Die Befragung der Banditen verlief ohne größere Schwierigkeiten. Die beiden schienen nicht besonders begeistert von ihrem Hirschkönig zu sein und erhofften sich Gnade, wenn sie kooperieren würden. Victor hatte den Eindruck, dass sein Bluff nicht ganz so gut funktioniert hatte
[1]. Wahrscheinlich hatte er ein paar Dinge gesagt, die der Bandit einfach für zu unglaubwürdig hielt. Am Ende war das aber auch garnicht so schlecht, denn der Bandit hätte vermutlich eher weniger mit einem Agenten des Hirschkönigs kooperieren wollen.
Beide berichteten davon, dass der Hirschkönig wohl so langsam den Verstand verlor. Er war ständig betrunken. Die ganzen Flaschen mit Alkohol in den Vorräten der Banditen waren für ihn bestimmt. Wenn er die nicht bekäme, würde er voraussichtlich noch mehr durchdrehen. Aber bei all der Verachtung für ihren Anführer hatten die Banditen auch einen gehörigen Respekt vor seinem Können. Auch wenn er nicht mehr der Alte war, so war er immer noch tödlich mit seinem Bogen. Und noch dazu ein Monster von einem Mann, der einmal die Hand eines Gefangenen mit seiner bloßen Faust komplett zertrümmert hatte. Dazu trug er immer diesen Helm mit dem Hirschgeweih, wodurch sich auch sein Name ableitete. Ob das überhaupt ein Helm war, oder ob er garkein Gesicht darunter verbarg, sondern der Helm sein eigenes Gesicht war, da waren sich die Banditen nicht so sicher. Auf jeden Fall war er unheimlich.
Dazu hielt er im Keller seines Forts einen seltsamen, alten Mann gefangen. Einer der Banditen hatte ihm einmal in die Augen gesehen und wollte danach nur noch weg von ihm. Absolut furchteinflößend. Vielleicht war er auch der wahre Herrscher und der Hirschkönig nur seine Marionette.
Das Fort des Hirschkönigs war eine alte Ruine unten am Nordufer des Hauerwassers
[2]. Wieviele Leute er mittlerweile um sich geschart hatte, konnten sie nicht genau sagen, Falgrim Snieg war auf jeden Fall einer der Männer, die meist im Fort waren, zusammen mit etwa einem Dutzend anderer, darunter auch drei Hauptmänner. Ein Brig Orliwantsch war ihnen nicht bekannt. Aber es gab einen Erkennungssatz, den die Banditen sich merken sollten: "Bei den Blutigen Knochen des Heiligen Gilmorg, wer will das denn wissen?" Wer oder was dieser 'Heilige Gilmorg' sein soll, hatten sie jedoch nie erfahren.
Auch zu Svetlanas gestohlenem Ring konnten die Banditen natürlich Auskunft geben. In der Tat hatten sie ihn hier im Lager, aber vor einigen Tagen hatten Winzlinge ihnen einen Teil ihrer Beute gestohlen, zwei Säckchen voll. Darin musste sich auch der Ring befunden haben. Die blauhäutigen Winzlinge waren nervige, kleine Mistkerle, die irgendwo unter der alten Sycamore
[3] ihren Unterschlupf hatten. Niemand hatte großes Interesse daran, ihnen dorthinein zu folgen, vor allem da ihre Beute vor allem Kupfer und eher billig aussehender Plunder waren. Die Lage des uralten Baums konnten die Banditen auch beschreiben, er befand sich im südlichen Hügelland, ein gutes Stück entfernt von der Dornenfurt.