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Autor Thema: Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis  (Gelesen 27193 mal)

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Selamin

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #30 am: 31.01.2011, 18:43:27 »
Ruhig drehte Selamin sich um. Zwar war seine Entscheidung impulsiv getroffen, doch hatte er gewußt das es zu einem Konflikt kommen würde. Ebenfalls ruhig und mit fester Stimme sagte er: "Nein Galian. Der Karren bleibt zurück, das Mädchen nehme ich mit mir aufs Pferd. Es ist meine Entscheidung, ich bringe mich in Gefahr. Ihr bleibt eine schlagkräftige Gruppe, auch ohne Skraching und mich. Das Mädchen wird sterben, ich denke sie ist dem Tode näher als dem Leben, also muß ich versuchen sie zu retten. Und wenn ich dabei sterben sollte. Und jetzt lasst mich los und lasst uns ziehen." Obwohl die Stimme entschieden klang, strahlte Selamin dabei Wärme aus. Schlagartig überkam ihn die Vermutung, das Galian sich sorgte. Und diese sorge konnte er nur auf seine Art zeigen. "Passt auf die anderen auf und führt sie zum Kristallhain. Ich vertraue auf euch."

Mephala Egadir

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #31 am: 31.01.2011, 21:33:12 »
"Schlagt Euch das aus dem Kopf, Priester. Wer flickt uns wieder zusammen, wenn wir ernsthaft verwundet werden? Glaubt mir, ich habe schon genug Leute gesehen, die in einem wesentlich erbärmlicheren Zustand waren und sich so gebärdet haben. Wenn sie nicht in den nächsten AUgenblicken stirbt, dann wird sie es auch noch länger aushalten... Was hat sie denn? Krämpfe? Glaubt mir, bevor es zu Ende geht wird es noch wesentlich schlimmer."
Galians Stimme blieb gewohnt unterkühlt und sein Blick lies Selamin nicht los "Wir haben gesagt, dass wir zusammen bleiben und uns helfen. Was ist Euer Wort wert, wenn ihr in dieser Situation schon glaubt, dass Ihr Euch der Gruppe entziehen könnt? Uns sagt nicht es hätte einen Sinn. Wenn Ihr jetzt reitet dann hilft das niemanden von uns, bloß Eurem empfindsamen Wesen, weil Ihr es nicht ertragen könnt sie Leiden zu sehen."

Er sah zu den anderen Gefährten und blickte dann wieder zu Selamin und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich "Was ist, wenn uns etwas geschieht, bin ich dann dafür zuständig Eure Abwesenheit auszugleichen? Soll ich dann doppelt so gut fechten, oder wie?"

Galian wandte sich von Selamin ab und machte eine Pause in der er sich einen Zigarillo ansteckte und einen tiefen Zug nahm, dann sprach er ohne den Priester wieder anzusehen "Es ist egal ob etwas passieren wird oder nicht. Wenn Ihr jetzt geht, werde ich das nicht vergessen und Eure warmen Worte nehmt Ihr besser auch gleich mit, wenn Ihr Euch aus dem Staub macht."

Dieser verdammte Priester verstand nicht, dass er niemanden mit seiner dummen Aktion helfen würde. Nur er brächte sich in Gefahr? Galian kochte innerlich und er hatte sich nur zum Schein abgewandt. Die Warheit war, dass er Selamin wohl verprügelt hätte, wenn er ihn noch länger angesehen hatte. Weder mutig, hilfreich, schlau oder notwendig war Selamins vorhaben, aber der Assassine seine Miene sah, dann fühlte er beinahe, dass der Priester fest davon überzeugt war, dass mindestens eine dieser Beschreibungen auf sein Vorhaben zutraf. Galian hasste es den Ausdruck von Überzeugung im Gesicht eines anderen sehen zu müssen, aber wenn diese Überzeugung auch noch verkehrt war, dann war es ihm unerträglich...

