“Lasst uns gehen – hier erreichen wir wirklich nichts mehr, tot ist tot. Wir sollten lieber diejenigen suchen, die solches Leid über diese armen Seelen hereingebracht haben...“Nevos Blick senkte sich gen Boden, er war immer noch schockiert, wie alle anderen auch – diese seltsame Hütte, fast unversehrt und außen herum: Eine gruselige und brutale Art von Friedhof. Doch friedlich Ruhe hatte hier sicherlich niemand gefunden, da waren sie sich einig...
Auch Jask Derindi stimmte schnell zu, dass sie diesen Ort hier hinter sich lassen sollten, hier war nichts mehr zu retten. Sie sollten sich lieber um ihre eigene Haut sorgen – gemeinsam mit Tolkwy und Dan würde auch er mit voranschreiten und Ausschau nach einem geeigneten Lagerplatz halten. Die Dämmerung brach bereits an...
Zwischenspiel: Derweil im Basislager der Gefährten... (Anzeigen)
“Wach auf Aerys, wach auf – schnell! Halas, steh auf – heh ihr da, alle aufwachen, schnell!“
Völlig aufgelöst und heiser keuchend sprang Gelik zwischen den notdürftigen Bettlagern seiner Gefährten umher und stupste sie nacheinander mehr oder weniger sanft an. Sie hatten beschlossen heute etwas früher ins Bett zu gehen und über ihren Köpfen hatten sich schon frühere Zeit dunkle Wolken zusammengebraut die langsam gen Süden zu wandern schienen: Es war warm, es wurde kalt – ein fürchterliches Gewitter würde die Folge sein. Hart hatten sie gearbeitet am heutigen Tag, das Lager halbwegs sicher gemacht und Gelik hatte schließlich die erste, frühe Wache übernommen: Jetzt schien sich diese Routine der Wache zum ersten Mal wirklich auszuzahlen...
Ihr Lager mitten auf der Dschungellichtung lag bereits im Halbduster als sie von der panischen Stimme des Gnomes aufgeschreckt wurden. Zum Glück hatten sie noch nicht lange geschlafen und kamen alle halbwegs flink auf die Beine – während Gelik bereits anfing wild vor sich hin zu stammeln und gen Waldrand zeigte, wild gestikulierend:
“Stimmen, Schritte, Geräusche – ich, erst: Dann habe ich sie gesehen! Schreckliche Fratzen – Zähne fletschend, gezückte Waffen, ihr... Ich...Wir, und...“
Doch weiter kam Gelik Ebberschwinge nicht, Halas war aufgesprungen und hatte das Kommando übernommen: Sie wurden angegriffen, so viel konnte er den Worten des Gnomes entnehmen, und er nahm ihn wirklich sehr ernst. Es schienen also mehrere Wilde zu sein, die sie überfielen! Kaum hatte er die ersten Befehle erteilt und sich der Großteil des Lagers hinter den errichteten Barrikaden verschanzt – bis auf Aerys – da brach die wilde Meute auch schon brüllend und schreiend aus dem Dickicht des Dschungels! Das Unheil nahm seinen Lauf...
Aerys Mavato für ihren Teil war auch aufgestanden, allerdings torkelte sie unsicher von links nach rechts und hatte ihren Standpunkt mitten im Schlaflager der Gefährten nicht verlassen, - ungehemmt fuchtelte sie schlaf- und volltrunken mit ihrer Klinge herum und schrie und lallte sich ebenso die Seele aus dem Leib, als das Unheil und die Wilden über sie hereinkam...
Valash begann erste Zauberformeln zu murmeln und Ischiro hatte mutig sein glänzendes Katana gezogen, wartend auf den ersten Feind, der sich ihm nähern würde – seine Klinge würde blutig wüten, sollten diese Wilden – doch Zeit für lange Gedanken war nicht vorhanden! Gelik ließ, nachdem er sah, dass seine Gefährten begriffen hatten, was los war einige bunte und tanzende Lichter aufsteigen, welche ihr Lager in ein seltsam fröhliches Licht tauchten – ein Karneval des Schreckens, so schien es. Besonders gewitzt allerdings zeigte sich Tascha Nevah die mit gezückter Waffe grazil auf die Wilden zusprang und dem ersten der Feinde noch im Flug die Kehle zerfetzte: Das Basislager wurde angegriffen! Klingen trafen aufeinander, Schreie hallten durch den Dschungel und Blut spritzte...
