Es schien Jelena, als hätte Louis ein Problem mit ihren Lösungsvorschlägen. "Bitte, ich habe doch nur zeigen wollen, dass ihr gute Optionen habt.", versuchte sie weiter auf ihn einzugehen, "Aber ich werde nicht überwältigt oder er wird es auch nicht können. Er kann nur durch mich, mit meinem Einverständnis handeln. Beide Seiten müssen zum Handel bereit sein."
Der körperlosen Stimme gegenüber gab sie weiter die Harmlose: "Nein, verzeiht mir, dass ich die Aufmerksamkeit auf etwas für euch so Unangenehmes gelenkt habe." Mit dem Namen konnte sie nichts anfangen, sie nahm sich aber vor, Erkundigungen einzuziehen. Zu dem Prozess der Übergabe über den Blick in die toten Augen seufzte sie: "Wenn es notwendig ist und der Sache dient..."
Hannahs Einwurf quittierte sie mit einem Lächeln: "Danke für eure Sorge, aber das ist keine Option." Sie wandte sich in Richtung der letzten Erscheinung des Dievas: "Oder? Würde euch das Verbrennen der Frau Slaski - der Herr erbarm sich ihrer - eure Freiheit geben?" Hannahs anschließende Wendung an Friedrich samt der offenen Beleidigung an Jelenas Adresse ließ ihre Augen noch schmaler werden, ohne einen Kommentar abzugeben.
Friedrichs Worte ließen die Halbsarmatien doch ein wenig um ihre Haltung kämpfen - Zu ihrer Überraschung ging nicht nur nicht auf ihre Logik ein, er deutete sogar an, sich über ihre wie auch immer geartete Entscheidung hinwegzusetzen. So beließ sie es vor den anderen erstmal beruhiger Erwiderung: "Ich habe mit den drastischen Mitteln auch nur die offensichtlichen Möglichkeiten aufgezeigt, unabhängig von dem, was passieren wird. Er braucht seinen Träger - und dessen Zustimmung -, um Wirken zu können, ihn schnell oder langsam zu töten oder gar in eine Situation zu bringen, wo er den Träger verlieren könnte, ist daher nicht in seinem Sinne." Den Rest ließ sie erstmal unkommentiert, sie schob nur eine Frage nach: "Dann lasst ihn durch mich an den sicheren Ort, den Bund, bringen. Oder kennt ihr einen anderen?"
Als er dann auf ihr Angebot einging, verstummte sie und suchte kurz den Blickkontakt mit Erich, Louis und Tristan, um ihnen anzudeuten, dass sie auch willkommen wären, mitzukommen. Dann folgte sie Friedrich. An Friedrich und ggf. Erich, Louis oder Tristan (Anzeigen)Zunächst nickte sie Friedrich zum Dank für sein offenes Ohr zu. Dann erklärte sie sich: "Ich möchte nur vermeiden, dass der Dievas und Personen, die ich nicht gut genug kenne - oder im Zweifel ihre Subjekte vor sarmatischen stellen müssen, mithören. Dem Dievas gegenüber möchte ich den Anschein eines naiven Opfers aufrechterhalten, damit er auf den Handel eingeht. Wenn er wüsste, wieviel ich weiß und was ich kann, würde er mich meiden."
Sie machte eine kurze Pause, um sich zu sammeln. "Ich will euch nichts vormachen, es geht hier um sarmatische nationale Sicherheit und daher weiß ich nicht, wieviel ich verraten darf. Um es kurz zu machen: Ich kenne mich mit Sanderis aus, ohne selbst ein Losejas zu sein. Als Sarmatin bin ich verpflichtet, etwas solch Wichtiges, aus dem Bund Gestohlenes, zu sichern. Wenn es darum geht, solche Wesen zu bekämpfen, werde ich euch verraten: Mit immer engerem Bund und mehr Handel zwischen dem Losejas und dem Dievas wird der Dievas zwar in die Lage versetzt, mit Einverständnis des Losejas mehr Dinge zu tun, aber auch angreifbarer. So wird er körperlich und kann bezwungen werden. Umgekehrt ist er, solange ich ihn nur mitnehme, quasi hilflos. Und ich weiß besser als alle hier, wie mit ihm umzugehen ist."
