ang isang mahusay na mangangaso at mandirigma. Ama ng tatlong anak na lalaki. Siya pumatay ng dalawang Lizardmen sa labanan sa Dukemp-Moor. Kapag isa gabi ventured isang Wolffear sa aming kampo, siya struck ulo ng hayop off na may isang solong pumutok. Siya fought buong giting sa labanan at nahulog ngayong gabi. Siya ay hindi kailanman nakalimutan!"[7]
Den letzten Satz schreit der Serogul in den Himmel. Die Menge nimmt diesen auf, reckt die Hände in die Luft. "SIYA AY HINDI KAILANMAN NAKALIMUTAN!"[8], dröhnt es aus fast einhundert Kehlen.
Dann schreitet der Serogul zum nächsten Gefallenen, erzählte dessen Gesichte, lobt dessen Leistungen. Jedes mal schließt er mit dem gleichen Satz. Und jedes mal bestätigt ihn die Menge ebenso. Basilio blickt kurz zu Barkas, der neben ihm steht, und sieht dass auch der Hirogul völlig gebannt ist von der Zeremonie.
Dann, als alle sechs Krieger gebührend vorgestellt wurden, kommt Mago wieder nach vorne und nimmt seinen Platz vor dem Feuer ein. Er greift nach einer der Fackeln vor sich und hält sie in die Flamme. Die umwickelte, ölgetränkte Spitze lodert auf. Nun endlich rühren sich auch Maru und die beiden anderen Krieger. Auch sie kommen nach vorne, nehmen sich eine Fackel und zünden sie an. Alles unter tosendem Beifall der Menge.
Dann reihen sie sich an den Scheiterhaufen auf. Wieder verstummt die Menge. Der Serogul läutet das Heldenlied ein.[9]
"
Lieber drei Tage Mann sein, als ewig Geist!", ruft Mago und zündet einen Scheiterhaufen an.
"
Nicht gebissen - der sein, der beist!", antwortet einer der Krieger und legt ebenfalls Feuer.
"
Lieber Bären hetzen, als Hühner hüten!" - Mago, während er den dritten Haufen anzündet.
"
Lieber einmal schlüpfen, als lange brüten!" - der zweite Krieger, der vierte Scheiterhaufen.
"
Lieber Schlangen walken, als Würmer kneten!" - Mago, vor Maru, am fünften Gefallenen.
"
Nicht zertrampelt werden, nein - selber treten!" - die Dariba und der sechste Haufen.
Die Vier reihen sich wieder vor der Menge auf. Hinter Ihnen lodern die sechs Feuerstellen.
"
Lieber Stahl für Stunden, als ewig Leder!", ruft Mago.
"
Lieber einmal einer, als immer jeder!", schallt es zu Antwort aus einhundert Kehlen,
"
So viel besser das Schwert, als die Feder!"
[10]
Der Serogul und seine drei Helfer verstummen. Die Menge jubelt weiter. Die Feuer lodern. Und in der ersten Reihe stehen die Gäste und lassen die Szenerie auf sich einwirken.
"Das war also die Zeremonie des Heldenfeuers", murmelt Ejdarn nach einigen Minuten, als die Menge sich etwas beruhigt hat. "Beeindruckend."
Lugano nickt. "Das kann man wohl laut sagen."
Mago, die Dariba und die beiden Kämpfer stehen weiterhin vorne. Auch der Großteil der Menge ist noch versammelt - nur vereinzelt ziehen sich die ersten Ukhtark wieder zurück. Die Feuerzungen der sechs riesigen Scheiterhaufen lecken zum Himmel und die Hitze ist in den ersten Reihen deutlich zu spüren. Langsam bewegt sich Mago, gibt seinen Platz vor dem kleinen Feuer auf. Der offizielle Teil der Zeremonie ist nun zu Ende und Flannait muss sich entscheiden. Falls sie den Serogul wirklich vor der Versammlung seiner Krieger stellen will, dann ist jetzt der Moment gekommen.
Ejdarn hört Flannaits Ausführungen zu. Je länger die Halbelfe spricht, desto ungläubiger wird die Miene der Kommandantin, doch auch nachdenklicher.
Lugano dagegen, der neben Ejdanr steht, gluckst hörbar beim Vorschlag der Adair, die Ukhtark zumindest Zeitweise in das gakelitische Heer aufzunehmen. "Das ist doch nicht ernst gemeint, oder?", wirft er ein, doch Ejdarn bringt ihm mit einem vernichtenden Blick zum Schweigen.
Kaum hat Flannait zu Ende gesprochen, dreht sie sich auch schon um und macht auf dem Absatz kehrt. Etwas verdutzt starrt ihr Ejdarn hinterher. Lugano macht einen weiteren Schritt hin zu ihr "Tut mir Leid, Kommandantin", murmelt er, "aber ich war zu überrascht, um mich zurückzuhalten. So einen verrückten Einfall haben wir selbst in den letzten Tagen noch nicht erlebt - und die waren verrückt genug!"
