Tlacatl. Mensch. Wie lange brauchte es im Leben eines Wesens, welches Tlacatl genannt wurde wohl, um ein Tlacatl zu werden? Gab es dort Unterschiede? War man sofort ein Mensch und musste dies erst entdecken? War man kein Mensch und musste das erst werden? Ich kenne die Wahrheit nur für mich, denn ich musste Tlacatl werden. Bin ich schlechter oder bessere als andere Menschen? Früher hätte das, was ich war, das beantworten wollen und es hätte dies immer in einer dümmlichen Zweiteilung beantwortet. "Ja, ich bin besser." Und sein Feind hätte geschlagen oder erschlagen vor seinen Füßen gelegen. "Nein, ich bin schlechter." Und seine Füße hätten ihn soweit getragen, dass kein gefiederter Pfeil sein Leben mehr bedrohte. Dieses Leben war einfach, so einfach, wie es falsch war. Es war das Leben eines Lamas. Von jedem Schrecken in die Bergflanken getrieben, spuckte dieses Wesen, wenn es sich in der besseren Position wähnte. Dieses Wesen hieß Yaotl. Es war angesehen, stolz, mutig und wütig. Es war ein Leibwächter, ein zu stolzer Krieger, einer, welchen den Göttern alles ohne zu hinterfragen opferte, bis er selbst zum Opfer der Götter auserkoren wurde.
Yaotl merkte, dass sein Stolz ein Trugbild war, sein Mut ein Übermut war und nichts mit dem Überwinden von Angst zu tun hatte. Yaotl kämpfte häufig Kämpfe, die er kaum verlieren konnte. Er definierte seinen Mut und seine Stärke nach falschen Kämpfen und so kam es, dass der Kampf kam, der einer auf Augenhöhe hätte sein können, hätte sein Herz nicht versagt. Es rutschte ihm aus dem Körper und sein Feind nahm es auf, ehe Yaotl sich versah. Der Feind stahl das Herz mit seinen flinken Pranken und brachte den stolzen Mann zu Fall, brach dessen falschen Stolz und wollte ihn den Göttern opfern. Doch da dieses Wesen kein Herz mehr hatte, konnte es im Angesicht des Todes und der Götter keinen Mut mehr finden, den es in den leichten Siegen verloren hatte. Es war beherrscht von der Angst, da sein Herz für es verloren war. Es wurde ängstliche Wut. Es brach mit Zorn und Wut und Feigheit aus. Zerriss die Fesselung, stieß das Messer des Priesters in dessen eigenen Leib, stürze diesen herab in das Kohlebecken und entfloh dem Schauspiel seiner eigenen Opferung. Es merkte nicht, dass es den Untergang heraufbeschwor.
Es hatte ohne Herz kein Selbst mehr. Es floh von den Bergen in die Dschungel, von den Dschungeln in die Sümpfe, von den Sümpfen in die Dschungel. Kopflos, herzlos, willenlos, aber voller Schmerz. Es war voller Schmerz wegen seiner eigenen schmachvollen Person, aber es erkannte noch nicht den Untergang, den es heraufbeschwor. Dieses Wesen, was nicht einmal mehr Yaotl war. Es war die geborene Feigheit, die geborene Beleidigung der Götter. Hatte es früher Feinde erschlagen, sich an Frauen in Frieden und Krieg gelabt und stolze Männer mit Speer und Axt beschützt, jagte es in den Tagen nach der Flucht Aras, Reptilien, wenn der Wahnsinn es überfiel, auch mal einen kranken Jaguar. Das Wesen war gebrochen und hilflos, bis es lernte zu sehen und ein Funken Geist zurückkehrte in diese leblose Hülle, die wie das Überbleibsel einer sich häutenden Schlage im seichten Wind trieb.