Selamin

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #32 am: 31.01.2011, 22:06:09 »
"Dann müßt ihr mich wohl fesseln, niederschlagen oder töten. Es sind mehr als die Krämpfe. Sie kühlt rapide aus, das Leben verschwindet aus ihren Gliedern." Hatte er sich so geirrt? Jetzt war es egal. Er riss sich von Galians Hand los, den Schmerz ignorierend und machte sich daran Skrachings Pferd zu satteln. "Wenn ihr unbedingt zusammen bleiben wollt, sattelt die restlichen Pferde. Wir lassen die Zelte und den Karren zurück, sie bremsen uns nur aus." Verstand der Krieger nicht das die Zeit drängte? Er hatte von vorne rein klar gemacht das es ihm um das Leben des Mädchens ging. Und das hing nun am seidenen Faden. Er würde in diesem Punkt nicht von seiner Meinung abweichen. Er tat das richtige, davon war er überzeugt.

Mephala Egadir

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #33 am: 31.01.2011, 22:59:34 »
Galian würdigte den Priester weder eines weiteren Wortes noch eines Blickes. Er hatte seinen Standpunkt deutlich gemacht und hatte keine Lust darauf noch mehr Zeit darauf zu verschwenden den Idioten, wie er Selamin innerlich nannte, umzustimmen. Wie konnte man auf die Idee kommen Zelte und Wagen einfach zurück zu lassen? Und das alles wegen einem Kind... Galian schüttelte den Kopf während er sich daran machte seine Sachen zu packen. Er hatte gewusst, dass das Kind nur Ärger machen würde, aber es musste ja unbedingt mitkommen. Warum auch den leichten Weg gehen, wenn man ihn sich doch so einfach erschweren kann. Abrupt unterbrach der Assassine sein tun, setzte sich neben das erloschene Feuer und und sah mit einer Miene die seine innere Aufruhr nur schwer verbergen konnte die sanft ansteigende Landschaft hinunter...

Kyra

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #34 am: 01.02.2011, 16:19:17 »
Nachdem sie einige Zeit lang bewegungslos auf dem Boden lag und nichts weiter passierte, erhob sich Kyra langsam und vorsichtig wieder. In einiger Entfernung sah sie wie sich Galian und Selamin stritten. Verwirrt versuchte sie zu verstehen, was zwischen ihnen vorgefallen war - es hatte vermutlich etwas mit Galians merkwürdigem Verhalten zu tun - während sie wieder zurück zu ihrem Zelt lief und unterwegs ihre fallengelassene Decke aufhob. Sie hatte sich nun doch entschieden ihr Kleid direkt mitzunehmen. Kurz überlegte sie noch Galian oder Selamin nach der Richtung zu fragen, verwarf diesen Gedanken aber schnell wieder, die beiden schienen gerade zu stark in ihren Streit vertieft.

Also schlug sie einfach die Richtung ein, in der sie den Fluß vermutete. Innerhalb einiger Minuten erreichte sie den Fluß und suchte sich eine Stelle, an der die Büsche etwas Schutz vor dem Wind und unerwünschten Blicken boten. Dort angekommen legte sie ihre Decke, ihr Kleid und ihren Umhang auf einen Haufen und lies sich langsam ins Wasser gleiten. Obwohl das Wasser recht kalt war, nutze sie die Gelegenheit sich ausführlich zu waschen und ein wenig zu erfrischen, ihre Gedanken zu ordnen.

Sie würde etwas gegen diese Träume tun müssen, oder sie würde früher oder später an ihnen zu Grunde gehen. Wenn sie nur wüsste was... Es gab einige Mittel, Tränke oder Kräuter um für einen traumlosen Schlaf zu sorgen, aber dazu müssten sie wohl in eine größere Stadt kommen und nun waren sie mitten im Nirgendwo. Auch die Stimmung innerhalb der Gruppe schien nicht die beste zu sein, was durch den Streit vorhin nur bewiesen wurde. Waren sie doch zu unterschiedlich? Konnten sie nicht auf Dauer miteinander auskommen? War sie die einzige, die gerne mit allen anderen unterwegs war, auch wenn jeder von ihnen seine Eigenheiten hatte? Vielleicht hatte sie sich etwas zu stark zurück gezogen, sie hatte ja trotz allem nur wenig Kontakt mit den anderen. Das würde sie ändern müssen.