Sie holte tief Luft und sah Friedrich direkt in die Augen: "Wollt ihr wirklich die Hand dafür ins Feuer legen, dass keine Ingrid in ihrer verzweifelten Sorge um ihre Tochter jeden Handel mit ihm eingeht? Eine Fürstin vom Schlage ihrer Peinigerin Skrupel hat, sich an ihm zu bereichern? Die gottlosen Banditen, die wir vorhin hingerichtet haben, wirklich vor ihm zurückschrecken? Ich bitte euch um eure Hilfe, lasst ihn und mich euch begleiten! Wir können sehen, ob der Preis seiner Hilfe - seines Wissens es wert ist, genutzt zu werden. Wo sonst sind er und ich sicherer, bis ich meine Pflichten euch und Fürst Tristan gegenüber erfüllt habe und ihn zurück in den sarmatischen Bund bringen kann?"
Ihr fielen nur noch wenige weitere Argumente ein, daher hoffte sie, es würde reichen.
An Friedrich, Louis und Tristan (Anzeigen)Jelena war erleichteter, als sie sich eingestehen wollte, dass Louis sich nicht weiter gegen das Einsammeln des Dievas aussprach. Wie immer verstand sie nicht alles, aber glaubte, das Wesentliche erfasst zu haben. Mit ernstem Gesicht gab sie ihm recht: "Euer Bauchgefühl ist vollkommen richtig - er ist gefährlich. Deswegen muss es jemand sein, der so etwas kennt und Freunde hat, auf die er sich verlassen kann. Danke." Das letzte wurde von einem Lächeln begleitet.
Als auch Friedrich - mit erwarteten Reserven - sich überzeugt zeigte, wurde ihr Lächeln noch deutlicher. Sichtlich erleichtert dankte sie: "Vielen Dank dafür und eure Hilfe, umso leichter wird mir der Widerstand gegen ihn fallen." Als es um das Vertrauen ging, war sie ein wenig peinlich berührt. Was hatte sie bisher alles zurückgehalten. Ihr wurde plötzlich klar, dass eine spätere Preisgabe ihres Matruschka-Segens schnell in eine Auswirkung des Dievas umgedeutet werden konnte. Und de la Verde dann der einzige Zeuge dagegen wäre.
Über ihr Nachdenken verpasste sie den Zeitpunkt des Aufbruchs der anderen und rief sie zurück: "Freunde! Bitte habt noch einen Augenblick. Ich möchte erklären, woher ich das Selbstvertrauen im Umgang mit diesem Wesen ziehe, auch um mich des Vertrauens würdig zu erweisen und Missverständnissen vorzubeugen." Als die drei wieder bei ihr waren, eröffnete sie ihnen: "Ich bin auch zauberkräftig, Herr de la Verde sei mein Zeuge." An letzteren gewandt betonte sie: "Vielen Dank für eure Zurückhaltung, gegenüber den beiden hier und Herrn Graustein entbinde ich euch eures Versprechens." Zurück an Friedrich und Louis gewandt sprach sie: "Ich bin es gewohnt, meine Kräfte nur einzusetzen, falls notwendig, und vermeide es, Aufmerksamkeit auf meine Kräfte zu lenken beziehungsweise wollte euch nicht in Verlegenheit bringen. Die Verlockungen des Dievas werden wenig Reiz für mich haben. Ich bitte auch euch, mit diesem Wissen vorsichtig umzugehen, viele - gerade in diesen von Nekromantie gebeutelten Landen - haben wenig Verständnis. Leider fehlt mir trotzdem die Möglichkeit, mich direkt mit dem Dievas auseinanderzusetzen. Braucht ihr eine Demonstration meiner Kräfte?"
Nach Friedrichs Bejahen hielt Jelena den Herren ihren Bogen hin und bat: "Wenn ihr diesen bitte zerstören würdet?" Nachdem sie darauf eingegangen waren, sammelte die Matruschka-Gesegnete die Einzelteile ein und begann, sie unter leisem Gesang wieder zusammenzusetzen. Die. die ussurisch verstanden, konnten ausmachen, dass sie ein Mütterchen um Beistand bei der Arbeit bat. Ansonsten klang es wie jedes andere während der Arbeit gesungene Lied auch - es betonte vor allem den Arbeitsrhythmus. Die aneinandergelegten Bruchstücke des Bogens wuchsen wieder zusammen und verlorene Splitter wurden erneuert. Innerhalb weniger Zeilen war der Bogen wieder heile und sah sogar aus, als wäre er frisch angefertigt. Trotz das es nach leichter Arbeit ausgesehen und nur kurz gedauert hatte, wischte sich Jelena den Schweiß von der Stirn und atmete angestrengt.
