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Autor Thema: [IT] Prolog: Schatten über Tristram  (Gelesen 60535 mal)

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Wolfhard

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #420 am: 23.03.2011, 10:32:10 »
16. Oktober 1265

Am Morgen nach dem Aufstieg aus den Katakomben, erhebt sich Wolfhard schon zwei Stunden vor Sonnenaufgang von seinem Lager um Feuerstelle und Backofen an zuheizen.

Als die Feuer brennen, macht er sich mit Elan an daran drei Grundbrotteige vorzubereiten. Nachdem diese auch bereit sind und aufgehen, widmet er sich der Zubereitung der eigentlichen Speisen.

Trotz der anstrengenden Arbeit macht sich ein vergnügter Ausdruck auf Wolfhards Gesicht breit. Ein allfälliger Beobachter könnte sehen, wie sich Wolfhard, bei seiner gleichzeitig einfachen wie komplexen Tätigkeit, immer mehr entspannt und ein Grossteil der Belastung der letzen Tage förmlich in der Hitze des Feuers dahinschmilzt.

Mit einer für ihn eigentlich untypischen Heiterkeit belädt er einen der grossen Tische im Schankraum, bis sich dieser unter den Speisen beinahe biegt. Auf dem Tisch reihen sich mit Honig gesüsste Weizenbrötchen, Roggenbrot mit eingebackenen Trockenfrüchten und duftendes Dinkelbrot, neben frischen Pfannkuchen und einem grossen Kräuteromelett neben welchen wiederum Platten mit Schnitten von Kaltem Braten und Brathühnchen vom Vortag sowie gebratenem Speck und Schinken stehen. Natürlich darf auch Butter, Honig, Marmelade und andere Zuspeisen nicht fehlen und natürlich steht auch eine grosse Kanne mit Tee aus Wolfhards privatem Vorrat auf dem Tisch.

Zusätzlich hat Wolfhard jeweils eine Auswahl der Speisen auf dem Küchentisch für den Wirt hinterlassen und auf zwei Tabletts gestellt, die er von zwei Dorfjungen, die dafür etwas vom süssen Gebäck bekommen, zum Haus des Heilers bringen lässt.

Nachdem nun alles vorbereitete ist, ruft Wolfhard seine Gefährten zu Tisch.
« Letzte Änderung: 02.04.2011, 11:00:49 von List »

List

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #421 am: 23.03.2011, 16:15:43 »
Der herrliche Duft, frisch gebackenen Brotes weckt die Gefährten und lässt sie hungrig am Tisch im großen Schankraum Platz nehmen. Auch Odgen und seine Magd Gillean sind schon auf und haben den großen Kamin im Schankraum entzündet, denn draußen ist es kalt und es regnet dicke Tropfen an die Fenster der Taverne. Vor den Gefährten türmt sich eine herrliche Menge von Speisen auf, sodass das Zusammenkommen den Namen Frühstück kaum zu verdienen mag. Eine Art heimelige Atmosphäre entsteht, die die Erlebnisse der vergangenen zwei Tage wie ein böser Traum erscheinen lässt.

Odgean begrüßt die Gefährten und informiert sie darüber, dass eine kleine Gruppe von Dorfbewohnern es aus den Katakomben geschafft hat, darunter auch der Kürschner Farnham und Grisworld, der Schmied des Dorfes. "Wir werden heute noch einen Suchtrupp zusammenstellen, vielleicht finden wir noch weitere Bewohner. Und auch der Prinz wird noch vermisst. Wenn wir ihn finden, dann ist die Thronfolge gesichert. Zudem wollen wir versuchen, herauszufinden, was unsere Quellen verdirbt." Etwas unentschlossen kratzt er sich am Hinterkopf. "Ich kann immer noch nicht glauben, dass ein... Monster die Dörfler getötet haben soll. Wirret hat es mir erzählt. Grausig, wenn er nicht übetrieben hat, doch ich danke Euch im Namen Tristrams für Eure Hilfe. Ach ja, dem Jungen geht es gut. Pepin hat ihm ein hervorragendes Holzbein verpasst. Er wird sich sicher bei Euch bedanken wollen.", fügt er noch hinzu. Dann entschuldigt er sich, um sein Tageswerk vorzubereiten, und die Gefährten können sich ihrem Frühstück widmen.
« Letzte Änderung: 23.03.2011, 16:32:16 von List »
"Man muss auch das Allgemeinste persönlich darstellen."
- Hokusai

Tyrome Rhistle

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #422 am: 23.03.2011, 21:26:57 »
Der ehemalige Ritter kommt zu Tisch, das erste Mal können seine Gefährten ihn ungerüstet sehen, ohne seinen alten, treuen Streithammer. Noch immer gibt der Mann eine imposante Erscheinung ab. Trotz seines fortgeschrittenen Alters hat er auch ungerüstet einen Körperbau, den man getrost als Schrank bezeichnen kann. Nur auf Besnell kann er von der Körpergröße nicht herabschauen. Sein Gesicht ist trotzdem düster und ernst, er trägt nun eine unverzierte, schwarze Kutte, welche grob an die Kutte eines Zakarumnitmönches erinnert, statt eines Symbols um den Hals, trägt er jedoch eine massive, grobgliedrige Kette. Die Kutte verdeckt sogar den Blick auf seinen Hals, so dass man nur die Haut seines Gesichtes und seiner großen Füße sieht, welche in einfachen Sandalen stecken und voller Matsch wegen des tiefen Bodes draußen sind. An beiden Händen trägt er feine Lederhandschuhe. Er setzt seinen massigen Körper, der hier und da inzwischen ein Kilogramm des Übermaßes zeigt, auf einem Stuhl ab und schaut sich prüfend jene Sachen an, welche Wolfhard ihnen zubereitet hat.
Es ist schon ein merkwürdiger Umstand, dass er hier mit den Gefährten aus den Gewölben sitzt und sich von der heimischen Kulisse einfangen lässt. Eigentlich sollte er um sein Leben laufen oder sich Gedanken darum machen, wie sie jetzt aus dieser Zwickmühle mit dem Erzdämon herauskommen kann. Er verliert kein Gedanken daran. Er schwelgt schweigsam in den Gedanken an schöne Tage in Fort McIllroy. Es hat diesen gewissen, inneren Frieden Sezair zu verdanken, auch wenn dieser sich dessen sicher nicht bewusst ist. Sezair ist auch der Grund, warum Tyrome überhaupt gekommen ist und sogar daran denkt, weiterhin mit diesen Mannen zu reiten, wenn sie nichts anderes vorhaben. Tyrome Rhistle scheint es auf einmal so, als wäre es von Anfang eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass sie jetzt auf einmal so vertraut zusammen speisen. Was es natürlich eigentlich selbst jetzt noch nicht ist. Merkwürdig ist es auf alle Fälle, aber Tyrome gefällt es.

