Katarina runzelte die Stirn, als Omrah sprach - aber es machte eher den Eindruck, als würde sie über seine Worte nachdenken, als dass sie verärgert war. "Du hast interessante Sichtweisen, Omrah. Und aus deiner Sicht kann ich verstehen, weshalb du das Tier retten wolltest. Ich respektiere deine Sicht und deine Entscheidung."
Dann versammelte sich die Gruppe um Schnüffler, der von seinen Beobachtungen erzählte. Gemeinsam beschlossen sie, es zu versuchen. Die Mauern der Stallungen waren hoch genug, dass sie darüber die Fenster des ersten Stocks erreichen konnten. Diese waren früher mit Holzläden verschlossen gewesen, von denen jedoch nicht mehr als verkohlte Reste übrig waren. So gestaltete sich der Einstieg in eines der Zimmer als leichte Übung.
Der Raum, den sie betraten, war gut drei Meter breit und vier Meter lang. Er enthielt nicht mehr als die verkohlten Überreste eines Schranks, eines Tisches und eines Bettes. Das Bett allerdings bot einen unschönen Anblick: Ein verbrannter Körper lag dort, die Hände und Füße mit Ketten an die Bettenden gefesselt. Es war nicht mehr zu erkennen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau gehandelt hatte. Neben dem Bett kniete die ebenfalls verkohlte Leiche einer weiteren Person, die ihre Zähne in den Arm der gefesselten Person geschlagen hatte. Was auch immer hier passiert war, das Feuer war für den oder die Gefesselte vermutlich ein Segen gewesen.
Noch immer lag der Geruch von Rauch und verbranntem Fleisch in der Luft, war in die Wände eingezogen und führte bei jedem Atemzug dazu, dass sich einem der Magen umdrehen wollte.
Der Weg in den Gang war frei, denn von der Tür war ebenfalls nicht mehr viel übrig. Der Boden im gesamten Gebäude war zu einer schwarzen Schicht geworden, die bei jedem Schritt der Gefährten in tausende Aschekrümel zerfiel: Ein billiger Teppich, wie sich Schnüffler erinnerte, über das gesamte Gebäude verteilt.
Im Gang fanden sie weitere verbrannte Körper. Wenn es überall so aussah wie hier, dann mussten in diesem Haus Dutzende Leute gestorben sein.
Die Treppe war über die Mitte des Gangs zugänglich. Abgesehen von den verbrannten Teppichresten auf den Stufen war die Wendeltreppe vollständig aus Metall gefertigt, und führte von ganz unten nach ganz oben. Das schmucklose Gerüst war nur durch einen simplen, runden Handlauf aus Metall gesichert.
Die Gefährten folgten der Treppe, die unter ihrem Gewicht quietschte und knackte, bis in den oberen Stock. Dort endete die Treppe, ein Zugang zum Dach war nicht zu erkennen. Der obere Stock glich dem ersten: Einzelne Räume, die sich reihum um das Gebäude zogen, verbrannte Leichen und der unterschwellige, aber stets präsente Geruch des Feuertods.
Schnüffler führte die Gefährten in einen Raum, der an der Ecke zu der Akademie lag. Drei weitere Körper lagen hier im Bett, unkenntlich wie all die anderen. Das Fenster gewährte einen Blick über die Mauer der Akademie. Die Klingen auf der Mauer waren von hier oben nicht weniger abschreckend als von unten, doch vielleicht wäre es möglich, sie von hier aus komplett zu umgehen - wenn sie einen Weg fänden, von hier nach unten zu gelangen, ohne einfach zu springen.
Die Akademie war so aufgebaut, dass das Hauptgebäude etwa in der Mitte lag, mit einem Schuppen im hinteren Bereich, der jedoch ebenfalls heruntergebrannt war. Im Innenhof lagen ein gutes Dutzend gerüsteter Körper, reglos und - vermutlich - tot.
Das Gebäude selbst war eine Festung in Miniaturform, ein massiver Quader mit vergitterten Fenstern. Was sich in dem Gebäude abspielte, war von außen nicht zu erkennen.