Ejdarn antwortet nicht sofort, sondern schaut der Halbelfe hinterher, bis diese zwischen den Zelten und Leibern der Ukhtark nicht mehr auszumachen ist. "Ich weiß nicht", sagt sie schließlich. Dann schaut sie den Hauptmann direkt in die Augen. "Ohne die Ukhtark hätten wir Gulasado heute nicht genommen. Die Festung ist zum ersten mal in unserer Geschichte gefallen. Ein Zufall? Ich denke nicht. Ich glaube, die Worte der Halbelfe sind eine Überlegung wert." Dann lächelt die Kommandantin. "Vielleicht mache ich auch einen von denen dann zum Hauptmann. Für die Moral und als Zeichen des Respekts." Sie lächelt den verdutzten Lugano noch einmal kalt an und entfernt sich dann in Richtung Mago und der Gefährten.
* * *
Als Basilio die Kargi-Masken erwähnt, flammt kurzzeitig wieder Wut in den Augen des Hiroguls auf, doch die genommene Rache tut ihr Werk - Barkas beruhigt sich schnell wieder. "Hindi ko alam kung saang lipi sabi niya", meint er. "Alam ko lang sa Ek'Gakel alam namin ng walang iba pang mga Kargi strains. Pinaghihinalaan ko na doon ay dapat na isang pilay mula sa hilaga ng Elos disyerto, o mga alipin."[1]
Bei den anderen beiden Fragen, kann sich der Hirogul genauer äußern. "Mravroshkha-Khielshor ay revered sa pamamagitan ng maraming Kargi. At Mago at ang aking ama sabihin sa akin na maraming tao at iba pang mga tao na sumasamba sa kanya. Ngunit ang Ukhtark ay hindi kasama ng mga ito. Kailangan mong Duro marinig - siya climbed sa Mago at siya palaging nakahanay pagsangguni, ang Dios na ito. Ngunit hindi siya ang sambahin siya. At tungkol sa aming mga dahilan para sa natitirang narito ang: Mayroong wala sa itago. Dito sa bahay namin ay naging. Gul Dukat, ang kaniyang tatlong anak fathered sa pamamagitan ng pugon, kung saan ngayon nakatayo ang mUOG. Ang kanyang labi ay pa rin buried sa Kezhdal. Hindi namin ibahagi ang aming mga kuwento sa gayon madali."[2]
* * *
"Danke, Sohn der Bahir", gibt Mago auf Sanjans Worte zurück. "Ich wünsche dir, dass du deinen Weg mit Erfolg weitergehst und deinem Stamm ein weiser Berater bist. Du und die Deinen werden in Kezhdal immer Willkommen sein. Wir vergessen unsere Freunde nicht."
Warme Worte, die der Serogul an den Schamanen richtet und Sanjan braucht einige Augenblicke, um das Gesagte zu verarbeiten. Er bemerkt Obekiki neben sich erst, als der Svimohzer laut Luft holt und ihn mit seinem immer weißen Lächeln anstrahlt. "Puh", prustet er. "Das war ein wilder Ritt. Diese Ukhtark - aber auch unsere Leute - sind beeindruckend."
Sanjan muss grinsen. 'Unsere Leute'... Sagt ein Svimohzer zu einem Halbelfen aus dem Stamme der Bahir über gakelitische Truppen inmitten eines Kargi-Lagers. Fürwahr - die Welt birgt für jeden Überraschungen. Der Schamane erinnert sich an sein erstes Eintreffen in Kezhdal. An die aufgeregten Rufe - 'Sil-Aster'. Er gibt sich keiner Illusion hin, auch bei den ukhtark mag es Unverbesserliche geben - aber nun schreit das keiner mehr. Es hat sich viel getan in dieser Woche. Viel Gutes...
* * *
Als Tarqetik noch einmal sein Fass mit der bunten Truppe teilt, muss auch Kortika lächeln. Der Hauptmann kommt dazu und schraubt einen Flachmann auf, den er aus unvermittelt aus seiner Weste zieht. "Heute darf man einen Schluck nehmen", murmelt er und stößt mit Tarqetik, Duro, dem gakelitischen Soldaten und schließlich auch mit dem Kargi-Hauptmann an.
Bald ist das Fässchen leer und der Brandobiner macht sich auf zu seinem Zelt. Ein neues Schwert wartet da auf ihn. Und sein Bruder. Hoffentlich hat der Gute Acht gegeben auf die Beute. Tarqetik erkennt in der Ferne Manik, Malcus und Helga. Auch die drei sind zu der Zeremonie des Heldenfeuers gekommen, doch sie halten sich etwas weiter hinten und abseits der restlichen Gefährten auf. Der Recken fällt ein, dass Malcus am nächsten Tag unbedingt weiterreisen will zu Jaresh und von einer eiligen Angelegenheit gesprochen hat. Also höchste Zeit, den Sold abzuholen und sich ins Heu zu legen. Ein langer Ritt wartet am Morgen.