"Ich habe eine Wagenladung schwarzes Tuch auf meinem Wagen.", beginnt Tyrome dann zu sprechen, nachdem Ogden gegangen ist und sie über die letzten Neuigkeiten informiert hat. Rhistle ist aufgefordert worden, mehr über sich zu erzählen. Also denkt er, dass er am Besten den Anfang macht. "Schwarzes Tuch ist dort, wo ich herkomme selten, und nur besondere Dinge werden mit schwarzem Tuch bedacht. Und zwar dann, wenn man sich auf ewig von ihnen verabschieden muss. Meist ist es so selten, dass der Gewöhnliche meiner Clansmänner sich nur von seinem Vater und seiner Mutter in der Art verabschiedet. Das erste Schwert, welches im Alter zerbricht, umwickelt man zumindest mit einer Schleife aus schwarzem Tuch und legt es ebenfalls nieder. Ich besitze nicht viel Tuch, weil ich reich bin oder war. Ich besitze viel Tuch, weil ich eigentlich gelernter Bestatter bin, aber vor allem, weil mich von etwas Großem verabschieden muss. Als ich zurück von der Front gekommen bin, hier nach Tristam, habe ich die Befürchtung gehabt, dass ich mich von meinem Rang des Ritters verabschieden muss. Mein Lehen habe ich schon längst verloren, meinen König hatte ich auch an den Wahnsinn verloren." Warum er jedoch selbst in schwarzes Tuch gekleidet ist, erklärt der Landadelige nicht. Tyrome reißt sich etwas von dem Brot ab, nimmt sich kalten Braten und Speck, er nickt Wolfhard dabei dankbar zu. Tyrome isst viel und gerne. "Ogden hat es eben angesprochen, wenn der Prinz gefunden würde, wäre die Thronfolge geklärt. Wenn ihr wir ihn gerettet hätten, dann wäre es meine Chance gewesen, mein Lehen und meinen Rang wiederzubekommen. Vielleicht hätte ich gar ein lukrativeres Lehen bekommen, im Dienst für meine Loyalität und meinen Schwertarm. Ich bin schließlich nicht mehr der Jüngste und die wenigsten Krieger erreichen mein Alter, wenn sie regelmäßig in die Schlacht ziehen." Tyrome isst ein wenig und nimmt sich noch vom Dinkelbrot und belegt es mit Schinken, den er mit einer sehr dünnen Schicht Honig bestreicht. Bei einem Festessen eines Hauptmannes in Westmarch hat in Honig eingelegten Schinken gegessen. Es hat ihn seit jeher fasziniert. "Das ist bisher nur eine vage Hoffnung gewesen und ich habe diese Rolle schwarzen Stoff letztendlich bei mir, um mein altes Leben mit allen Würden gehen zu lassen. Es scheint, auch wenn für Albrecht glücklicherweise noch Hoffnung bestehen mag, so zu sein, dass dieser Zeitpunkt gekommen ist. Ich habe das Interesse an diesem Leben verloren, zumindest in den alten Formen, die oftmals nur hohle Phrasen sind. Nachdem ich gesehen habe, was Sezair für meinen König getan hat und wenn ich daran denke, was mit Albrecht sein könnte, nachdem er in der Gewalt des Erzbischofs ist, will ich das Leben eines einfachen Ritters hinter mir lassen."
Es wird klar, dass Rhistle kein besonders großer Freund von belanglosen Gesprächen ist und er stets versucht, den Gesprächen einen Sinn zu geben. Oder zumindest etwas Bedeutendes zu besprechen. Es käme ihn nicht in den Sinn, über das Plätschern des Regens an den Fenstern zu philosophieren, obgleich er es genießt.
"Aber ich will euch sagen, was ich noch tun muss. Ich habe es unten[1] geschworen. Als letzten Auftrag meiner Loyalität gegenüber dem König, auch wenn er inzwischen in Frieden lebt, muss ich Erzbischof Lazarus töten, für das was er nicht nur dem Königshaus, sondern auch diesem Ort angetan hat. Es ist meine Pflicht als Vasall Leorics. Erst dann kann ich das schwarze Tuch über dieses Leben legen." Für Tyrome beendet dieses auf die Ereignisse bezogene Gespräch das heimische Empfinden nicht, weshalb er auch kein Problem hat, das Thema zu erwähnen.

Nachdem er seine Hände abgewischt hat, fischt er ein Amulett aus seinem Gewand und legt es auf den Tisch. "Hier Meister Tariel, nachdem, was ich über das Amulett weiß, ist es euch wohl mehr von Nutzen als mir[2]." Er hat lange darüber nachgedacht, ob er es Besnell nach ihrer Auseinandersetzung gibt, aber letztendlich müssen sie eine verschwundene Gefährtin ersetzen. Da sollte jeder bestens ausgerüstet sein, nach ihren Möglichkeiten eben. Dann nickt er Besnell zu, den er sogar mit Ehrennamen anspricht. "Wegen meiner Worte über Pflicht. Lasst euch davon nicht das gute Essen verderben. Ihr sollt nur wissen, wer ich bin." Zwar gibt es noch weit mehr zu erzählen, über seine merkwürdigen Fähigkeiten des Gestaltwandels, die er noch nicht offenbart hat, über seine Vergangenheit, seinen tiefen Glauben und auch über sein Interesse an der Tierzucht, auch wenn Tyrant im Zimmer bleiben muss. Aber Tyrome hat das Gefühl, dass er für den Moment genug gesagt hat und erst einmal Wolfhards Frühstück genießen sollte.
 1. Damit meint er das Gewölbe
 2. Ich bin jetzt davon ausgegangen, dass Tyrome inzwischen weiß, was das Amulett bringt.
Cry Havoc! and let slip the dogs of war. - William Shakespeare - The Tragedy of Julius Caesar, 3. Akt, 1. Szene / Antonius

Sezair Lemas

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #423 am: 23.03.2011, 23:00:35 »
Mit neugierigen Blicken hat Sezair den zähen Krieger beobachtet, während dieser gesprochen hat. Obwohl der nun offenbar ehemalige Ritter sich nicht mehr scheut, von sich zu sprechen, sind seine Worte noch immer sehr hart. Die größte Strenge gilt dabei scheinbar ihm selbst, denkt sich Sezair, während er gespannt zuhört.

