Aelar sinnierte über diesen Tag. Das Leben und das Schicksal war seltsam - viele, besonders viele unter den Menschen, glaubten, sie hätten die Kontrolle. Besonders jene mit großen Muskeln oder Schwertern, weil sie meist als Sieger vom Platz gingen. Und auch besonders jene, die Meister der arkanen Magie waren, ermöglichten ihnen ihre magischen Fähigkeiten doch weite Blicke auf alles mögliche. Er war überzeugt, dass sie alle irrten. Zu viele Mächte konnten mit einem Wimpernschlag oder einen Würfelwurf das Leben Vieler ändern - von jetzt auf gleich. Aus einer Laune oder einem langfristigen Plan heraus. Nur das Glück, das beherrschten sie nicht. Auch seine Herrin nicht, obwohl es oft anders auf den Straßen zu hören war. Das Glück hatte keine Herrin. Er hatte gelernt, dass Pläne bis zur Nasenspitze gute Pläne waren, aber Pläne ins nächste Jahr meist nicht. Also war er auch ohne große Pläne in das Dorf gekommen und nun saß er wieder hier, nach einem sehr seltsamen Tag und überlegte, ob er einen Plan für morgen machen sollte.
Was hatte er heute gelernt? Zu viel und zu wenig. Wirklich klüger war er kaum geworden. Aber vielleicht irgendwann. Dieser Tag war ein Puzzleteil, aber den richtigen Platz im großen Bild musste er dafür noch finden.
Sie waren wahrlich eine seltsame Truppe. Der Elf hatte sich schließlich doch recht schnell in seinen Turm verzogen, wer konnte es ihm verdenken. Ob er etwas daraus lernen würde, was ihm widerfahren war? Aelar hielt es für höchst unwahrscheinlich. Elf und begabter Magier, das waren zwei Merkmale, die vor oft vor Weisheit schützten. Auch wenn gerade die Elfen etwas anderes behaupteten. Ihn würden sie entgegnen, dass das Blut der Menschen daran schuld sei, dass er so wenig verstand von der Welt. Aelar hielt dieses Blut aber für ein Geschenk, für einen Blick über den Tellerrand, der Elfen meist nicht gelang.
Er hatte in seinem Studium der Lehren der Herrin des Glücks mehr als ein als den Satz mit dem Apfel von seinem Abt gehört. Wenn dir auf deinem Weg ein reifer Apfel vor der Nase baumelt, dann pflücke ihn und nimm ihn mit, auch wenn du gerade gut gegessen hast. Denn wenn du hungrig bist, ist meist weit und breit kein Apfel da. Irgendwann hatte er daraus für sich folgendes gemacht: Wenn dir etwas geschenkt wird, dann halte es in Ehre, auch wenn es gerade keinen Wert für dich hat. Denn oft zeigt sich der Wert erst viel später. Er hatte keine Ahnung, ob der Abt das gemeint hatte, aber das war Aelar egal.
Und diese Karte war der Apfel. Auch wenn sie nicht zu Dingen von Wert führen würde - er war davon überzeugt dass Finethir ihnen die Karte nicht gegeben hätte, wenn dort wirklich ein wertvoller Hort lagern würde - würde es sie irgendwo hin führen. Und der Weg dorthin alleine war die Reise meist schon wert.
Einen Plan bis zur Nasenspitze. "Ich war da noch nie, wo die Karte uns hinführen wird. Das alleine ist schon ein guter Grund, mitzugehen." Er zwinkerte dem Tabaxi zu. "Außerdem könnte sich der Wolf dort herum treiben und wenn er uns sieht, wird er sich jaulend verziehen, ohne dass wir eine Klinge ziehen müssen. Tiere sind klug. Ob Finethir wohl so klug sein wird, sich seine Schüler demnächst besser auszusuchen oder sie besser auszubilden?" Auch davon war Aelar nicht überzeugt.
Er leerte den Krug mit einen tiefen Zug und winkte der Schankmaid, um die leeren Krüge am Tisch wieder füllen zu lassen.