* * *
Es dauert noch eine gewisse Zeit, bis sich alle verabschiedet haben. Sanjan und Basilio sprechen noch mit einigen der Krieger der Uikhtark, aber auch mit den Gakeliten, die vor Ort sind. Selbst die gewaltigen heldenfeuer brennen nicht ewig. Langsam scheinen die Flammenzungen zu erlahmen, die Nacht den Versammlunsgplatz zu fordern. zum Schluss steht der Koraker noch einmal vor Maru. Die Dariba bleibt stumm, und Basilio auch. Alles ist gesagt. Dann drücken sich die beiden noch einmal zum Abschied.
Mago und Barkas stehen etwas abseits und werfen einen Blick auf die Szene. Barkas murmelt etwas zu seinem Bruder, doch auf die Entfernung sind die Worte nicht zu hören. Dann ist es Zeit zu gehen. Sanjan und Basilio machen sich auf, das Lager der Ukhtark zu verlassen und die eigenen Zelte aufzusuchen.
Plötzlich streicht eine gebäugte, zierliche Gestalt auf ihrem Pferd schnell wie der Wind an den beiden vorbei. Die Gefährten sehen sich überrascht nach dieser um. Keine fünfzig Schritt haben sie schon getan von der Abschiedsstelle und sehen, wie die Stute an selber Stelle mit einem lauten Wiehern und sich aufbäumend zum Halten kommt. Die kleine Gestalt springt ab und wirft die Kapuze zurück. Sanjan und Basilio erkennen von hinten einen schwarzen Zopf und das charakteristische Grün der Kargi Haut an den Händen. Ein schwarzer Fleck auf der rechten Schulter irritiert das Bild.
Dann breitet der Fleck Flügel aus und erhebt sich einige Schritt in die Luft - löst die Verwirrung sich auf. Mago und Maru stehen stumm. Ihre Mienen sind auf die Entfernung nicht mehr auszumachen. Einige weitere Kargi treten überrascht hinzu, oder drehen sich nach dem Neuankömmling um.
Dann dröhnt Barkas' überraschte Stimme durch die Abenddämmerung. "El'ssa?", ruft der Hirogul freudig. Dann bricht er in kehliges Lachen aus, macht zwei Schritte vorwärts, umschließt mit den mächtigen Armen den Neuankömmling um die Taille und hebt ihn - oder sie? - mühelos einen halben Schritt in die Luft.
Für einen Moment sind die Gefährten versucht, zurückzugehen und sich die Szene näher zu besehen. Doch der Abschied ist erfolgt und es wäre reine Neugier und unangebracht. Also machen sich Sanjan und Basilio doch auf den Weg aus dem Lager.
Fünfzig Schritt näher an den Heldenfeuern versucht El'ssa ihre Nervosität weiter im Griff zu behalten. Barkas freudige Begrüßung ist schön, aber war so zu erwarten. Ihr Blick streift über das Rund, bleibt an Mago und Maru haften. Zumindest denkt sie, dass das die beiden sein müssen - es ist so viel Zeit vergangen. Alle haben sich verändert. Sie sind überrascht - ja. Stumm schauen sie sie an. Maru lächelt verhalten. Und der Serogul. Kein Lächeln. Aber auch nicht die befürchtete Feindseligkeit. Er wirkt ruhig, fixiert sie mit den Augen. Schwer zu sagen, was ihm durch den Kopf geht.
* * *
Ein kühler Sommermorgen. Tau liegt auf dem Grün vor Gulasado. Männergeschrei dringt durch die Luft. Der Wind hat sich gedreht, weht aus ungewohnter Richtung und damit die Gerüche der Latrinen herbei. Das Frühstück ist gegessen.
Am Rande des Lagers hat sich eine Gruppe zusammengefunden. Eine Gruppe von Gefährten - ein korakischer Feldwebel, ein Schamane der Bahir, ein brandobischer Recke - nur sich selbst verpflichtet, ein nordischer Waldläufer, mit einer Maid seiner Lande im Arm und überglücklich, eine Halbelfe, tödlich, wie schön, und heute seltsam gelöst. Und ein nachdenklicher Krieger, der nun gehetzt und unsicher wirkt, unsicherer als zu der Zeit, als er mit nichts als Fetzen am Leib gegen einen bewaffneten Söldner antrat.
Ein bunter Haufen, der sich vor einem halben Mond noch nicht kannte. Ein bunter Haufen, der - ohne dass er recht weiß, wie er da reingeraten ist - einen Krieg verhindert hat. Der Freunde gefunden hat, ob nun geschätzt, oder nicht, und Feinde gemacht. Geblutet hat, gelacht, gegrübelt.
Sie satteln ihre Pferde und brechen auf. Das Ziel - zunächst ein Landgut, in der Nähe von Dorwida. Das Gut der Dorgulns. Ein freudiges Wiedersehen. Ein schönes Abendgelage. Dann plötzlich ein Schreiben in der Hand von Jaresh, seine gerunzelte Stirn. Abgewehrte Nachfragen, ein verlegenes Lächeln. Und schließlich die Bitte des Gutsherren, man möge sich doch in sechs Wochen, wenn der Mond groß und rund am Himmel steht, noch einmal bei ihm zusammenfinden. Er hätte dann eine neue Bitte, einen neuen Auftrag...
~~~ ENDE Kapitel 1.2: Gulasado ~~~