Als der Name des Kehjistani fällt, hebt dieser überrascht die Augenbrauen. Für einen kurzen Moment verliert sich Sezair in seinen Gedanken. Seine rauen Finger fahren zaghaft über seine spröden Lippen, während er sich klar zu machen versucht, was Tyrome meint.[1]

Doch als Tyrome seinen Schwur erklärt, den Erzbischof zu töten, fällt ein besorgter Schatten über Sezairs Miene. Vorsichtig beobachtet er die Züge des strengen Mannes. Dieser spricht seinen Entschluss so fest und ruhig aus, dass man meinen könnte, dessen Ausmaß sei gering. Auch wenn dem Kehjistani die Taten Lazarus' bekannt sind, und obwohl er einsieht, dass der Verrat des Bischofs den ehemaligen Ritter sogar persönlich trifft, bereitet ihm dessen Absicht Sorge. Sorge darüber, dass Zorn und das Verlangen nach Rache ihre Keime in die Gedanken des stolzen Mannes gesetzt haben mögen.

"Die Strenge dieses Mannes ist seine Fessel und sein Verband zugleich. Was wäre, würde man sie ihm nehmen? Würde er seine Freiheit feiern, oder durch seine eigene ungebändigte Kraft zerbersten?"

Für einen Moment bleiben die dunklen Augen des Kehjistani auf Tyrome ruhen, nachdem dieser geendet hat. Sollte dieser aufblicken, wird ihm ein herzlicher und warmer Blick Sezairs begegnen. "Und doch, welche Teufel ihn auch plagen mögen, weigert er sich, sein Gewissen zu begraben." Noch immer ist Sezair fest von seinen eigenen Worten überzeugt. Vor ihm sitzt ein gewissenhafter Mann. Ein rechter Mann.

Im Stillen hofft er, dass die schwarzen Tücher auf dem Wagen Tyromes bei solch einem Regen nicht nass werden.

"Meister Wolfhard,", spricht Sezair bewundernd und löst sich von seinen Gedanken. Er bricht sich ein kleines Stück des hellsten Brotes, das er finden kann, und bestreicht es mit einer großzügigen Schicht Butter. "Ich wünsche Euch, dass der Herr Eure Hände mit Gesundheit segnet! Wer hätte geahnt, dass ein solch meisterhafter Koch unter uns reist? Im Namen des Barmherzigen und Gnädigen," segnet der alte Mann das ihm geschenkte Essen und nimmt einen ersten Bissen. Das Brot schmeckt so süß wie frisches Obst von den Bäumen, und die Butter klebt Sezair unbeholfen im Bart. Wie hat doch seine Frau ihm damals gescholten, dass er nicht so viel Butter auf das Brot schmieren soll - ungesund sei das!

Neugierig verzichtet er darauf, der nächste zu sein, der seine Absichten preisgibt, obwohl er noch immer die starke Verbundenheit verspürt, nach dem Prinzen zu suchen. Er will jedoch hören, was die übrigen Reisenden denken, bis ihm eine Frage in den Sinn kommt. Zögernd fragt er in die Runde: "Wie geht es Herrn de Avegleur? Ist er wohlauf?"
 1. Sezair ist nicht bewusst, dass er in der Begegnung mit dem König einen Dämon ausgetrieben hat - geschweige denn, dass er so etwas überhaupt kann. Er glaubt, er habe dem König die Augen geöffnet, indem er sein Leid mit ihm teilen konnte.

Belanar

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #424 am: 23.03.2011, 23:41:44 »
Belanar sieht dem Ritter ins Gesicht und stellt erst jetzt fest, dass sich hinter der strengen Miene und der harten Disziplin ein alter Mann verbirgt, der sich nach Frieden sehnt. Ein vertrauter Anblick. Belanar seufzt nicht, auch wenn er das gerne würde. Er wollte die Gefühle dieses Mannes nicht verletzen.

Wie auch Herr von Rhistle, ist der Totenbeschwörer ohne seine schwere Rüstung erschienen. Wirkt er in seinem Panzer massiv, ist er ohne ein Zerrbild und auch seine elegante, wenn auch schlichte graue Kleidung kann nicht darüber hinweg täuschen, dass er erschreckend dürr ist.[1]

Seine Wangen sind eingefallen, seine Lippen fahl und seine Haut bleich. Das aschenweiße Haar hat er geschickt zurück gebunden. Es ist fast unmöglich sein Alter zu bestimmen. Seine Züge sind weich, doch er wirkt auf eine befremdliche Art älter als der freundliche Greis Sezair.
Belanar hielt sich gleich zu Beginn der frühen Zusammenkunft im Hintergrund. Die Handschuhe im Gürtel und das Schwert an seinen Stuhl gelehnt, hat er das Essen mit keinem Blick gewürdigt, bis ihm Wolfhards Lächeln auffiel und er sich schließlich dazu durchrang, sich eine Tasse dampfenden Tees einzugießen.

Er kam als letzter zur Tischrunde. Er schläft nicht und war nur kurz auf seinem Zimmer, um seinen Harnisch abzulegen. Die Nacht hat er im Dorf verbracht. Er liebt die alten Bäume dieses Landes. Und er brauchte Zeit zum Nachdenken.

Es war also weit schlimmer, als sein Orden befürchtet hatte. Belanar hatte seinen Gedanken in Form eines Briefes geordnet und trägt dieses Schreiben nun vor den Blicken seiner Gefährten verborgen in einer Tasche seines Mantels. Es sind nur einige Seiten Papier, aber sie wiegen schwer wie ein Stein.

Die großen Drei. Der Erzengel Tyrael. Die Horadrim. Wenige wissen, wie viel Last mit dem Wissen um die Bedeutung dieser Namen einhergeht. Er kannte die Überlieferung nur bruchstückhaft, doch es reichte, um Belanar zweifeln zu lassen, ob er einer derartigen Bedrohung gewachsen war.

Doch es war nutzlos. Er war hier. Er würde handeln. Und hoffen, dass er eine Möglichkeit bekommen würde, seinen Orden zu kontaktieren. Der Rat musste benachrichtigt werden. Sezair sprach. Belanar wunderte sich immer über die klare und helle Stimme des alten Mönches.
Seine Stimme war so friedlich. Voller Inbrunst. Belanar ertappte sich dabei, wie er sich wünschte, in Sezair nie eine Maske zu finden. Er hatte schon viele verschlagene Lügen im wunderschönen Kleid des sanften Friedens gesehen.