Nachdem sie noch eine Weile einfach so ihm Wasser lag, stieg sie aus dem Fluss, ging zu der Stelle, an der ihre Sachen lagen und trocknete sich mit der Decke ab. Als sie gerade ihr Kleid anziehen wollte, hielt sie inne. Warum trug sie immernoch ihr Kleid, hier mitten in der Wildnis? Ja, es gefiel ihr und sie mochte die Art, auf die es ihren Körper präsentierte, aber sie war nicht mehr in der Stadt, nicht mehr unter vielen Menschen und hier war es wahrscheinlich nur hinderlich. Sie aktivierte die Magie der Kleidung, veränderte ihr Kleid und passte ihr restliches Erscheinungsbild daran an.

Bei ihrer Rückkehr ins Lager bot sie ein stark verändertes Bild. Anstelle ihres Kleides trug sie nun eine weiße Leinenbluse mit einer schwarzen Reiterhose, die von einem hellbraunen Ledergürtel gehalten wurde und dazu wadenhohe schwarze Wildlederstiefel. Ihr Haar hatte sie zu einem kunstvollen Knoten gebunden, ihre Ohrringe abgenommen und ihre Kette unter der Bluse verborgen.

Als sie bei den Zelten ankam und Galian neben den Überresten des Feuers sitzen sah, beschloss sie ihren gefassten Entschluss in die Tat umzusetzen. Die Angst, die sie gehabt hatte, als Galian sie zu Boden geworfen hatte, erschien ihr geradezu lächerlich und ein Produkt ihres übermüdeten Zustandes. Er würde ihr gewiss nichts tun und er sah aus als ob er etwas Zuneigung gebrauchen könnte, er erhielt sonst wohl recht wenig. Sie setzte sich neben ihn, legte ihren Arm um seine Hüfte und ihren Kopf an seine Schulter. Mit sanfter Stimme fragte sie "Was ist den passiert?"
"A wise man can see more from the bottom of a well, than a fool from the top of a mountain."

Selamin

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #35 am: 01.02.2011, 21:30:21 »
Sobald Selamin auch Skrachings Pferd gesattelt hatte schwang er sich auf sein eigenes und bedeutete Skraching ihm das Mädchen hoch zu reichen. Mit einer vorbereiteten Seilschlinge fixierte er Jill an seinen Körper. Er war kein guter Reiter, dass wußte er, aber der Gang seines Pferdes war ruhig, sie würden es schon schaffen. Nach dem er noch einmal kurz die Lebenszeichen des Mädchens kontrolliert hatte, drängte er sein Pferd aus dem Gebüsch hinaus. Er warf nur einen kurzen Blick über die Schulter um sicher zu gehen dass Skraching im folgte bevor er sein Pferd antrieb. Konsequenzen über die Disskussion mit Galian gingen ihm durch den Kopf, aber er schob sie beiseite. Jill war wichtiger. "Du wirst nicht sterben." flüsterte er mehr zu sich als zu Jill.

