Gestärkt und um einen, wenn auch kleinen Ratschlag reicher, verabschieden sich die Ermittler und ihr neuer Bekannter endlich von dem Wirt, der sein Bier nun alleine austrinken muss, und verlassen seine gemütliche Taverne, um in die morgendliche Kühle hinauszutreten.
Hiberné wirkt inzwischen wach und geschäftig: Fuhren schleppen sich die Hauptstraße entlang, Lehrlinge und Boten eilen hin und her, vom Marktplatz weht die Brise reges Gemurmel heran. Die tief stehende Sonne wärmt zwar kaum, doch die Luft in der Stadt ist deutlich wärmer als im Gehölz, in dem die Ermittler aufgewacht sind. Im Süden hängt immer noch, wenn auch deutlich geschrumpft, rabenschwarz gegen den klaren Himmel, die Rauchsäule am Müllturm.
Mehr oder minder in Sorgen um Hrothgars langes Fortbleiben, treten die Freiwilligen den Weg zum Rathaus und zur Garnison der Stadtwache an. Die erste Hälfte des Weges legen alle vier gemeinsam zurück, denn das Rathaus befindet sich direkt am Marktplatz und genau dort müssen Eberk und Alek durch, wenn sie zur Garnison im Burghof gelangen wollen.
So trennen sich die Zweiergruppen vor der Eichentür des Bürgermeisterbüros, das im Erdgeschoss der vierstöckigen, mit Glockenturm samt vergoldetem Wetterhahn versehenen Gebäudes. Der Hahn, so hat Caelaral mitbekommen, wurde vom Haus Lyrandar erschaffen und verrät nicht nur die Windrichtung, sondern mildert auch besonders starke Winde etwas ab und macht Hiberné so zu einem noch gemütlicheren Ort.
Jethro und Caelaral betreten durch die massive Tür, die beim Öffnen ein Glockenklingeln auslöst, einen sauberen und hellen Vorraum. Durch die großen, mit makellos weißen, dünnen Gardinen verhangenen Fenster dringt von außen viel Licht hinein, das vom hellen Holz der Bodenplanken angenehm und unaufdringlich durch den Raum gestreut wird. Gegenüber der Eingangstür befindet sich eine weitere Tür; links von der Ermittlern sind entlang der Wände Stühle aufgereiht, auf denen sich bereits mehr als ein halbes Dutzend wartende, mehrere Menschen, ein Halbelf und ein Halbling, niedergelassen haben.
In der Mitte der rechten Raumhälfte steht ein großer Schreibtisch, hinter dem die Sekretärin des Bürgermeisters sitzt - eine gepflegte junge Menschenfrau mit feinen, ja nahezu zu feinen Gesichtszügen, hellblauen Augen und zu einem festen Knoten gebundenen glatten strohblonden Haaren. Von ihrer Kleidung sehen die beiden Männer nur das Hemd oder Oberteil eines adretten Kleides aus geriffeltem weißen Stoff, mit Schnürung und einem nicht sehr freigiebigen Dekoletté. Die Schreibutensilien vor der Frau sind ordentlich auf der rechten Seite des Tisches aufgestellt, während auf der linken ebenso ordentlich mehrere Papierstapel aufgereiht sind.
Die Augen der Wartenden sowie der Sekretärin richten sich auf die Neuankömmlinge.
In der Zwischenzeit bahnen sich der rotbärtige Zwergenpriester und der schlüpfrige junge Mensch den Weg am Rand des Marktplatzes entlang, in Richtung der kurzen Steinbrücke, hinter der das Tor zum Burghof liegt. Bevor sie allerdings die frisch aufgebauten Stände der unterschiedlichsten Händler und die verlockenden Düfte der angebotenen Speisen hinter sich lassen, fällt beiden ein unscheinbares Kind auf, das sich verdächtig nahe an einem blauberobten Elfen drückt, welcher nichtsahnend seltene Zauberzutaten eines pfeiferauchenden Gnomenhändlers betrachtet. Weder dem Elfen, noch dem Händler oder seinen anderen potentiellen Kunden fällt der platinblonde, sommersprossige Junge auf, Alek und Eberk jedoch schon - und mehr noch, die beiden entdecken am Gürtel des danebenstehenden Mannes lose Schnüre eines abgeschnittenen Geldbeutels!
Uliri Jaren, wie der zauberinteressierte Elf heißt, bekommt im Augenblick nichts von seiner Lage mit, denn das Angebot des Gnoms tut dem Ruf Aundairs als Land der Magie alle Ehre. Rare getrocknete Käfer, Salamanderhaut, gemahlene Ghulnägel, Haare von der Brust eines Riesen, reines Residuum - alles ist an diesem bemerkenswerten Stand zu finden.