Langsam besah er sich seine wundersamen Gefährten. Alle verfügten über beträchtliche Macht. Das war das einzige, was er mit Gewissheit sagen konnte. Dann wandern seine Gedanken zur verschwundenen Vistani. Er hatte sich kurz nach ihrem Verschwinden bei Besnell vergewissert. Ein Portal. Wohin, ist ungewiss. Das von Feyra und der hohen Dame de Lioncourt weiterhin jede Spur fehlte, tat sein Übriges. Als würde man über einen Abgrund rennen, nur um festzustellen, dass die tragenden Steine unter den Füßen wegbrachen.

“Herr de Aveugler schläft, Sezair. Doch heilender Schlaf bleibt ihm verwehrt bleibt. Er fiebert und wird von Alpträumen gepackt.“
 1. Er trägt seine graue Alltagskleidung, darüber allerdings einen schwarzen schmucklosen Justaucoups, wie er beim Adel Westmarchs Mode war.Siehe beispielsweise
« Letzte Änderung: 24.03.2011, 09:58:30 von Belanar »

Besnell

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #425 am: 24.03.2011, 09:42:26 »
Kurz vor Belanar war auch Besnell erschienen, seine Erscheinung war wie immer seinem Rang angepasst, doch trug er immer noch die zerschlissene, einst sicher prächtige Kombination aus Robe und Mantel, seine hohe Gestalt wirkt hager und ausgezehrt und er hat tiefe Ringe unter den Augen die stark gerötet sind. Entweder hat er die letzte Nacht nicht geschlafen oder die Röte führt von vergossenen Tränen. Oder auch beides. Lediglich seine weichen Stiefel aus einer unbekannten Lederart wirken wie neu. Mit zitternden Händen streicht er sich die Haare aus dem Gesicht und lehnt seinen Stab, das Zeichen seiner Zunft, an den Tisch. Er verbeugt sich leicht und nimmt in dem Moment Platz in dem Belanar hinzukommt, welchem er freundlich zunickt. Als Tyrome ihm das Amulett reicht, runzelt er kurz die Stirn und besieht sich des Amulettes kurz, als ihn die Macht dessen gewahr wird, reißt er überrascht die Augen auf und blickt dann den Ritter an, fast scheint es als würde er ihn in einem neuen Licht sehen, vor allem in Verbindung mit dessen Worten. Er nickt dem Ritter langsam und vorsichtig zu, als er zu sprechen beginnt, wird klar das seine Müdigkeit tief in seinem Geist verankert ist. Er spricht zwar deutlich, aber sehr leise.

"Habt dank eure Einschätzung ist überraschend korrekt" Da fällt ihm auf das er mit seinen Worten den Ritter beleidigt haben könnte, er schüttelt mit einem hilflosen lachenden Kopf.

"Verzeiht, ich meinte gemessen daran das ihr kein Magier seit, es sollte ein Kompliment sein." Der Magier senkt den Kopf und man kann sehen das ihm die nächsten Worte sehr schwer fallen.
"Ich muss mich bei euch entschuldigen Lord Rhistle" Er wählt bewusst diese hochrangige Anrede um zu zeigen das es ihm ernst ist. "Ich habe euch falsch eingeschätzt und mein Urteilsvermögen dadurch getrübt. Sicher stimmt ihr mir zu, dass wir keine Freunde werden, aber ihr müsst wissen das ich euch respektieren und eben aus diesem Grund teile ich euch weiterhin meine Meinung über euch und eure Taten mit wenn es nötig ist." Er holt tief luft und flüstert dann leise.

"Ihr seit der Beste von uns und Verdient selbst von mir Respekt. Noch ehe dies alles vorbei ist, werdet ihr Euch an dies besinnen."
Dann ergreift er einen Becher und befüllt ihn mit Tee, er liebte Tee und besaß selbst eine ansehnliche Sammlung verschiedener Krautsorten, als er ihn probiert hat nickte er Wolf anerkennend zu und hebt seinen Becher um diesem zuzuprosten.

"Wirklich hervorragend Meisterspäher, woher habt ihr dieses vorzügliche Gewächs?"

Er hatte nichts über sich mitgeteilt, das konnte er immernoch. Doch er hatte zu ihrer kleinen Selbsthilfegruppe einen Teil beigetragen
« Letzte Änderung: 24.03.2011, 23:17:17 von List »

Tyrome Rhistle

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #426 am: 27.03.2011, 21:12:54 »
Tyrome beobachtet die Reaktionen seiner Gefährten auf die Worte, die er selbst verloren hat. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, denn seit langer Zeit hat er keine eigenen Gedanken, persönliche Gedanken, mit anderen Menschen geteilt. Es geht meist um die Notwendigkeiten der Situation, wenn er mit anderen Menschen spricht, nie um seine Person. Und selbst wenn er streitet, dann ist es in den letzten Jahren nie um seine Person gegangen. Mit Waffen hat er für Khanduras und Westmarch gestritten, mit Worten hat er für seinen Glauben oder für die Vernunft in der jeweiligen Situation gestritten, aber niemals hat er ausschließlich für sich um seinerselbst Willen gestritten. Jetzt streitet er zwar nicht für sich, aber er offenbart ein Stück von sich, ein höchst ungewöhnlicher Akt für den alten Kämpen. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Menschen, mit denen er in den Krieg gezogen ist, entweder gestorben sind nach mehreren Zügen oder langsam an Krankheiten vergangen sind, oder weil am Ende dieser Kämpfe so verbittert gewesen sind, dass sie das Schwert solange an den Nagel gehängt haben, bis der Sold und ihr eigener finanzieller Ruin sie wieder in die Schlacht geführt hat, wenn auch meist in anderen Einheiten, als der, in welcher Tyrome Rhistle gerade diente. Und wenn Streit im Königreich es erforderte, und sein König rief, hatte Tyrome auch gegen Männer gekämpft, mit welchen er nicht einmal ein Jahr zuvor am selben Lagerfeuer gesessen und getrunken hatte. Loyalität erfordert die merkwürdigsten Dinge von einem Menschen, vor allem aber, ist Loyalität immer eine Frage der Perspektive. Man kann nicht jedem Menschen gegenüber loyal sein, nur einer Sache, oder einem Menschen oder einer Institution. Tyrome hat immer gebetet, dass sein Glaube ihn nicht in eine solche Situation bringen würde, in der er sich in seinen Loyalitäten für eine Prioritätenreihenfolge entscheiden muss. Trotz der verfahrenden Situation um König Leoric ist es glücklicherweise nur kurzfristig dazu gekommen, dass Tyrome auf der falschen Seite gestanden hat. Und dieses Offenbaren bedeutet für Tyrome, dass er auch seine Loyalität den Gefährten gegenüber für heilig erklärt und er weiß, dass nur wenige Situationen dies ändern könnte: wenn ein Gefährte ihn absichtlich angreift oder verrät und wenn er sich zwischen seinem Glauben und seinen Gefährten entscheiden müsste. Das wäre keine Frage für Tyrome, denn er kennt seine Gefährten zu wenig, um auch überhaupt über Zweifel an seinem Glauben nachzudenken.

