"Ein ganzes Leben? Oh Malia!" murmelte Harry. "Ein ganzes Leben kann nicht so schön sein wie die beiden Stunden, die wir heut nacht zusammen verbracht haben. In einem Leben muss es Höhen und Tiefen geben, das ist nun einmal so. Du kennst von mir nur die Höhen, aber glaub mir: meine Tiefen sind so tief, die willst du nicht sehen."
Sein Blick glitt langsam über ihren Körper, verweilte auf ihren Brüsten, streifte dann tiefer und blieb an der Narbe hängen. Seine Hand, ohne dass er es ihr befohlen hätte, strich über ihren Bauch, zeichnete die Narbe nach. In den Schläfen pochte sein Puls mit dem Schmerz um die Wette und auch sein Atem beschleunigte sich. Ob er einfach...? Oh Gott, es war schon so lange her, seit... Und wenn sie eh bereits mit ihm geschlafen hatte, war es ja auch egal, würde ihr Leben nicht noch mehr gefährdet dadurch, dass er noch einmal... Aber ach, er bildete sich nicht ein, das Mädchen beim Liebesakt täuschen zu können, dass er derselbe Mann war wie in der Nacht! Sonst wäre die Versuchung noch größer als sowieso schon.
Mit einem frustrierten Seufzer riss Harry sich los. "Ich würd' ja so gern, aber das Tagwerk ruft. Und du, Malia, tu mir einen Gefallen, ja? Such dir beim nächsten Mal einen lieben, einen guten Mann. Also zumindest, wenn du von deinem Leben sprichst. Für's Leben willst du nämlich einen netten Menschen an deiner Seite haben, und keinen wie mich."
Ein letzter Kuss und Harry war an der Tür. Ein letzter Blick und er trat hinaus.
Draußen im Flur musste er sich erst einmal orientieren. Wo war er? Im besseren Teil des Hauses, ja, nur wo lag der? Aber so groß war das Portal dann auch wieder nicht, dass Harry sich nicht zurecht gefunden hätte. Er suchte sich also seinen Weg nach unten—nebst eines kurzen Umwegs an Zimmer 312 vorbei, um sich das Fläschchen Aspirin aus seinem Kulturbeutel zu schnappen—und betrat den Schankraum so, wie er das Zimmer der beiden Mädchen oben verlassen hatte: das Haar verwuschelt, die Kleidung zerknittert, Damendüfte auf der Haut, der Blick katermüde. Trotzdem entdeckte er Jurij und Henry sofort, die an einem Tisch neben der Theke saßen, und schlurfte zielstrebig auf sie zu.
"Ein Katerfrühstück bitte, wenn es so etwas gibt", rief er dem Wirt unterwegs zu. "Und einen Kaffee."