Joyce Winther

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #36 am: 01.02.2011, 21:40:42 »
Die Fremden waren gerade vorbeigezogen, da ging die Unruhe zwischen seinen Reisebegleitern weiter. Grundsätzlich war er Galians Meinung, dann wiederum waren sie diesen Umweg nur wegen des Mädchens gegangen und sie sah wirklich schlecht aus. Würde sie nun sterben, kurz bevor sie bei diesem Alten ankamen der ihr helfen sollte, wäre all ihre Mühe umsonst gewesen. Mit gerunzelter Stirn sah Joyce den hastigen Reisevorbereitungen Skrachings und Selamins zu. "Wir sehen uns am Hain.", verabschiedete er die beiden. Es gefiel ihm kein bisschen mit einem mürrischen Galian und einer weggetretenen Kyra zurückzubleiben, doch er war nicht bereit seinen Karren zurückzulassen wenn es nicht sein musste.
Während der Messermann also da sass, mit wutsprühenden Augen die malerische Umgebung bedrohend, sammelte der Betrüger ohne Eile ein Zelt nach dem anderen ein. Die zusammengepackten Zelte und liegengelassenen Gegenstände fanden sich, eins nach dem anderen, in seinem Wagen ein bis alles fertig verstaut war. Schliesslich stopfte er Kyras Kopfkissen in eine Ecke neben dem Bücherstapel. Wie immer hatte er es geschafft alles unterzubringen und war recht zufrieden mit seiner Arbeit, als die Besitzerin des Kissens den Lagerplatz betrat. In der kurzen Zeit hatte sie sich so sehr verändert dass er sie fast nicht erkannt hätte, wäre da nicht der müde, etwas bedröppelte Ausdruck gewesen, der ihr Gesicht in den letzten Tagen geschmückt hatte.
Ungläubig beobachtete er wie sie sich gleich neben Galian setzte und ihren Kopf auf seine Schulter legte. Was sollte das werden? Scheinbar war seine Existenz vergessen worden. Für den Moment tat der Händler als würde er nichts bemerken, wenn die zwei hier allerdings den gesamten Vormittag mit Flirten vertrödeln wollten würde er sich in Erinnerung rufen müssen.
Ich bin ̶s̶̶a̶̶i̶̶l̶̶o̶̶r̶̶ ̶̶m̶̶o̶̶o̶̶n̶ Joyce Winther, und im Namen des Mondes werde ich dich bestrafen!

Mephala Egadir

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #37 am: 01.02.2011, 23:08:20 »
Galian erwiderte Kyras Annäherung nicht, tat aber auch nichts dagegen. "Warum soll ich mich überhaupt mit dieser Gruppe herumschlagen, wenn sich jeder anscheinend über eben diese hinwegsetzen kann, wie er will?" Für den Augenblick erfasste ihn der Gedanke seine Pferde zu nehmen und davon zu reiten und seine neuen Gefährten genauso schnell hinter sich zu lassen, wie er auf sie gestoßen war. Aber der Assassine war nicht der Typ Mensch, der so schnell von einmal getroffenen Entscheidungen Abstand nahm. Es war wie eine Art Auftrag für ihn. Er hatte sich dazu bereiterklärt bei der Gruppe zu bleiben und sein möglichstes zu geben, um ihr zu dienen.

Selamin und Skraching mochten schwach im Geiste sein, wenn sie nicht im Stande waren zu erkennen, dass es bloß trügerische Emotionen waren, die sie dazu brachten überhastet aufzubrechen. Sie glaubten, dass sie dem Mädchen helfen wollten, aber Galian kannte die Menschen gut genug zu wissen, dass solche Handlungen nur daraus erwuchsen, dass die beiden es schlicht und einfach nicht ertragen konnten das Kind vom Schmerz geschlagen anzusehen...

Eine ganze Weile saß er so da ohne auf Kyras Frage zu antworten oder auch nur ein Zeichen auszusenden, dass er ihre Gegenwart warzunehmen schien. Erst als die Stellen wo ihr Arm und Kopf ruhten sich langsam merklich erwärmten erhob Galian wieder seine Stimme. Inzwischen war die Wut aus seinem Gesicht gewichen und sein Ton gegenüber Kyra freundlich, jedoch nicht so warm, wie der ihrige zuvor.