Er blickt Besnell an, als dieser ihn tatsächlich um Entschuldigung bittet. Tyrome ist zunächst skeptisch und fragt sich, ob es Haarspalterei Besnells sein könnte, schließlich kann man nur um Entschuldigung bitten, aber niemals sich selbst entschuldigen, wenn man tatsächlich eine Schuld getragen hat. Es wäre eine Herrschaft der Willkür, wenn ein jeder selbst über seine Schuld entscheiden könnte und sich so jederzeit selbst entschuldigte. Aber Tyrome glaubt, nach einem Blick in Besnells Augen, dass diese Entschuldigung weder Farce noch Haarspalterei ist und nickt. "Ich stimme euch zu, Respekt ist notwendig. Und ich nehme eure Bitte der Entschuldigung an und bitte somit ebenfalls darum, zu harsche Worte zu verzeihen."
Tyrome hat nicht vor, mit Meister Tariel auch nur eine Art Freundschaft zu begründen, aber er weiß zu schätzen, wenn ihm jemand mit einer ehrlichen Meinung begegnet. Damit kann der ehemalige Ritter besser leben, als mit einem stets freundlichen Mann, der hinter seinem Lächeln eine Klinge verbirgt. Aber so scheint glücklicherweise keiner seiner Gefährten zu sein, nur Delara hat er sowohl in der Freude als auch im Ärger für eine falsche Schlange gehalten. Und aus diesem Grund stimmt Tyrome auch vorbehaltslos zu. Auch wenn er nur harsche Worte zu verzeihen bittet, macht er doch deutlich, dass der Inhalt noch immer gilt. Nur als Besnell flüstert, dass Tyrome der Beste unter ihnen sei, verzieht er kurz die Mundwinkel; nach unten. Tyrome teilt diese Meinung bei weitem nicht und blickt deswegen nur kurz zu Sezair, den er für den Besten unter ihnen hält. Kommentieren will er diese Aussage nicht, nickt Besnell jedoch dankbar zu. Auch wenn Tyrome diese Worte nicht teilt, weiß er solche Worte zu schätzen. Jedwede Anerkennung, egal ob wahrhaftig ausgesprochen oder mit Hintergedanken, besitzt die Kraft, die Seele eines Mannes ein wenig zu erhellen.

Jedoch mag der ältere Mann sich nicht nur über Wolfhards Tee unterhalten, diese Art von Altweibergeschwätz fällt Tyrome schwerer als die Kunde von Blut und Verderben in die Lande zu bringen, sich über ausgerissene Gliedmaßen und zerdrückte Gesichter zu unterhalten. Es ist Tyrome manchmal selbst unheimlich, aber es fiele ihm leichter einem Wolf zuzuschauen, der einen jungen Mann zerreißt, denn über die Farbpracht einer Tulpenwiese zu schwärmen. Tyrome ist kein Freund von Schwärmereien. Lieber nimmt er sich noch ein Stück von dem Dinkelbrot und belegt es mit noch mehr honigbestrichenen Schinken, doch dabei fängt er an zu sprechen.
"Neugierde ist normalerweise nicht meine Art, aber ich frage mich doch, was ihr jetzt plant. Ich habe euch gesagt, was ich aufgrund meines ritterlichen Eides zu tun verpflichtet bin und dies ist somit auch das, was ich zu erreichen habe in nächster Zeit, so es mir möglich ist. Doch wie sieht es mit euch aus? Es erscheint mir eher ein Zufall, dass ihr in Tristam seid, denn planvolle und höchste Absicht."
Tyrome weiß nichts über seine Gefährten, außer die Dinge, welche er in den Katakomben selbst erlebt und gesehen hat. Dass er mit einer persönlichen Note das Eis für sich gebrochen hat, ist für den Landadeligen Beweis genug, dass er ein gewisses Vertrauen entwickelt hat und weiterentwickeln will. Jetzt muss er nur noch erfahren, wer die anderen eigentlich sind.
« Letzte Änderung: 27.03.2011, 21:20:44 von Tyrome Rhistle »
Cry Havoc! and let slip the dogs of war. - William Shakespeare - The Tragedy of Julius Caesar, 3. Akt, 1. Szene / Antonius

Belanar

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #427 am: 31.03.2011, 11:29:20 »
Ohne Sezairs Antwort abzuwarten, blickt Belanar Tyrome an. Er überlegt kurz und räuspert sich dann:

"Eine interessante Frage, Herr von Rhistle. Auch ich wundere mich über diesen seltsamen Zufall. Auf meinen Reisen geriet ich mit einigen illustren Figuren in Gesellschaft, doch nie zuvor traf ich auf solche Macht. Wir alle verfügen über Mittel und Wege, unsere Ziele zu erreichen. Jeder ging sein eigenen Weg und doch liefen wir gemeinsam. Die Frage drängt sich auf.

Ich würde es niemanden verdenken. Es liegt keine Feigheit darin, wenn ein Kind den Löwen fürchtet. Ob bewusst oder zufällig, wir sind in einen Konflikt geraten, dessen Ausmaß unsere Vorstellungskraft übersteigt. Bei aller Macht, über die wir verfügen. Wir tappen blind im Dunkeln. Diablo. Mephisto. Baal. Namen. Ich ahne ihre Bedeutung, doch ich weiß nichts von ihnen. Wem ich gegenübertrete.