Mit hängenden Köpfen verließen sie schließlich gemeinsam aber in Sicherheit die verfallene Hütte – abermals, verlassen. Das Wagnis, welches ihnen jetzt bevorstand, war wiederum keines völlig ohne Risiko. Sie wussten nun um Einwohner dieser Insel die definitiv nicht besonders gut auf Besuch zu sprechen waren, soviel war sicher. Kaum lag die Lichtung hinter ihnen regte sich auch der Dschungel um sie wieder, scheinbar mieden selbst die Tiere diesen Ort, vielleicht war er verflucht, vielleicht spürten die Tiere aber einfach dasselbe Unwohlsein, dort wie die Gefährten es noch kurz zuvor durchlebt hatten! Im Schatten der großen Palmen und unter dem letzten Vogelgezwitscher des heutigen Tages kündigte sich die Nacht an: Die Schatten wurden länger und langsam kühlte auch die Luft merklich ab. Doch noch immer war es stickig schwül um sie herum. So kämpften sie sich Schritt für Schritt durchs Dickicht, merklich unwirtsamer war die grüne Hölle hier im Herzen der Insel...
Doch vermochten es Tolkwy und Dan gemeinsam der Spur zu folgen die sie zuvor aufgespürt hatten, auch diese Person hatte sich scheinbar in diese Richtung bewegt: Die Hoffnung auf einen möglichen Lagerplatz schien zu steigen! Auch der Rest des kleinen Expeditionstrupps hielt die Augen offen, aber weder Simue und Kwazeel noch Nevos oder Jask konnten etwas entdecken: Keinerlei Angriffe von wilden Tieren, keine besonders großen Unwegsamkeiten, nur der ganz normale Wahnsinn eben: Die Schmugglerinsel verkam immer mehr zu ihrer neuen Heimat mochte man meinen...
Nach gut einer Stunde strammen Fußmarsches jedoch unterbrachen sie ihre Schrittfolge je: Ein lautes Geklapper und fremdartige Stimmen in kürzerer Entfernung waren urplötzlich zu vernehmen – doch der dichte Dschungel versperrte ihnen jeden Blick, aber auch sie waren so definitiv ungesehen geblieben, bisher jedenfalls:
“Blargh – leise, leise ihr sein! Dumm oder wie, was?! Tot sein, sonst gleich, tot sein... Warium eron – Pack sein, alles Pack! Ihr herkommen, hinsetzen – wachen...Nufts ors – einschlafen nicht, klar?“Tolkwy stockte das Blut in den Adern, Flüche, unverständliches Kauderwelsch, aber ganz eindeutig Infernalisch: Er konnte 'sie' verstehen! Es waren harte, derbe Männerstimmen, die sich hier gegenseitig anrümpften. Auch der Rest konnte auffassen, dass eine Partei wohl recht unbedarft und laut ankam und eine Andere ruppig reagierte, doch verstanden sie die Sprache nicht. Holz auf Stein, oder Stein auf Holz, das Klappern verstummte, die Stimmen ebenso und schon herrschte wieder Totenstille...
Flink pirschten sich die Gefährten noch vorsichtig einige Meter nach vorne, darauf bedacht keinen Laut zu erzeugen und positionierten sich in sicherer Reichweite, aber sie konnten einen Blick erhaschen auf das was da gerade eben 'gesprochen' hatte: Gute zehn Meter vor ihnen tat sich tatsächlich eine größere Lichtung auf, die scheinbar von außen gut schützend mit Buschwerk und Gestrüpp umgeben war. Und auf der von ihnen aus gesehen anderen Seite dieser Lichtung saßen sie, auf einem vermoosten Stein, im Dämmerlicht des Abends – blutrote Wolken des Sonnenuntergangs stiegen über ihren Köpfen am Himmel auf und tauchten die Szenerie in ein gefährlich rötliches Licht...
Zwei stark gebräunte und mit Muskeln bepackte, wild aussehende Männer. Langes, zerzaustes Haar und spärlich, zerrissene Lendenschurze, sie schienen leise miteinander zu tuscheln und hielte ihre Köpfe gesenkt, den Blick abgewandt. Auf ihren nackten Oberkörpern schienen sich verschiedene Hautmalereien und Narben den Platz aufzuteilen – und wenn die Gefährten nicht ihr Verstand täuschte war da auch das ein oder andere Pentagramm dabei...