"Was passiert ist?..." wiederholte er ihre Frage, als rufe er sie sich noch einmal ins Gedächtnis "Das Falsche ist passiert. Zur falschen Zeit am falschen Ort und aus den falschen Gründen..." Galian ging nicht weiter darauf ein und blickte nach wie vor in die Weiten Arturias.

Erst nach einigen Augenblicken regte er sich endlich und sah zu Kyra so als hätte sie sich gerade erst an ihn geschmiegt. Er dachte einen Moment über seine Begleiterin nach, auch an den Morgen, an dem sie ihn so selbstbewusst nach einer Massage gefragt hatte... Ihm schien, dass die junge Frau in den letzten Tagen nicht mehr dieses Selbstbewusstsein an den Tag legte.
Er ärgerte sich ein wenig darüber, dass er ihr keine vernünftigere Antwort gegeben hatte. Im Grunde war ihr Verhalten ja sehr freundlich gewesen. "Ich bin es nicht mehr gewohnt längere Zeit mit den gleichen Menschen zu tun zu haben." überlegte er. Eine bessere Antwort fiel ihm für Kyra aber auch nicht ein und im Grunde war es auch sinnlos sich nun noch über die Fehler von Skraching und Selamin zu ärgern. Das war im Augenblich wohl bloß unproduktiv. Stattdessen entschloss sich der Assassine dazu sich mit seiner nähebedürftigen Gefährtin auseinanderzusetzen.

"Und wie geht es Euch? Ihr wirkt auf mich irgendwie..." er sah wieder in die Landschaft und schien nach einem treffenden Begriff zu suchen "...zerbrechlich..."

Kyra

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #38 am: 02.02.2011, 00:43:38 »
Galians Frage überrumpelte Kyra etwas, sie wollte eigentlich über Galians Gefühle reden, nicht über ihren bemitleidenswerten Zustand. Auch gab es da einige Dinge, von denen sie nicht wusste ob sie schon bereit war darüber zu reden. So schwieg sie eine Weile und dachte nach, bevor sie zu einer Antwort ansetzte "Nun es geht mir... nicht sonderlich gut. Ihr müsst wissen, es gibt viele Dinge, die mich um einen erholsamen Schlaf bringen... und ich rede nicht von dem hartem Boden" fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu. "Einige davon suchen mich seit Jahren Heim, aber ich habe gelernt damit umzugehen, ja sogar stärker, ausgeglichener durch sie zu werden. Andere begannen vor etwa 2 Monaten und sie waren schon schwierig zu bewältigen. Ich habe es geschafft, nicht immer, aber meistens." Sie legte eine kleine Pause ein, in der sie sich noch enger an Galian schmiegte. "Zu viel wurde es in der Nacht nachdem wir aus dem Kerker entkommen sind. Seit dem werde ich Nacht für Nacht von dem selben...Traum heimgesucht. Vielleicht ist es auch eine Vision, ich weiß es nicht, aber es kehrt immer wieder und ich habe seit unserem Aufbruch so gut wie gar nicht in Ruhe schlafen können." Einen Augenblick lang verweilte sie wortlos, bevor sie, für sie äußerst ungewöhnlich, schüchtern fortfuhr " Ich habe Angst. Angst vor dem was kommt, was uns erwartet... und mir fehlt die starke Schulter, an die ich mich anlehnen kann, der starke Arm, der mich hält damit ich nicht falle." In Gedanken musste sie an all die Personen denken, die sonst für sie da gewesen sind, ihren Vater, ihre Brüder, ja selbst deren Freunde waren immer da, um sie vor Gefahren zu beschützen, sie zu trösten. Sie fühlte sich merkwürdig, Galian ihre Gefühle so offen darzulegen, aber irgendwie auch etwas besser weil sie mit jemandem darüber gesprochen hatte.
"A wise man can see more from the bottom of a well, than a fool from the top of a mountain."