Bei der Leiche und den anderen Reisenden war vor allem Erich geblieben. Er hatte, kaum das der Schrei ertönt war, sein Schwert gezogen und sich nach dem Feind umgesehen. Dem Schemen war er mit Misstrauen und Abscheu begegnet, überließ aber vor allem seinem Freund Friedrich das Urteil. Den Neuankömmling beäugte er aufmerksam. Als die anderen sich zurückzogen, tauschte er kurz mit Friedrich einen Blick, dass er als Wache zurückbleiben würde und sich seinem Urteil anschlösse. Umso mehr überraschte ihn das Ergebnis. Er suchte den Blickkontakt mit Friedrich, um ihm einen fragenden Blick zuzuwerfen, und nahm sich vor, mit ihm später unter vier Augen zu sprechen.
Zurück auf der Wegkreuzung wandt sich Jelena noch einmal an die anderen Anwesenden und warb um Verständnis: "Vielen Dank für eure Sorge, aber dies ist der einzige Weg." Sie machte sich daran, den Leichnam freizulegen. Recht bald verspürte sie den Wunsch, sich eine zum Graben geeignetere Form zuzulegen, unterdrückte ihn aber. Der gequälte Ausdruck auf dem Gesicht der Toten ließ sie aufstöhnen und die Augen schließen. So wollte sie sicher nicht enden. Und diese Erinnerung noch am selben Tag wie die Hinrichtungen, bei denen sie geholfen hatte - ihr war flau. Aber sie wusste, das sie keine Furcht haben durfte und so setzte sie ihre Tätigkeit fort, leise orthodoxe Gebete murmelnd. Auch vor Matruschka wurde Abbitte geleistet.
Währenddessen hielt es Erich nicht mehr aus und fragte, nachdem er sich vorgestellt hatte, Hannah: "Wen genau sucht ihr und wisst ihr, wo sie sich aufhält? Eine Orientierung fällt in diesem Wald nicht leicht."
Als sie fertig war, versuchte sie, etwas persönliches von Marcelia an sich zu nehmen, um sie später zu identifizieren und zumindest dies in die Heimat zurückbringen zu können - ein Ring, ein Umhänger, Aufzeichnungen in einer Innentasche, was auch immer. Dann sammelte sie sich und starrte in ihre toten Augen. Sie zuckte sichtlich zusammen und zitterte kurz, bevor eine angespannte Ruhe in ihre Haltung zurückkehrte. Sie schloss die Augen, stand auf und zeigte ihr kühleres Wesen, während sie laut und für alle verständlich sprach: "Spaß miteinander haben - wir werden sehen. Zunächst haltet euch bitte an die Vereinbarung. Zeigt euch und erklärt, was hier in diesem Wald los ist und wie ihr uns bei der Fluchlösung helfen werdet."
Jeder in der Gruppe hatte eine völlig unterschiedliche Idee davon, wie man der Magie begegnen konnte, die hier im Wald vorzuherrschen schien. Während manche, wie Hannah, einen eher pragmatischen Ansatz verfolgten, wirkte es bei anderen eher skurril - vor allem, als Louis begann, mit schmerzverzerrtem Gesicht in seinen falsch angezogenen Stiefeln über den Boden zu hoppeln.
Juan, der verzweifelt versuchte, die Anstrengungen der ganzen Gruppe zu koordinieren, sah nach und nach seine Felle davon schwimmen - vielleicht war er doch nicht gerade zum Anführer geboren. Immer wieder ermahnte er seine Mitreisenden zusammenzubleiben und musste doch mit ansehen, wie Louis und Jelena, die scheinbar mit geschlossenen Augen auf ihrem Pferd saß, nach und nach immer weiter vom Rest der Gruppe abdrifteten - bis ein Schrei ihn plötzlich aus seiner Anspannung riss!
Jelena und der Montaigner hatten sich mehr und mehr im Unterholz verstrickt, bis Louis plötzlich über die Überreste einer Säule gestolpert war und vor Schreck aufgeschrien hatte, bevor es ihn, instabil wie er in seinen Stiefeln nun war, rücklings auf den Boden warf. Doch genau im gleichen Moment durchfuhren eine Reihe von unzusammenhängenden Bildern sowohl ihn wie auch Jelena - eine Vision, auf die sie sich keinen rechten Reim machen konnten. (Anzeigen)
In schneller Abfolge sahen die beiden eine Reihe von kurzen Bildern; zu kurz, um wirklich sicher zu sein, was sie da gesehen hatten, oder um sich einen Reim darauf zu machen.