Aber ich werde ihnen gegenübertreten. Wie auch Herr von Rhistle, habe ich einen Schwur geleistet. Mein Schwert gehört dem Orden der schwarzen Klinge. Mein Geist Rathma. Und mein Herz allen Kindern der Nephalem. Sollten die Drei wirklich wieder ihren Fuß auf Sanktuario gesetzt haben, werde ich nicht eher ruhen, als bis sie vernichtet sind.

Mein Weg steht also fest. Ich schätze eure Fähigkeiten. Ich bewundere euren Mut und eure Hingabe. Ich weiß, dass der Weg vor mir steinig ist und ich fürchte mein Wanken. Ich wäre ein Narr, Hilfe abzulehnen. Aber es ist nicht nur bloßes Kalkül. Herr von Rhistle, wenn ihr erlaubt, würde ich euch begleiten. Und jeden von euch einladen, sich uns anzuschließen."



Sezair Lemas

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #428 am: 31.03.2011, 20:09:57 »
Mit einem ehrfürchtigen Schimmern in den Augen hat Sezair Belanars Worten zugehört. Unmut dringt durch die sonst so fröhliche Art des alten Mannes, während der Priester spricht. Trotz der ohnehin kühlen und berechnenden Art Belanars scheint die Bedeutung des Gesprochenen auch ihn mit Verhaltenheit zu berühren. Doch ist es eben die Bedeutung des Geschehenen und noch zu Geschehenden, was Sezair nicht zu fassen vermag.

Mit zusammengekniffenen Augenbrauen senkt der einfältige Kehjistani den Blick und versucht, die Ereignisse der letzten Tage zu durchschauen.

"Oh Du mein Zeuge, Du siehst wie ich seit Jahren Deinem Weg folge, und ich danke Dir für Deine Güte. Jeden Schritt, den ich tue, schreite ich in Deinem Namen. Du bist mein Weiser und Begleiter auf meiner Suche, deren Ziel mein Lohn sein soll. Ich mich frage mich doch, oh Herr, welches Maß haben meine letzten Schritte besessen? Auf welche Mächte bin ich gestoßen, die selbst die Kraft solch starker Wesen wie an diesem Tisch hier zittern lässt?"

Verständnislos schüttelt Sezair den Kopf. Der Butcher war kein Kind des Herrn, doch wessen Ausgeburt war er dann? War der König etwa doch nicht nur von Schmerz zerfressen, sondern von ganz anderen Dämonen geplagt? Welch eine Stimme war es, der es gelang, ungesehen in Sezairs Ohren zu dröhnen? Welche Bedeutung trugen die drei Namen, die den ehemaligen Ritter schaudern, den Priester zögern ließen?
Doch obwohl Sezair die Antwort auf diese Fragen nicht finden kann, hebt er plötzlich mit heller Miene den Kopf. Ein anderer Gedanke kommt ihm in dem Sinn. Nicht er ist es, der die Antworten finden kann, wohl aber seine außergewöhnlichen Wegbegleiter am selben Tisch.

"Oh Herr, gepriesen sei Dein Name! Du bist es, der mir solche Gefährten schenkt, auf dass sie meine Wege mir erleuchten können!"

Verlegen beginnt Sezair seine Frage zu stellen, unsicher ob ihrer Gewaltigkeit.

"Herr Belanar, Euer Sinn und Verstand ist uns unentbehrlich! Selten kannte ich einen solch klaren Mann, der das Gewicht der Geschehnisse gleich einer Waage erfassen kann. Ich lernte das Fischen, das Rechnen und das Beten zwar, doch bin ich ein Dummkopf, der vor Euch sitzt. Bitte verzeiht, wenn meine Frage unangemessen sein mag, doch ich frage mich: Worauf sind wir gestoßen?"

Belanar

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #429 am: 31.03.2011, 23:34:38 »
Erstaunt wendet sich Belanar dem alten Mönch zu.

Wie verschlagen diese dunklen Augen blitzen. Es ist die gleiche weiche Stimme, derselbe einlullende Gesang. Und doch. Trotz aller süßen Worte. Er scheint nicht zu lügen[1]. Also die Wahrheit. Er weiß nicht, wo er ist, was er tut und mit wem er es zu tun hat? Unmöglich.

Der Totenbeschwörer schüttelt kurz den Kopf, ruft sich dann aber zur Besinnung. Mild lächelnd antwortet er Sezair.


"Ich danke euch für eure schmeichelnden Worte, Sezair. Und ich bitte um Entschuldigung, euch enttäuschen zu müssen. Ich weiß nicht, worauf wir gestoßen sind. Die Namen, die ich genannt habe, prophezeien das Ende Sanktuarios. Sie benennen Schrecken, Hass und Zerstörung. Ein Unheil bringendes Omen. Ein Fluch. Doch welcher Gestalt? Ich weiß es nicht.

Der Ursprung dieser Namen reicht in die Legenden, was es leider unmöglich macht, Wahrheit von Fiktion zu trennen. Die drei großen Übel sollen das personifizierte Böse sein. Ungeheuer, mit der Macht, alles und jeden ins Verderben zu stürzen. Eine korrumpierende Versuchung. Und doch aus Fleisch und Blut. Tod bringender Abscheulichkeiten.

Wie gesagt, Legenden. Schein und Trug? Vielleicht. Ich hoffe es für Sanktuario. Aber ich war wie ihr in diesen Katakomben. Ich habe gesehen, was ihr gesehen habt. Worauf wir gestoßen sind? Das Böse, Sezair. Gleich welchen Namens. Und ich werde nicht eher ruhen, als bis ich alles in meiner Macht stehende getan habe, um Sanktuario davor zu schützen."



Erschrocken schweigt Belanar. An wen war diese Rede gerichtet? An Sezair? Dieser alte Mönch strahlte weitaus mehr Zuversicht aus, als er. Was für ihn eine Entscheidung war, schien für Sezair unumstößliche Gewissheit. Als gäbe es kein anderes Schicksal, als jenes, mit Herr von Rhistle bis in die Hölle selbst zu laufen.

Sorge mischt sich in die Bewunderung. Wer würde folgen, wenn Sezair rufen würde? Wer an der Ruhe dieses Alten zweifeln? Wer wissen, ob er einem Zauber erliegt. Wer das sichere Schiff verlassen und in die Wellen springen, um eine eigene Entscheidungen treffen zu können. Sezair war ein Engel. Mit allen Schattenseiten dieser Lichtgeschöpfe.
 1. Sense Motiv: 13

Sezair Lemas

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #430 am: 01.04.2011, 10:28:53 »
Es ist ein einziger flehender Laut, der über die Lippen des Kehjistani fährt.