Mephala Egadir

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #39 am: 02.02.2011, 02:23:23 »
Galian hatte nicht damit gerechnet, dass Kyra ihm ihr Seelenleben vor ihm ausbreitete und zunächst verschlug es ihm die Sprache, dass sich jemand ihm gegenüber so verletzlich zeigte. Und da sein Kehle urplötzlich sehr, sehr trocken war entschloss er sich nichts zu sagen.

Zögerlich legte er seinen Arm um Kyras Schultern und hielt sie so vorsichtig, als hätte er seine Bemerkung über ihre Zerbrechlichkeit wörtlich gemeint. Er spürte, dass diese Geste nicht reichen würde, um die junge Frau wieder etwas aufzubauen, aber was sollte er ihr sagen? Dass alles gut werden würde und sie keine Angst haben bräuchte? Warum sollte er sie denn belügen?

Wollte sie wirklich bloß davon erzählen, was sie bedrückte und sich an ihn lehnen? Reichte ihr das, obwohl es doch nichts an ihrer Situation veränderte? Das war beinahe das gleiche als würde sie ihre Sorgen im Alkohol ertränken...

Zumindest mit der Angst und ihrer momentanen Situation kannte er sich aus, aber Kyra anscheinend nicht... Er räusperte sich leise.

"Angst hilft uns zu überleben. Jene die sich rühmen keine Furcht zu kennen finden oft einen schnellen Tod. Ihr erkennt einfach nur den Ernst unserer Lage, Kyra und das ist gut so. Eure Angst sagt Euch, dass Ihr wachsam bleiben müsst."

Er machte eine kurze Pause und zog Kyra behutsam von sich um ihr in die Augen sehen zu können.

"Ihr habt doch gerade erst von diesen anderen Dingen gesprochen. Ihr sagtet Ihr hättet gelernt mit ihnen umzugehen und Stärken aus ihnen zu ziehen. Mit der Angst ist es nichts anderes. Der erfahrenste Soldat hat Angst, vieleicht sogar mehr als der junge Rekrut, der vor der Schlacht nicht schlafen kann und nicht zu zittern aufhören kann. Auch ein Mörder hat Angst... ich habe Angst.

Furcht wird Euch stets begleiten, aber nach einer gewissen Zeit, werdet Ihr damit umzugehen lernen, wie Ihr es auch mit diesen anderen Dingen gelernt habt. Und am Ende lähmt Euch die Angst nicht mehr, sondern lässt Eure Sinne schärfer und Eure Reaktionen schneller werden.Kämpft nicht gegen Eure Angst an, das gibt ihr bloß Macht über Euch, vernebelt Eure Sicht auf die Dinge und verhindert, dass Eure Taten von Verstand erfüllt sind. Akzeptiert, dass es von nun an gefährlich werden kann, denn das ist die Wahrheit und genau das was Euch Eure Angst sagen möchte."


Galians Blick hielt den ihrigen gefangen und obwohl - oder vielleicht auch gerade weil -  sein Gesicht keine besondere Mimik zeigte, war spürbar, dass seine Worte aufrichtig waren. Es ging ihm nicht darum Kyra schnell zu trösten, sondern ihr einen Weg zu aufzuzeigen.

"Darüber hinaus steht Ihr Eurer Zukunft auch nicht allein gegenüber. Wie sich gerade gezeigt hat, kann ich nicht sagen, dass Ihr Euch auf jeden hier verlassen könnt. Also spreche ich nur für mich, wenn ich sage, dass ich mein Wort nicht zu brechen pflege. Solange es jemanden gibt, der einen Sinn in dieser Gruppe sieht, kann er auf mich zählen."

