Bruin wuchs als kleiner Bär in einem Einzelgehege im Zoo von Denver auf. Dort betrachtete der kleine Braunbär die Menschen, die zu ihm herein gafften oder ihn durch lautes Zurufen dazu bewegen wollten, dass er irgendwelche Sachen machen sollte.
Allerdings wusste Bruin überhaupt nicht, was die Menschen von ihm wollten. Als dann das große Erwachen über die Erde kam, veränderte sich auch Bruin und plötzlich verstand er nach und nach durch zuhören das, was die Lebewesen außerhalb des Käfigs sagten, wenn sie sich unterhielten. Es ergab plötzlich alles einen Sinn. Ihr Verhalten, die Mimiken und Gesten und all die sonderbaren Worte, die er vorher immer wieder gehört hatte, fügten sich zusammen zu einer Sprache.
Aber auch die humanoiden Wesen vor dem Gitter hatten sich verändert und plötzlich war er kein Braunbär mehr, sondern ein Critter, der eine sonderbare Ausstrahlung besäße und in ein einem Labor genauer untersucht werden müsste.
Was auch immer das bedeuten mochte. Der Konzern, der die Forschungsrechte an Bruin aufkaufte war Wuxing und als das in die Presse gelangte, startete Green Peace eine Gegeninitative, dass man Denvers intelligentem Braunbär nicht verkaufen dürfte, ja im Gegenteil, dass man ihm lieber einen besseren Lebensraum bieten solle und nicht für Experimente feilbieten solle.
Bis zu diesem Augenblick hatte Bruin noch nicht herausgefunden, dass er sich verwandeln konnte und sogar theoretisch in der Lage war zu sprechen. Aber es war beschlossen. Der Zoo hatte die Verträge mit dem Konzern geschlossen und Bruin sollte überstellt werden.
Doch mit dem Erwachen hatte nicht nur er interessante Veränderungen erfahren, sondern auch andere. Einige Aktivisten von Green Peace verfügten über einzigartige Fähigkeiten und brachen bei Nacht und Nebel in den Zoo ein um ihren Bären heraus zu holen.
Bruin, der verstand um was es ging, hatte natürlich Angst vor der Welt da draußen, aber er willigte ein und konnte seine Flucht sogar sehr vereinfachen. Durch einen gehackten Sicherheitsausgang, mehrere Türen und durchgeschnittene Zäune führte der Weg nach draußen zu einem unauffälligem Transporter, der in der Nähe des Zoos stand. Bruin stieg ein und wurde zunächst einmal zum Golden Gate Canyon State Park gefahren, welcher nach dem Erwachen ein ungeheures Wachstum erfahren hatte. Mehr konnten seine Befreier erst einmal nicht machen, da der Ausbruch bereits an Lonstar gemeldet worden war und die Streifen der Sicherheitsmänner rund um Denver ihre motorisierten Streifen fuhren. Nachdem sie ihm sagten, dass er sich gut verstecken müsste, weil sie ihn suchen würden, wurde Bruin alleine gelassen und verkroch sich im Unterholz. Er hatte furchtbare Angst vor der fremden Umgebung und es dauerte sehr lange, bis er einschlafen konnte.
In dieser Nacht träumte er das erste mal von "Bär", seinem Schutzpatron. Er zeigte ihm, wie er in der Wildnis überleben konnte und wie er sich verwandeln konnte. Das war auch nötig, denn tatsächlich kamen seine Häscher ihm auf die Spur und fanden sogar seinen Schlupfwinkel. Als dann dort aber ein nackter Mann lag, waren sie doch etwas überrascht und verliefen mit einer Mischung aus Scharmgefühl und Verwunderung verließen sie ihn wieder, nachdem angab noch nie einen Bären gesehen zu haben.
Einer der Männer hatte ihn als "Erwachten Penner" bezeichnet, der sich wohl mit irgendwelchen "Erwachten Drogen abgeschossen hatte". Das merkte Bruin sich. Immerhin hatten sie ihn nach dieser Feststellung in Ruhe gelassen.
"Bär" zeigte ihm in Traumwanderungen seinen kleinen Wald und zeigte ihm, welche Beeren er essen könnte und wie er sich vor jenen schützen könnte, die ihm Schaden wollten. Bruin gergaß aber die Hilfsbereitschaft seiner Retter nicht und ohnehin waren ihm die verschiedenen Metamenschen in Sprache und Wesen vertraut. Er war ja irgendwie doch unter ihnen aufgewachsen.
Und so näherte er sich in seiner Menschengestalt immer näher den Vorstadtgebieten der Großstadt Denver.
Auch hatte "Bär" ihm gesagt, dass er sich einen Fettvorat anfressen müsse, wolle er über den Winter kommen.
Was Bruin am meisten vermisste war der Geschmack von den Fischhappen, die ihm der Wärter immer gegeben hatte.
In einem Müllkontainer fand er einen ausgesonderten Ledermantel mit weichem Innenfutter, den er anlegte um (nach seiner Meinung) nicht so sehr aufzufallen. Er lief also eines Tages schnurstracks barfuß in ein asiatisches Lebensmittelgeschäft, aus dem es ganz vorzüglich nach Fisch roch. Als der vom Verkäufer eilig herbei gerufene Ladenbesitzer Bruin, der nur mit dem (geschlossenem) Ledermantel bekleidet, hinter der Ladentheke stand und sich gerade ein Stück rohen Fisch in den Mund steckte, wütend fragte, was er da machen würde, antwortete er: "Hallo! Ich bin ein erwachter Penner und habe mich mit irgendwelchen erwachten Drogen abgeschossen!", in der Hoffnung, dass man ihn nun in Ruhe weiter essen lassen würde.