"Allmächtiger..."

Unschlüssig kratzt sich Sezair an seinem erkahlten Kopf, während er versucht, Belanars Worte zu ergreifen. Schmerzvoll muss Sezair an den Beginn seiner Reise denken. In Schrecken hatte er gelebt, den Hass gespürt, Zerstörung war ihm widerfahren. Belanars Prophezeiung kommt dem alten Vertriebenen wie ein bereits gelebter Fluch vor. Schaudernd greift Sezair mit beiden Händen nach der warmen Tasse mit schwarzem Tee. Seine Finger zittern bei den Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen. Belanar hat wohl recht, sie waren in diesen verfluchten Kellern etwas solch Üblem begegnet, dass selbst die vermoderte Luft der Katakomben zu leiden schien. Ein solches Unheil soll nur der Vorbote gewesen sein? Mit beiden Händen klammert Sezair sich an seinem Krug. Mehrfach versucht er, die Tasse zum Mund zu führen, doch gelingt es ihm nicht. Mit angestrengtem Blick in eine unheilvolle Leere belässt er es dabei, den warmen Dampf einzuatmen.

"Das... Böse", wiederholt Sezair Belanars Worte mit krächzender Stimme, "das Ende der Welt? Allmächtiger stehe uns bei, welch ein Ausmaß!"
Vor Angst, den heißen Tee zu verschüttern, stellt Sezair die Tasse rasch ab und greift nach seinem Rosenkranz. Verkrampft hält er sich an den treuen Perlen fest.

"Ich habe Schmerz und Verderben gesehen, Meister Belanar." Die Worte erhalten eine unheimliche Pause. Noch immer starrt der Kehjistani ins Leere, doch seine Augen werden gläsern. "Doch Eure Worte bedeuten das Unheil eines jeden auf dieser Welt. Was kann solch ein Leiden nur bezwecken? Ich habe Wahnsinn und Schmerzen durchgestanden, bis der Herr mich in seine Arme nahm. Doch mag ich niemandem, nicht einer einzigen Seele auf dieser Welt das Schicksal wünschen, das mir auferlegt worden ist. Ich will und werde meinem Weg folgen, Meister Belanar, doch Ihr seid aufrichtig und stolz! Ich sehe in Euren Taten die Liebe zu den Geschöpfen des Herrn, und Eure Worte sind eine Festung für Eure Ziele."

Mit einem traurigen Blick schaut Sezair endlich auf und die dunklen, barmherzigen Augen des Mannes schimmern voll Schmerz.

"So der Herr will, will ich Euch begleiten. Ich irre schon zu lange umher, doch habe ich mein Ziel nie aus den Augen verloren. Ich will und werde meinen Sohn finden, der mir gestohlen wurde, und der Barmherzige ist mein Begleiter und wird mich zu ihm bringen. Aber unser Weg soll von nun an der selbe sein!"

Belanar

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #431 am: 01.04.2011, 11:32:34 »
Dieser Mann erinnerte Belanar an seinen eignen Vater. Sie sahen sich erstaunlicherweise sogar ähnlich. Was den Sohn dieses Alten wohl nach Tristram führte? Er scheint nicht freiwillig gegangen zu sein, sonst wäre ihm Sezair wohl kaum bis über die Grenzen Kehjistans gefolgt. Der Totenbeschwörer glättet seine Züge und versucht, sie weniger hart erscheinen zu lassen:

"Euer Sohn, Sezair?"


Sezair Lemas

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #432 am: 01.04.2011, 14:43:03 »
Das sanfte Lächeln Belanars treibt nur noch weiter die Tränen in Sezairs traurige Augen. Der Alte hatte seine Geschichte schon vielen Menschen erzählt, die ihm begegnet waren, und sie hören wollten, immer bereit, sein Leben mit jedem Freund zu teilen. Doch jedes einzelne Mal hatte sich der Schmerz über das Elend spüren lassen, als wäre er noch immer unmittelbar gewesen. Dankbar erwidert Sezair das Lächeln seinerseits und beginnt flüsternd zu erzählen.

Ich lebte einst in einem glückseligen kleinen Dorf, fern von Kriegen und unbarmherzigen Herrschern. Ich bin Fischer gewesen, Herr Belanar, ein junger Mann, der nicht mehr wollte, als seine liebe Frau und seinen Sohn zu versorgen. Welch glückliches Leben ich doch hatte!

Sezair muss inne halten, um nicht an seinen eigenen Worten zu ersticken. Mit drückender Schwere in der Stimme kann er nur weitersprechen.

Eines Tages fuhr ich wieder mit meinem kleinen Boot aufs Meer, doch das Wetter war stürmisch und trügerisch. Ich weiß es noch genau. 'Küsse meinen Sohn von mir!', rief ich meiner Liebe zu. An diesem Morgen hatte er mir stolz gezeigt, wie gut er das Lesen gelernt hatte. Was ein kluger Junge er doch war! Meine Frau antwortete, 'Pass auf Dich auf. Der Barmherzige schütze Dich!' Doch an diesem Tag beschützte der Barmherzige nur mich allein.

Der Himmel muss ein Zeichen gewesen sein. Der schreckliche Wind drohte mein Boot zu kentern. Es war, als ob der Donner und der Sturm nicht wollte, dass ich meine Liebsten verließ. Ich kehrte zurück, voller Furcht vor der Gefahr der See, voller Angst, dass ich meine Familie nicht wieder sehen würde, würden die Wogen mich verschlingen.


Mit einem Mal ist Sezair redselig geworden, doch die Tränen lassen sich nicht mehr zurückhalten. Salzige Perlen rinnen seine furchigen Wangen hinab.

Als ich der Küste näher kam, sah ich das Feuer. Obwohl der Regen stürmte wie Tränen des Himmels, brannten unsere kleinen Hütten lichterloh. Die Kuppel unserer kleinen Masdschid[1] war zerschlagen, und ich ruderte furchtgebannt dem Sturm entgegen. Könnt Ihr Euch vorstellen, welchen Schrecken ich leben musste?

Die Worte unseres Priesters hallten noch durch die Winde, verzweifelt aber doch so kräftig. 'Der Herr ist groß!', rief er, 'Der Herr ist groß!', bis ich sah, wie auch das Minarett[2] stürzte. Ich weinte bittere Tränen, ich fürchtete nicht mehr um mein Leben, ich fürchtete um das meiner Liebsten. Ich betete alle Verse die ich kannte, flehte meinen Herrn an, meine Liebsten zu beschützen. Doch es gelang mir nicht, den Sturm zu überwinden.