Robin Brighthide

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #40 am: 03.02.2011, 21:55:59 »
In vollem Galopp machten sich Skraching und Selamin mit der kleinen Jill auf in Richtung des Saphirhains. In den Tagen der Wanderschaft hatten beide gelernt ein Pferd einigermaßen gut zu reiten, aber die Geschwindigkeit mit der sie nun unterwegs waren verlangte von ihnen die vollste Konzentration - Wollten sie nicht aus dem Sattel geworfen werden. Doch trotz dieser Schwierigkeit blieb den beiden keine andere Wahl, denn selbst ein blinder hätte gesehen dass der Zustand des Mädchens bedrohlich war.

Bereits nach kurzer Zeit hatten die drei die Gruppe eingeholt, welche zuvor an ihrem Lager vorbeigezogen war. Und lautstark erschraken die älteren Damen und Herren dieser Gruppe, als Skraching, Selamin und Jill an ihnen vorbeizogen. Der Anstand hätte es normalerweise geboten sich dafür zu entschuldigen, doch hatten sie einfach keine Zeit dafür. So ließen sie die Gruppe einfach stehen und blickten auch nicht ein einziges mal zurück.

Inzwischen waren sie gut zwei stunden unterwegs, als Jill schließlich die Kräfte verließen und sie in in einen tiefen Schlaf sank, aus welchem sie einfach nicht erwachen wollte. Sofort legten sie ein kurze Pause ein um sie noch einmal zu untersuchen. Doch Ihr körperlicher Zustand schien sich nicht verändert zu haben - weder zum besseren, noch zum schlechteren.
Ohne eine Möglichkeit ihr zu helfen blieb ihnen also nichts anderes übrig als ihren Pferden die Sporen zu geben ...

Ansonsten verlief ihre Reise ruhig und kurz vor Mittag erblickten sie endlich, von einer kleinen Anhöhe aus, ihr ihr Ziel. Der Saphierhain. Ein Name der durchaus gut gewählt war, wie die beiden eingestehen mussten. Waren die Bäume und Blätter doch in ein erhabenes Blau getaucht.
Ohne zu zögern überbrückten sie die kurze Distanz und standen bald darauf am Waldrand.
Erst hier konnten sie genau sehen was den Pflanzen ihre Färbung gab - Ein kristalliner Überzug, dessen Farbe den Betrachter vermuten ließ es handele sich um Saphir.

Gerade wollten sie weiter ins innere vordringen, als ihnen in diesem mysteriösen Wald ein paar Dinge auffielen.
Hinter einem Baum stand ein Fuchs, der durch diesen merkwürdigen Überzug in seiner Bewegung erstarrt war. Etwas weiter zu ihrer linken stand eine Reh, welches zu einem Sprung über einen umgestürzten Stamm ansetzte. Und zu guter letzt sahen sie in den Bäumen noch einige Vögel die bereits ihre Flügel ausgestreckt hatten und den Anschein machten als wollten sie jeden Moment losfliegen.
Sofort fiel sowohl Selamin als auch Skraching eine Gemeinsamkeit auf. Jedes dieser Tiere schien so als würden sie sich auf den Waldrand zubewegen wollen.

Kyra

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #41 am: 04.02.2011, 23:20:18 »
Eine ganze Weile schaute Kyra schweigend in die Augen, während sie über seine Worte nachdachte. Sollte es wirklich so einfach sein?  Ihr Angst zu akzeptieren und daraus Kraft zu gewinnen? "Kämpft nicht gegen Eure Angst an, das gibt ihr bloß Macht über Euch, vernebelt Eure Sicht auf die Dinge und verhindert, dass Eure Taten von Verstand erfüllt sind." Sie musste an ihre zwei nächtlichen "Freunde" denken. Hatten sie auch Macht über sie, weil sie sie insgeheim fürchtete? Musste sie sie auch nur einfach als Teil von ihr akzeptieren um ihre Macht zu brechen? Das konnte sie sich nicht vorstellen. Andererseit was wusste sie schon über solche Dinge? Galian schien Erfahrung mit solchen Dingen zu haben, vielleicht sollte sie ihm einfach vertrauen. Überhaupt schien er sich mehr Sorgen um das Wohl der Gruppe zu machen als er nach Außen hin zu gab. Oder war das nur auf sie bezogen? Weil sie eine Frau war? Weil sie so schwach war? Lag es daran, wollte er sie nicht verletzten? Schnell verwarf sie diese Gedanken wieder, Galian war freundlich zu ihr und wollte ihr bei ihren Problemen helfen. Darauf kam es an und sie war ihm dankbar dafür.
Sie umarmte Galian erneut und flüsterte ihm ein leises "Danke." zu.
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Mephala Egadir