Das war aber nicht der Fall und Bruin erfuhr, was es bedeutete den Sicherheitsdienst Lonestar anzurufen.
Die Sicherheitsmänner betraten den Laden, in dem Bruin gerade dem Ladenbesitzer schmatzend erklärte, dass es ein harter Winter werden würde und er ausreichend Fett ansetzen müsste, und schlugen ihm mit einem elektrischen Schock-Schläger den vierten Fisch aus der Hand. Die danach ausgetauschten Worte brachten die Sicherheitsleute auch nicht dazu in irgend einer Art und Weise Verständnis zu zeigen und Bruin wurde mit Schlägen aus Knüppeln eingedeckt. "Bär" aber hatte ihn gut ausgebildet und er ergriff den ersten Mann und warf ihn einige Meter zurück zu seinen Kollegen.
"Lasst mich gefälligst in Ruhe! Bald kommt der Winter und hier sind genug andere Stellen, wo ihr Essen findet."
Die Männer hörten aber nicht auf und obwohl die Schläge kaum weh taten, fühlte sich Bruin mehr und mehr in Bedrängnis gesetzt.
Irgendwann war es dann zu viel, denn ein Treffer hatte ihn genau auf seiner empfindlichen Nase erwischt. Das tat höllisch weg.
Bruin sah plötzlich rot und prügelte sich einmal quer durch den kleinen Laden.
[Etwa so, wie der Gallier Obelix sich bisweilen mit den Römern zu prügeln versteht]
Bald lagen grün und blau geprügelte und sichtlich verdutzte Sicherheitsleute am Boden und funkten nach Verstärkung.
Bruin hatte sich beruhigt und war froh, dass er keinen getötet hatte. Er schnappte sich noch eine Forelle und lief dann aus dem Laden.
Auch in seiner menschlichen Gestalt konnte er sich sehr schnell bewegen und er hatte eine gute Kondition.
In den Nebenstraßen Denvers fand er andere "Penner" und konnte sich so etwas bedeckt halten. Wie er durchsuchte er bisweilen die Mülltonnen nach Essbarem, was die "Reichen" wegwarfen. Er lernte bestimmte Begriffe zuzuordnen wie "Besitz" oder aber "Müll".
Demnach gehörte er wohl nach den "Gesetzen" der Metamenschen diesem seltsamen "Wuxing". Das bedeutete Bruin aber nichts, denn er zog es vor lieber selbst zu entscheiden, wohin er gehen wollte. So pendelte er zwischen dem Golden Gate Canyon State Park und den Vorstädten von Denver auf der Suche nach Essen (Geschäfte mied er fortan) und wagte sich so immer weiter in die Innenstadt vor.
Allerdings erfuhr er rechtzeitig, dass er eine Lizenz bräuchte, wollte er tatsächlich dort hin.
Eines Abends fand er sich in einem Gemeinschaftsgarten/Hinterhof wieder, wo einige Fische in einem Tank gezüchtet wurden.
Lebende Fische! Natürlich konnte das Leckermaul da nicht nein sagen und hatte es auf einen besonders fetten Brocken abgesehen.
Bruin, der sich sicher war, dass er nicht beobachtete, verwandelte sich zurück in den großen Bären, der er mittlerweile war, und benutzte seine Pranke um des glitschigen Leckerbissens habhaft zu werden. Gesagt - Getan!
Allerdings bemerkte er dabei nicht, dass jemand durch eine Hintertür den Gemeinschaftsgarten betreten hatte und ihn in seiner Gestalt dort stehen sah. Diese Person war niemand anderes als Ms. Mowz. Für wen von beiden diese zufällige Begegnung der größere Schreck war lässt sich nicht sagen, aber Bruin wollte der zierlichen Gestalt mit den großen Ohren nichts tun und um sie nicht weiter zu verängstigen nahm er vor ihren Augen wieder seine menschliche Gestalt an und erklärte ihr, dass er ihr nichts böses wolle und nur hungrig sei. Ms. Mowz kannte bereits Gestaltwandler und nutzte die Chance um etwas mehr über den Fremden zu erfahren.
Sie lud ihn ein um ihm dann "seinen" Fisch (übrigens ein Lachs) gekocht mit einer Honigsauce zu servieren.
Völlig überwältigt von der Geschmacksexplosion stand für Bruin fest, dass er wieder kommen würde. Er hatte sein Lieblingsessen gefunden. Von Ms. Mowz erfuhr er, dass sie einen kleinen Laden betreiben würde, in dem sie technische Geräte reparierte oder verkaufte. Bruin kam sie immer wieder unregelmäßig besuchen und brachte ihr von seinen Spaziergängen elektrische Geräte mit, die irgendwelche reichen Snobs weggeworfen hatten... Und ließ sich im Gegenzug etwas kochen.
Aber so ein kleiner Laden läuft mal gut, mal schlecht und als es über eine längere Zeit eine Flaute gab und die ersten Geldnöte entstanden, suchte die Shadowrunnerin sich einen passenden Job.
In genau dieser Nacht besuchte Bruin die kleine Mausschamanin mal wieder, die zwar eigentlich keine Zeit hatte, aber den Freund auch nicht vor der Tür stehen lassen wolltest. Daher fragte sie Bruin, ob er nicht mitkommen wollte. Er wollte und sie nahm ihn mit.
Die aus Deutschland kommende Frau gab ihm den Spitznamen "
Meister Petz"
[kurz: "Mr. Petz"].