Als ich an endlich das Ufer gelangte, war bereits die Nacht angeschlagen und die Feuer erloschen. Nicht einer war verschont. Ich barg die Körper meines Vaters und meiner Mutter aus dem Schutt der verbrannten Hütten. Mit nackten Fingern grub ich durch das verbrannte Holz. Ich fand den geschändeten Leib meiner liebsten Meryem[3]. In meinen schmutzigen Händen hielt ich ihren kalten Körper, und ich fühlte, mein Herz wolle zerbersten. Ich suchte weiter, bis ich alle Freunde und Familie geborgen hatte, nicht einer war am Leben.

Doch er fehlte, ihn fand ich nicht...


Die Augen vor Leid zusammengekniffen. Der ganze Körper zitternd. Die Finger eilen rasend über die Perlen der Kette, als wollten sie die Zeit einholen. Schluchzend kann Sezair nur noch Keuchen und schweigen, während die Tränen in seinen Schoß fallen.
 1. Kehjistanischer Tempel
 2. Turm zum Gebetsruf
 3. Name Sezairs Frau
« Letzte Änderung: 02.04.2011, 16:16:35 von Sezair Lemas »

Tyrome Rhistle

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #433 am: 01.04.2011, 15:54:25 »
Tyrome traut sich nicht, in das Gespräch einzusteigen. Zu persönlich und zu aufwühlend ist es für Sezair, als dass Tyrome diese zarten Knospe des Vertrauens mit ungebührlichen Kommentaren niedertrampeln möchte. Und Tyrome kennt Sezair nicht gut genug, um zu bemessen, welche Aussagen er sich erlauben kann und von welchen Anmerkungen er eher Abstand nehmen sollte. Eigentlich möchte der ehemaliger Ritter noch auf die Sache mit den Dämonen eingehen, aber die Gesprächsentwicklung lässt es für den Moment nicht mehr zu, weshalb er Belanar wegen dessen Worten nur anerkennend zunickt. "Ich habe mir selbst die Frage gestellt, ob man es wagen sollte...", bemerkt gedanklich für sich, auch wenn er sich nicht für fähig genug hält. Doch insgeheim hat er diese Aufgabe auch ins Auge gefasst und er hofft über die Jagd auf Lazarus an das notwendige Wissen zu kommen und einen Weg zu finden. Der Feind ist noch reichlich abstrakt, aber dennoch erfüllt es Tyrome mit einem gewissen Feuer, die warmen Worte seines Menthors, Bruder Jerôme, hallen in seinen Gedanken wider. "Daimónion!"

Aber Sezairs Geschichte lässt Tyrome auch an seine Familie denken. Nie hat er selbst die Zeit gehabt, um eine Familie zu gründen. Seine Waffenbrüder und seine Untergebenen waren einst sowas wie Familie und Bruder Jerôme war es. Seine eigene Familie, seinen Vater, seine Brüder und seine Schwester, er hat sie schon alle lange nicht mehr gesehen. Tyrome legt die Hände übereinandergefaltet auf den Tisch und blickt Sezair an. "Eigentlich sind unsere Lebensläufe gar nicht so unterschiedlich.", bemerkt der Landadelige für sich. "Wir beide haben das, was wir liebten, verloren. Er abrupt und ich langsam und verfallend. Wir beide sind scheinbar fest im Glauben, auch wenn wir an unterschiedliche Herren glauben. Wir beide sind betagte Männer, auch wenn das Auftreten uns unterscheiden mag. Wir beide haben uns für ein glückliches und einfaches Leben entscheiden wollen, auch wenn er es im Familienleben und ich in der Macht sehe. Uns beiden wurde es von Mächten und Dingen genommen, die wir nicht ausreichend verstehen, auch wenn es bei ihm Gewalt und bei mir Schliche war." Tyrome ist verwundert und blickt wieder weg, die sind sonst klaren Augen werden leer in ihrem Blick. Tyrome starrt in das Nichts und lässt die Gedanken ziehen.

Tyrome würde gerne einmal wieder ein schöne Gruft besuchen. Er hat lange keine Gruft mehr besucht, dabei haben viele Menschen sich unterschiedliche, doch meist sehr schöne Mausoleen oder Grüfte errichtet oder errichten lassen. Auch haben viele einfache Friedhöfe schöne Grabmale und Grabstelen. Es sind Orte ohne Zeit und das macht sie so besonders. Immer wenn Tyrome an sein fortgeschrittenes Alter denkt, was er trotz der vielen Schlachten erreicht hat, weiß er, dass ihm diese zeitlosen Orte geholfen haben, sich seiner Sterblichkeit zu vergewissern und sie sich vor Augen zu halten. Das Geheimnis seines langen und häufig siegreichen Lebens als Kämpe hat er dieser morbiden Meditation zu verdanken und auch Sezairs Geschichte lässt Tyrome auch ein Stück weit diese innere Ruhe spüren. Die Heftigkeit und die Plötzlichkeit des Todes oder auch Verfall. Der Tod und das Sterben gleichermaßen besitzen eine ganz eigene Ästhetik und auch Sezairs Worte, so mit Schmerz und Leid sie auch gefüllt sind, haben das Ästhetik eines beeindruckenden Bildes. Tyrome kann verstehen, dass Sezair unendliche Schmerzen erfährt und er würde nicht sagen können, welchen Sinn der Tod seiner Freunde, Bekannten und Verwandten hat, aber er spürt das Geschenk des Lebens stark in diesem Moment, weil er sich der Heftigkeit des Todes wieder bewusst wird. Bewusster als es sogar in den Katakomben selbst wahrgenommen hat. Tyrome schweigt noch immer, wagt das Wort nicht zu erheben. Es ist an Belanar zu antworten, denn dieser hat die Frage gestellt.
Cry Havoc! and let slip the dogs of war. - William Shakespeare - The Tragedy of Julius Caesar, 3. Akt, 1. Szene / Antonius

Belanar

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[IT] Prolog: Schatten über Tristram
« Antwort #434 am: 02.04.2011, 15:03:55 »
Tonlos wendet er sich an Sezair.

"Ich weiß, was es bedeutet, jene zu verlieren, die man liebt, Sezair. Ich fühle mit euch."
« Letzte Änderung: 02.04.2011, 18:43:00 von Belanar »

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