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #42 am: 05.02.2011, 00:57:54 »
Galian erwiderte Kyras Umarmung zwar nicht weiter als dass er seinen Arm um sie geschlungen ließ, entzog sich ihr allerdings auch nicht. Geduldig wartete er, bis die junge Frau von sich aus die Nähe unterbrach und stand auf. Ihren Dank quitierte er wortlos in dem er die Augen schloss und ein Nicken andeutete. Es gab keinen Grund für übertriebene Gesten, denn sie alle waren aufeinander angewiesen. Und wenn er ehrlich zu sich war, hatte es ihm in der Hinsicht gut getan mit Kyra zu sprechen, da er nun seinen Zorn beinahe vergessen hatte. Nicht, dass er Selamin und Skraching so einfach vergeben würde, aber es gefiel ihm nicht, wenn er so emotional war, mit Wut verhielt es sich ähnlich, wie mit Angst. Nur wer sie zu nutzen wusste, konnte sie sich leisten...

Er sah zu Joyce und stellte überrascht fest, dass der junge Mann das Lager schon fast komplett abgebaut hatte, während sich der Assassine um Kyra gekümmert hatte. Vielleicht war es doch gar nicht so verkehrt ohne Selamin und Skraching zu reisen, wenn man von einem möglichen Angriff einmal absah. Die beiden waren ihm heute zumindest sympathischer als der Kleriker und Junge mit ihrer panischen Sorge um ein unbekanntes Kind.

"Ihr hättet das nicht allein machen müssen, Joyce." mit einer ausbreitenden Geste gab Galian zu verstehen, dass er den Abbau des Lagers meinte.

Joyce Winther

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #43 am: 05.02.2011, 01:48:27 »
Kyras und Galians Unterhaltung schien sich endlos hinzuziehen. Doch der Händler liess diese Zeit nicht ungenutzt. Als man ihn schliesslich bemerkte hatte er schon sein Pferd vor den Karren gespannt und machte den Eindruck sofort losgehen zu können.
"Natürlich nicht." bemerkte er voll Ironie. "So wie ihr euch beeilt den beiden zu folgen hätte ich nur warten müssen bis euch danach ist." Eine Prise Ungeduld sprach aus Joyces Worten. Er verstand nicht wie seine Mitreisenden so trödeln konnten. War es aus Trotz über Selamins überstürzten Aufbruch?
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Mephala Egadir

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Kapitel 2: Der Weg der Erkenntnis
« Antwort #44 am: 05.02.2011, 02:30:07 »
Galian entging die Scharfzüngigkeit von Joyce nicht, doch war sein Bedarf an Konfrontation für diesen Tag schon ausreichend gedeckt.

"Im Grunde haben wir es nicht mehr eilig also ist es gleich ob  wir jetzt oder in einer Stunde aufbrechen, oder habt Ihr es so eilig Euch in den Augen eines greisen Mannes als würdig zu erweisen? Ich frage mich, ob das überhaupt noch nötig sein wird, wenn wir dort ankommen. Sicher hat Selamin seine Audienz bekommen, das Mädchen kann leben oder wird sterben und wir können uns endlich mit unseren Problemen beschäftigen."

Galian streifte seinen Poncho über und überprüfte den Sitz seiner Kleidung und Waffen, während er mit Joyce sprach. Danach nahm er sich etwas zu Essen und holte im stehen sein Frühstück nach.

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