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1. Akt - Der Henker

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Navun'Ylahc Vytharia:
Die bewegten Nächte dieser Zeit sind gefährlich. Wohin man blickt tauchen Fackeln auf, getragen von Sterblichen, die nach dem Tod ihrer Dämonen schreien. Vorüber sind die Zeiten, in denen ihre Angst sie in die Fänge der Kainiten trieb. Nun muss jeder der Verdammten Sorge tragen, dass nicht er es ist, den ihre Folter oder ihr Feuer verzehrt.

Auch wenn die Kainiten sich längst aus ihren hohen Ämtern und Herrschersitzen zurückgezogen haben und alles wieder in die Hände sterblicher Marionetten legten, so schlagen die Wellen der Inquisition doch immer höher. Allein der Kreuzzug mag die Prager Kainiten vor der Vernichtung gerettet haben, doch sicher sind die noch lange nicht.

Um so wichtiger erscheint es, dass ein jeder Verdammte seine Existenz verbirgt, seinen EInfluss auf das mindeste beschränkt und sogar die Anzahl seiner Ghule so klein wie irgend möglich hält.
Wie erschreckend trifft euch da plötzlich eines kalten Oktoberabends die Nachricht Gaius Cossinius Severus'. Seine Zeilen sind mit einer Hast geschrieben, die ihm alles andere als ähnlich sieht. Die Tinte verschmiert, als hätte er das Pergament nicht lange genug trocknen lassen, ehe er es versiegelte und dem Boten übergab, der es euch überbrachte.

Eilt zur Versammlung unserer Art. Ein Fernbleiben wird nicht geduldet und als das schlimmste Vergehen betrachtet.
 Aufgrund der momentanen Umstände bitte ich Euch, auf einige Annehmlichkeiten zu verzichten und sich mit mir in Burg Vysehrad zu treffen. Ein jeder ist dafür verantwortlich, dass niemand, der nicht unserer Art ist, von diesem Treffen erfährt.
 Es wird diese Nacht, eine Stunde nach Mitternacht, beginnen.
 GCS

Wolfhart Vsechrom:
Wolfhart Vsechrom war gerade in die Halle des Familienanwesens getreten als ein Bote die Nachricht des Prinzen überbrachte.
Nachdem er sie gelesen hat sah er erst etwas verwirrt drein... Was mag der Prinz von mir wollen?
Wolfhart verfasst ein Schreiben, welches er an seinen Onkel adressiert um diesem mitzuteilen dass er für unbestimmte Zeit nach Prag müsse ohne weitere Gründe zu nennen außer dass es sich um "private" Angelegenheiten handelt und hinterlässt es bei einem der Diener die um diese Uhrzeit noch durchs Hasu wuseln.

Gleich darauf macht er sich auf den Weg nach Prag der von Říčany aus, welches südlich von Prag liegt, nicht sehr weit ist, weswegen er zu Fuß nach Prag zieht.

Jana Buzkova:
Jana wacht auf, als die Nacht sich über Prag gelegt hat und die tödliche Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Dass ihr der Gedanke an die Sonne kommt, liegt daran, dass Horymír ihr gestern endlich die Übersetzung jenes indischen Textes gebracht hat, den sie bei ihrem Vater gefunden hatte. Es geht darin um die Idee, dass die Planeten sich um sich selbst drehen und um die Sonne. Der indische Astronom und Autor des Textes hat versucht seine Überlegungen durch unzählige Gleichungen zu beweisen. Jana ist sich allerdings nicht sicher, ob sie sich tatsächlich die Mühe machen möchte, diese alle nachzurechnen, denn die Theorie erscheint ihr doch zu absurd - auch wenn die Vorstellung, wie die Kirche auf solch eine Theorie reagieren würde, ihr durchaus zusagt. Sie lächelt kurz, bevor sie aufsteht und ihren Blick wie gewohnt über ihr Gebiet schweifen lässt um zu kontrollieren, ob noch alles so ist, wie es gestern war. Gerade will sie erleichtert durchatmen, da entdeckt sie allerdings einen Brief, der bei ihren Büchern liegt. Es ist also jemand hier gewesen. Dieser Gedanke bereitet Jana kurz Unbehagen, doch nachdem sie nichts dagegen unternehmen kann nimmt sie schließlich den Brief. Hastig bricht sie das Siegel und überfliegt die Zeilen. Scheiße. Ich habe wirklich besseres zu tun, als mich mit den ganzen anderen zu treffen., schießt es Jana durch den Kopf, als sie wehmütig feststellt, dass sie mit ihren Studien heute Nacht wohl nicht weiterkommen würde. Etwas Wut mach sich in der Brujah breit, bis ihr plötzlich der Gedanke kommt, dass es sich um etwas Ernstes handeln könnte. Sicher, dass Fernbleiben nicht geduldet wird, ist nichts außergewöhnliches sondern zeigt nur, dass Gaius Gebrauch macht, von dem bisschen Macht, das er besitzt. Doch dass die Tinte verwischt ist, wundert Jana dann schon eher, da es nicht ganz in das Bild passt, dass sie von Ventrue hat.
Wie dem auch ist, schnell gelingt es Jana sich wieder ihren Studien zu widmen, denn sie möchte die wenige Zeit, die ihr bis zu dem Treffen noch bleibt zumindest sinnvoll gebrauchen.
Irgendwann muss sie dann aber doch aufbrechen. Da sie bereits als Sterbliche verfolgt worden ist, hat sie den Gedanken an die Gefahr, die von der Inquisition ausgeht, immer im Hintergrund und achter peinlichst genau darauf, nicht entdeckt zu werden. Schließlich landet sie vor der Burg.