Figuren in grünen und gelben Roben stehen in einer Kirche um einen schreienden Jungen.
Ein junges Mädchen wird von einem verwahrlosten Vater zurechtgewiesen.
Eine Frauengestalt im Schatten lächelt euphorisch - trotz der Dunkelheit ist eine edle Schönheit zu erahnen.
Eine monströse, weiße Schlange schlängelt sich durch dunkle Korridore eines Verlieses.
Durchscheinende Geister tanzen in einem Ballsaal.
Ein wütender Bauernmob, der sich vor einer Burg zusammenrottet.
Gäste an einer Tafel in einem heruntergekommenen Speisesaal reißen sich gegenseitig mit bloßen Zähnen das Fleisch vom Körper.
Eine Burg im Dunkeln - aus der Ferne sind Schwertergeklirr und Schreie zu hören.
Die ganze Vision dauerte nur wenige Sekunden - zu kurz, um mehr als blasse Erinnerungen an die Bilder zurückzulassen. Doch als ihre Begleiter besorgt zu ihnen stießen, war den beiden dennoch klar, dass dies mehr als ein bloßer Traum gewesen war.
Nun erkannten sie auch, dass hier außer der Säule, über die Louis gestolpert war, noch mehr Ruinen waren. Offenbar hatte es sie an einen uralten Ort verschlagen, denn Friedrich erkannte sofort, dass dies kein Bauwerk von Menschen gewesen war - es waren Überreste syrnethischer Bebauung, und eine uralte Kraft pulsierte in den Überbleibseln dieser Gemäuer.
Friedrich hatte, während sein Freund Erich sich gegen die Baronin stellte, das magische Buch geöffnet. Tatsächlich erschien eine beschriebene Seite vor ihm, und hektisch begann er, das Geschriebene zu lesen. Es brachte erstaunlich detaillierte Beschreibungen der Kindheit Agathe von Baderbaaschs zutage, von denen der Kreuzritter hoffte, dass sie tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen hatten, die womöglich sogar die Verwandlung zur Untoten überlebt hatten.
Als Louis das Amulett von ihrem Hals gestochen hatte und der Schutz, den es ihr scheinbar gegeben hatte, sie zu verlassen schien, suchte Friedrich seine Chance und begann, ihr Geschichten von dem kleinen Mädchen zu erzählen, das sie einmal gewesen war. Tatsächlich war ihr Blick bald von einem Schmerz gezeichnet, der nicht nur von den körperlichen Wunden herrührte.[1]
Auch der Baron stürzte sich nun auf die Untote, nicht jedoch bevor er Leon nachdrücklich verboten hatte, es ihm gleichzutun. Stattdessen ging der Junge nun zu der kleinen Maria und stellte sich mit gezogenem Schwert und grimmigem Blick schützend vor sie.
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Louis blickte neugierig auf das Amulett, das nun zu seinen Füßen lag. Es war etwas hinter der Baronin auf dem Boden ausgetrudelt, die nun ebenfalls von den anderen niedergezwungen wurde. Dem Montaigner jedoch hatte es das Schmuckstück irgendwie angetan, und er schnappte es sich, bevor die Baronin es womöglich zurückerlangen konnte.[2]
(https://games.dnd-gate.de/index.php?action=dlattach;topic=8952.0;attach=14305;image)
Als die Baronin am Boden war und Erich noch zu einigen weiteren Schlägen ansetzte, dachten alle, dass der Kampf bereits gewonnen war - doch plötzlich wogte eine neue Entschlossenheit durch das Wesen, das früher einmal Agathe Baderbaasch gewesen war. Als wenn ein Energieschub durch sie gefahren wäre, schoss sie mit einem Ruck nach oben und warf dabei alle um sie versammelten Helden einen Schritt zurück. Doch als diese in ihr Gesicht blickten, sahen sie dort kaum noch etwas, was an einen Menschen erinnerte. Ihre Fratze erinnerte mehr an einen Totenschädel mit rot glühenden Augen, ihr lippenloses Grinsen entblößte lange Reißzähne.
Und sie griff an, das erste Opfer, das ihr in die Augen fiel: Es war Hannah.[3]