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Ich verstehe ja, dass dein Gott Opfer braucht, aber muss es wirklich das Mädchen sein? Unser große Krieger da - geschenkt, aber wirklich das Mädchen? Ich meine, sieh sie dir an - das nenn' ich mal Unterbau und Balustrade nach Maß. Da fallen mir andere Sachen ein, die man mit ihr machen könnte, anstatt sie zu opfern."
Die Worte dringen durch Dunkelheit und eine dumpfes Summen in Malcus' Bewusstsein, als kämen sie aus weiter Ferne. Dann erkennt er die Stimme. Es ist die Stimme
der Zunge - Gobbo, der Sadist. Malcus ist noch nicht lange Gefangener der Söldner, aber er hat schon gelernt, dass wenn man diese Stimme hört, es nichts Gutes zu erwarten gibt.
Langsam öffnet der Brandobiner die Augen. Unter und hinter ihm, kalter Stein - er sitzt auf dem Boden in einem längeren Gang. Seine Hände sind hinter seinem Rücken zusammengebunden. Keine Fenster - einige Fackeln spenden widerwillig und spärlich ihr Licht. In diesem Teil der Festung war er noch nie. "
Also kann es nur der Bergfried sein.", schießt es ihm durch den Kopf.
Er sitzt auf dem Boden entlang der Wand, rechts und links von ihm noch drei weitere Gefangene. Gobbo steht etwa fünfzehn Fuß entfernt, rechts von Ihnen, neben Ruhush, dem dunklen Priester, und leckt sich - zufrieden über den eigenen Kommentar - wieder über die Lippen. Malcus weiß, wen er mit dem
'großen Krieger' gemeint hat. Diesen höhnischen Spitznamen hat ihm die Gobbo gleich am ersten Tag seiner Gefangennahme gegeben, als er ihn beim Kampf um die Karavane - schwer verletzt und mit Bolzen gespickt - vom Pferd gestoßen hat. Er kann sich denken, wen er als
'das Mädchen' bezeichnet.
Ein kurzer Blick nach links - ja, so ist es: Helga sitzt neben ihm auf dem Boden. Der Blick ist geradeaus gerichtet, der Mund zu einem Strich zusammengepresst - die langen, blonden Haare zerzaust, die Zöpfe aufgerollt. Aber im Gegensatz zur dicklichen Frau neben ihr hält sie sich stark und winselt nicht leise vor sich hin. Der alte Mann rechts von ihm ist dagegen noch bewusstlos.
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Nein, Gobbo", kommt die Antwort des Svimohzers. Die seltsam hohe Stimme spricht mit einem solchen Akzent, dass die Worte kaum zu entziffern sind. "
Du wissen - Owhzi braucht neu. Die Frau - Nordfrau. Neu für Owhzi. Der Mann - stark. Gut für Owzhi. Sonst er Opfer nicht annehmen."
Der Dejy schüttelt den Kopf und lächelt weiter. Die schadhaften Zähne blitzen im warmen Fakcellicht auf und die große Narbe auf dem Gesicht scheint in Rosatönen zu glühen. "
Eins muss man deinem Gott lassen, Ruhush: der Mann hat Geschmack. Tu, was du nicht lassen kannst, aber ich sage dir: es ist eine Schande, so ein Weib zu opfern." Offensichtlich bedeutet Helga Gobbo dennoch nicht so viel, denn der Mann stampft nach dieser Aussage mit einem Lachen davon.
Ruhush dagegen dreht sich zur Seite hin zu einer offenen Tür um und ruft etwas in seiner fremden Zunge. Zu wem er spricht, ist für Malcus nicht einsehbar, doch der Brandobiner vermutet, dass es einer der Handlanger des Priester sein muss, die er ab und an gesehen hat. Opfer? Ja - stimmt. Sie waren gekommen, um vier Gefangene für ein Opfer auszuwählen. Er hatte sich nicht gewehrt, als die Wahl auf ihn fiel, als dann aber die beiden Frauen ausgewählt wurden, hat er die Söldner geschubst und ist dafür mich einem Knüppel auf den Boden geschickt worden. Das erklärt die Ohnmacht und die schrecklichen Kopfschmerzen.
"Kriger, lytte" - es ist ein flüstern, gleich neben sich. "Kriger!" - noch einmal, fordernder. Doch er kann die Worte nicht verstehen. Es muss Helga und ihre fremde, nordische Zunge sein.
[1]"Malcus!", sagt sie nun etwas lauter und endlich dreht der Krieger seinen Kopf zu ihr. Die Fhokki schaut ihn mit ihren blauen Augen fordernd an und senkt dann den Blick gen Boden. Als er ihrer Aufforderung folgt, erkennt er, dass sie hinter ihrem Rücken in den zusammengebundenen Händen eine Glasscherbe hält. "Dreh um zu mir", flüstert sie noch einmal.