Einar nimmt einen großen Schluck und schmeckt eine faulige, ranzige Flüssigkeit in seinem Mund, die seine Geschmacksknospen an fermentierte Pisse erinnert - auch wenn er vermutlich noch nie fermentierte Pisse zu sich genommen hat...
Statt zu spucken und zu husten, verzieht er nur kurz die Mundwinkel und schluckt herunter. Der Djaka nickt und nimmt das Gefäß wieder an sich - und tatsächlich: So widerwärtig das Gebräu auch schmeckt, es entflammt einen winzigen Funken Lebensgeist in seinem Körper - vielleicht auch nur, weil dieser sich gegen das unbekannte Gemisch zu sträuben beginnt.
Kurze Zeit später setzt sich die nun deutlich angewachsene Gruppe in Bewegung. Recht schnell entfernen sich mehrere Eingeborene nach links und rechts in den Dschungel und sind irgendwann weder zu sehen noch zu hören. Schatten, die sie begleiten und vermutlich im Auge behalten. Andere Djaka wandern voraus, um zu führen - ihre Schritte trotz kurzer Beine schnell, sicher, unermüdlich und nahezu lautlos - während andere das Schlusslicht bilden und hin und wieder mit unbekannten Worten zu mehr Eile anstacheln. Doch der allgemeine Zustand von Einar und Yalena hat sich nicht auf wundersame Weise gebessert, so dass es nach wie vor nur langsam vorangeht. Sie wandern noch eins, zwei Stunden bis in die einbrechende Dunkelheit hinein und rasten dann an einer geeigneten Stelle. Nur einer der davongewanderten Späher kehrt zum Lager zurück, während die anderen wohl abseits kampieren oder noch eine Weile weitermarschieren, um den Weg abzusichern. Unabhängig davon, ob Einar, Yalena und Kiran eine Nachtwache bestimmen, sind zu jeder Zeit stets zwei Djaka auf der Hut. Manchmal wandern sie ein kurzes Stück in den Dschungel, ahmen erstaunlich glaubhaft Tierlaute nach oder lauschen in die unaufhörliche Kakophonie des nächtlichen Urwalds. So geht es mehrere Tage weiter. Es ist den Kriegern anzumerken, dass sie ungeduldig werden und sehr viel schneller vorankämen, wenn sie die Gruppe nicht am Hals hätten, doch jedes laute Meckern und Anstacheln in ihrer Sprache hilft nicht weiter und zuletzt geben sie Ruhe und ertragen die nicht zu ändernde Situation.
Yalenas Zustand scheint sich nach den ersten durchgeschlafenen Nächten sowie unter der Fürsorge Kirans etwas zu bessern, Einar dagegen fühlt sich kraftlos wie eh und je, auch wenn er um die Last seiner Waffen 'befreit' ist und der übelschmeckende Trunk der Eingeborenen in kurzen Schüben ein inneres Feuer zu entfachen vermag, welches jedoch binnen Minuten wieder zu glimmenden Kohlen verkommt und zuletzt endgültig erlischt. Beide verlieren im labyrinthartigen Grün bald das Zeitgefühl. Die Tage sind von Monotonie und steigendem Mühsal geprägt - hin und wieder unterbrochen von kurzen aber heftigen Regengüssen, die zwar ihre Trinkschläuche füllen, das Wandern und Rasten allerdings nicht gerade erträglicher gestalten. Irgendwann lassen sich dann so etwas wie Pfade erkennen, die durch den Dschungel geschlagen sind - noch am gleichen Tag lichtet sich endlich der Urwald und die Küste kommt in Sicht. Die untertunnelten Hügel, primitiven Hütten und simplen Felder Baranas sind weder schön noch eindrucksvoll, doch nach allen durchlebten Qualen ein herbeigesehnter Segen. Es dürfte Mittag sein, als sie das Dorf erreichen - Einar fast auf den Knien, trotz viel Flüssigkeitszufuhr ausgetrocknet, sichtlich ausgemergelt und mit verschwommener Sicht. Der Tod flüstert in sein Ohr und er weiß: seine Sanduhr klammert sich an die letzten rieselnden Körner. Yalena und Kiran müssen ihn zu beiden Seiten stützen. Im Dorf herrscht derweil reges Treiben. Erwachsene bestellen Felder von Süßkartoffeln, fischen nahe den Ufern der Küste oder gehen anderem Tagewerk nach, während einige Kinder herumtollen und ihre letzten Jahre der Unbeschwertheit genießen. Ein paar Neugierige kommen heran, um die Ankömmlinge zu begutachten. Nicht alle Djaka-Krieger, die sie im Dschungel getroffen haben, sind aktuell bei der Gruppe - einige müssen vorausgeeilt sein, um von ihrem Fund und der baldigen Ankunft der anderen zu berichten...