Aurél Illiescu:
Etwa eine Meile vor Prag treibt ein Ritter sein Pferd in ein kleines Wäldchen. Er führt ein zweites Streitross an den Zügeln neben sich her.
Vor einem großen, moosüberwachsenen Felsen zügelt er sein Reittier und starrt mit ernstem Blick auf den Waldboden. Und wie durch ein Wunder beginnt nur wenige Augenblicke später Blut unter dem Felsen hervorzusprudeln und sich in einem kleinem, beinahe schwarzem Teich zu sammeln. Ungerührt beobachtet der Ritter das Geschehen, das so manchen gestandenen Mann wohl in Panik fliehen ließe.
Das Blut beginnt sich wie von höllischer Macht bewegt in einem kleinen Teich zu sammeln, bevor es kurz darauf in die Höhe wächst um die Form eines Mannes anzunehmen. Ein stattlicher Mann mit langem dunklem, beinahe schwarzem Haar und scharf geschnittenen, aristokratischen Zügen. Er trägt einen geschwärzten Plattenpanzer und einen weinroten Umhang, die sich ebenso aus dem Blut herausbilden. Mit geschickten Bewegungen, als würde die Rüstung nicht mehr wiegen als eine Feder steigt er auf das freie Streitross, das der andere Ritter mitgeführt hat. Letzterer zieht eine Pergamentrolle aus seinem Wappenrock und überreicht sie dem anderen mit den Worten: "Meister, Gaius Cossinius Severus gab mir diese Nachricht für Euch, als ich  Eure nahende Ankunft in der Stadt ankündigte."
Aurél nimmt das Pergament entgegen und bricht das wächserne Siegel. Seine Miene verdüstert sich während er die Zeilen überfliegt. Dannach setzt er sein Streitross in Bewegung, gen Vysehrad.

Navun'Ylahc Vytharia:
Am rechten Moldauufer thront die "Hohe Burg", die zweite Burg Prags. Dunkle Mondschatten werfen ihr blasses Licht auf die rustikalen Türme der St.-Peter-und-Pauls-Kirche Vysehrads.

Aurél hat keine großen Probleme, in die Stadt zu gelangen. Entweder waren es die Wachen am Haupttor gewohnt, fremde Leute in die Stadt zu lassen, oder vielleicht wirkte er auch einfach nur zu imposant, um sich ihm direkt in den Weg zu stellen. Die geschwärzte Rüstung spiegelt matt das Mondlicht wieder, als er auf seinem Ross durch die dunklen Gassen Prags reitet. Die späte Stunde scheint wirklich nur besonders unerschütterliche Leute vor die Tür zu treiben und deswegen sieht er auch nicht mehr als einen kleinen Trupp Wachen, der ihn misstrauisch mustert, dann aber ziehen lässt.
Die Schotterstraße hinauf zu Vysehrad ist komplett menschenleer. Vielleicht hat Cossinius hier schon etwas vorgesorgt?
Im Burggelände dauert es nicht lange, bis sich eine dunkel angezogene Gestalt aus einer Ecke auf ihn zubewegt und nicht mehr als ein "Folgt mir, ihr werdet bereits erwartet" von sich gibt.

Nach weiteren Studien hat es Jana schließlich noch etwas einfacher. Eine kleine Abkürzung hier, eine geschickte Umgehung von Wachtruppen da - es hat Vorteile, sich etwas in der Stadt auszukennen. Jeder andere Mensch würde sich in der Nähe der Wachen wohl sicherer fühlen, als im kompletten Dunkel der verwinkelten Gassen, aber als Vampir hat man ein anderes Los gezogen. Als sie schließlich in Vysehrad ankommt, sieht sie vor sich gerade noch jemanden mit seinem Streitross im Dunkel verschwinden, ehe sie selbst den Burghof betritt und mit einem "Ah, Jana Buzkova, schön dass sie ihre Studien hinter sich gelassen haben" begrüßt wird. Der Mann, ungefähr Mitte 30, setzt ein amüsantes Lächeln auf und irgendwie kommt er ihr bekannt vor.
"Sie werden bereits erwartet. Maria, Simon und die anderen waren heute erstaunlich früh hier." Mit einer kleinen Geste bedeutet er ihr, ihm zu folgen.

Es ist nicht so, dass Wolfhart sonderlich bekannt bei den Wachen ist. Es ist wohl eher die allgemeine Gelassenheit, mit der in Prag Leute eingelassen werden. Vielleicht läuft dadurch der Handel besser, als wenn man bei jedem direkt nachfrägt, woher er kommt und was er in der Stadt will. Soweit er sich allerdings erinnern kann, kommt es durchaus vor, dass diese Methode angwendet wird. Besonders bei offensichtlich Bettlern und anderen sehr merkwürdigen Gestalten.
Den Weg Vysehrad hinauf hat Wolfhart die gesamte Zeit über das Gefühl eine Frau zu verfolgen. Immer wieder biegt sie um die nächste Ecke, wenn er sie sehen kann.
Vor dem Burghof angekommen, sieht er sie dann mit einem Mann stehen. Es hatte etwas bizarres, fast so, als hätten sich die beiden dort verabredet...

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