Das Wesen hatte sich zu nah an ein Dorf getraut, weil es keine Beute fand. Es lauerte, um Mais und süße Schoten zu stehlen, wie ein törrichtes Kind es bei nächtlichen Hunger tat. Aber es roch verbrannte Körper. Es wollte fliehen, weil es dachte, es würde eine Opferung geben und Gedanken der eigenen Schmach überfiel die Hülle, welche nur noch an Überleben dachte und in sich verloren war. Es wollte fliehen, weil es von den Erinnerungen eingeholt wurde, als es sogar Yaotl verlor. Es fand auch keinen Mut, dorthin zu gehen, aber Azul wusch die Bedenken weg, als der Regen einsetzte, so stark, dass das Wesen Unterschlupf in einer Hütte suchen musste. Donner und Blitze wurden geworfen und sie knallten gefährlich nahe in den Boden, in die Bäume. Das Wesen war irgendwo in der Nähe der Küste, es erinnerte sich nicht mehr an den Ort, den Namen, aber erinnerte sich, dass es doch kein Donner war, der vom Himmel kam. Es war Donner und Blitz, die aus merkwürdigen Schlangen kamen, die zu Silber erstarrt waren. Sie hatten keine Schuppen mehr, aber das letzte Stück des Schwanzes war aus Holz. Die Donnerschlangen schickte Blitze in andere Wesen, denen ganze Glieder abgerissen wurde, als würde ein Jaguar einem den Arm wegreißen mit einem Biss. Das Wesen fürchtete sich, denn die abgerissenen Glieder rochen wie verbranntes Fleisch. Die Menschen schrien furchtbar. Es schien als spuckten die erstarrten Donnerschlangen nicht nur Blitz und Donner, sondern todbringende Kugeln. Sie blieben in Häuserwänden stecken, manchmal durchschlugen sie diese auch, wo Lehm und Stroh nicht fest genug war. Eine solche Kugel verwundete des ängstliche Wesen am Bein. Eine furchtbare Wunde. Sie würde das Wesen über Wochen begleiten und dann beinahe töten. Azul zeigte dem Wesen damit, dass es diese Donnerschlangen beschwor, weil es sich als Yaotl nicht hatte opfern lassen.
Das Wesen war schwach geworden, nachdem es getroffen, aber nicht entdeckt worden war. Aber Azul rettete es. Es verstand es nicht, da es doch geopfert werden sollte.. Immer, wenn er es nicht mehr konnte, schenkte Azul etwas Regen in diesen Tagen und gab Kraft. Er schenkte der Hülle auch Träume. Träume davon, wie das Wesen die Schmerzen und die Leere wegspülen könnte. Er zeigte dem Wesen auch noch mehr von diesen Männern in den scheinenden Rüstungen und die erstarrten Donnerschlangen, wie sie sogar Kinder zerfraßen mit Donner und Blitz und Kugel. Es weinte sogar darüber, weil es das nicht mehr aushielt. An welchen Ort es auch kam, es sah Tod und Verstümmelung, aber Azul rettete es, bis es nach Payit gekommen war. Das Wesen spürte, dass die Kugel aus formbaren Silber
[1] ein Schlangenei sein musste und diese junge Schlange nun schlüpfen musste. Die Schmerzen waren unerträglich, sein Fleisch roch nach faulen Eiern
[2]. Es war sich sicher, die Schlange musste geschlüpft sein. Es brach am Fluß, den die wenigen Wesen, die er traf, Yanastrom nannten, zusammen. Azul schickte ihn einen letzten Traum. Azul schenkte Hoffnung. Vielleicht konnte man die Donnerschlangen ihre die Wesen, die sie wie Haustiere hielten, wieder vertreiben. Azul sagte, dass es ein Tlacatl werden müsse. Es verlor sein Bewusstsein und stürzte in den Fluß, den Azul gesegnet haben musste, soviel Wasser, wie er führte. Es soll das Ende des Wesens einleiten, welches, obwohl es ein Mann war, mit Tlacatl trächtig wurde.