Areo vernahm die zögerlich geschriebenen Worte des Halbelfen, welcher sich Gelirion nannte. Der Tempel war also gefallen, er würde wohl keinen Schutz mehr bieten. Was nun? Die Last des Erlebten, die Schmerzen an seinem Rücken, die Anstrengung die es kostete, um ihr Leben zu rennen... Er konnte kaum mehr stehen. Er blinzelte, nickte zögerlich und lies den Kopf hängen.
Den gesamten Weg zurück? Verzweiflung packte ihn wieder, doch er schluckte sie runter. Die Wahl, frei zu entscheiden hatte man ihnen längst genommen. Es war eine Prüfung. Eine Prüfung ihres Glaubens. Ihrer Kraft. Wer scheiterte fiel. Wer strauchelte, wurde von der allumfassenden Dunkelheit einfach verschlungen. Es blieben letztendlich die beiden Möglichkeiten, dem Drang zu zerbrechen nachzugeben oder weiter zu rennen. Immer weiter, bis die Beine versagten. Während Gelirion sich von ihm abwandte, um sich mit der restlichen Gruppe zu unterhalten, sah ihm Areo in Gedanken versunken nach.
Zuflucht findest du im Wahn, und die Wildnis kennt nur noch den Tod. Immer wieder kam ihm dieser eine Satz, dieser eine Rat seines Meisters in den Sinn. Er war aus einem guten Grund hier. Er würde überleben. Er würde überleben und wieder in den Westen gehen können. Gemeinsam mit Ain. Nach Hause.
Zitternd öffnete er das Tagebuch, welches er von Gelirion zurückerhalten hatte. Er kniete sich kurz zu Boden, kramte das Tintenfass aus seiner Tasche heraus und schrieb in verschmierten, zögerlichen Lettern. >Areo. Meinen Freund nennt man Ain.< Er blickte kurz zu ihm hinüber. Ain war gerade damit beschäftigt, mit seiner Nase auf dem Boden herum zu schnüffeln. '
Als ob da mal was gewesen war. Ja, da war mit Sicherheit mal WAS' kam es dem Druiden in den Sinn. Eine Erinnerung, an die Vergangenheit, ein Satz, geschrieben von Kiuro. Auf Areos Frage, was er wohl denken würde, wieso Ain immer wieder Minuten damit verbrachte, auf einem scheinbar leeren Fleck am Boden, so aufmerksam und beschäftigt zu suchen, als würde er auf einem riesigen Knochen sitzen.
Erinnerungen gaben Kraft, die Macht, weiter zu gehen. Um am Ende wieder dort zu sein. An den Orten seiner Vergangenheit. Eine weitere Weisheit der Hüter. Plötzlich musste Areo lächeln. Wenn auch nur kurz, unscheinbar und in diesem Moment vielleicht auch unpassend. Doch er lächelte.
Er las Gelirions Schrift erneut und fügte danach zu seinen Sätzen hinzu. >Nicht schlimmer als andere auch. Mein Rücken, kein Biss.<
Als er aufblickte, stand der Krieger bereits wieder vor ihm und zeigte mit einer Geste an, dass er Areo erneut etwas aufschreiben wollte. Gelirion schrieb erneut etwas nieder und zeigte die Seite dem Druiden. Areo nickte, hob seinen Wanderstab vom Boden, steckte das Tintenfass mit Tagebuch ein und klatschte kurz mit der Hand auf seinen Oberschenkel. Ain blickte auf und legte fragend den Kopf leicht schief. Der Fleck musste wohl Fleck bleiben, denn nun rief ihn sein Freund zu sich. Kurz blickte sich Areo um, bemerkte, wie die Flammen langsam nach dem Tempel griffen und seufzte. Tränen klebten immer noch auf der einen Seite seines Gesichtes, er versuchte sie mit dem Ärmel wegzuwischen.
Also weiter. So lange die Beine sie trugen.
Entschlossen folgte er dem Halbelfen zum Tor. Um jenes zu verteidigen.
Nachdem sie sich gestärkt hatten, jeder getrunken und kurz etwas gegessen hatte, ging es also weiter. Die Straßen hinab, den Untoten immer wenige Meter voraus. Ihren Blick starr voraus folgten Ain und Areo der Gruppe und halfen, so gut sie konnten. Bis die Gemeinschaft stehen blieb. Eingeschüchtert, durch eine plötzlich auftauchende Gestalt. Einen kleinen, schwer gepanzerten Mann. Areo musterte ihn.
[1] Er schien der Seuche noch nicht verfallen zu sein. Der Druide wollte wissen, ob er ihnen feindlich gesinnt war. Plötzlich kam ihm noch ein anderer Gedanke.
[2] War er bereits gebissen und würden ihn nur noch Minuten bei Verstand bleiben? Bevor er sie anfallen würde, so enden würde wie Sheriak?